Newsbeiträge
News: Frühlingszeit ist Bauzeit: Haus „Salamander“ ist Geschichte
Neben dem Abbrüchen vom Siedlunghaus (früher Ronald Hofmann) und dem Haus „Foke“ im Ostdorf (JNN berichtete über beide Objekte) wurde in diesem Winter mit dem Haus „Salamander“ (vorher Haus „Marga“) ein drittes altes Juister Gebäude abgerissen. Das Haus an der Billstraße, gegenüber dem „Bauhof“ gelegen, musste einem Neubau von Ferienwohnungen weichen, der dort im Herbst durch eine von sechs Investoren gegründete GbR erbaut werden soll.
Der bisherige Eigner Klaus „Petzi“ Petzka sah – zuletzt auch durch die langen coronabedingten Schließzeiten – keine Perspektive mehr auf der Insel und ist nach Norden verzogen. Zudem war das Haus sehr in die Jahre gekommen und größere Sanierungsmaßnahmen wären nötig gewesen. Für die Insel ist die Sache doppelt bedauerlich, denn sie verlor nicht nur einen Elektrofachbetrieb mit PC-Service und eine Fahrradvermietung, sondern Petzka hatte auch immer Wohnungen als Dauerwohnraum für Insulaner und Mitarbeiter vermietet, der zukünftig wegfällt.
Auch die gesamte Technik, die hinter JNN steht, wurde aus diesem Haus heraus betrieben und betreut. Dieses wird zukünftig von Norden aus erfolgen, so dass es sich für den JNN-Nutzer kaum bemerkbar machen wird. Die Redaktion ist weiterhin auf Juist und befindet sich im Nachbarhaus. Auch von hier lässt sich viel per Mail, Whatsapp oder Telefon machen, aber die schnelle und kurzfristige Problembehebung oder Besprechung über den Gartenzaun fällt nun weg.
Das nun abgerissene Haus wurde von der Juister Familie Buss zum Ende der 20er Jahre gebaut. Das war früher eine weitverzweigte und kinderreiche Familie auf der Insel, heute gibt es den Familiennamen hier nicht mehr, da viele zum Festland gezogen oder zwischenzeitlich verstorben sind. Lediglich die Loogsterin Anna Büsing ist noch eine geborene Buss. Ihr Sohn Jochen, der gerne in der Juister Geschichte recherchiert und 2010 ein Buch über den Ortsteil Loog herausgegeben hat, hat sich auf Nachfrage von JNN einmal intensiver mit seiner Familiengeschichte befasst.
Gebaut hatte das Haus (spätere) Haus „Marga“ Hinrich Buss (1899-1961), der neun Kinder hatte. Dieser hatte einen Bruder namens Eduard (geboren 1901), welcher sieben Kinder hatte und wovon heute nur noch Tochter Anna auf Juist lebt. Die beiden Brüder sind in der Warmbadstraße 1 (damals „Villa Buss) aufgewachsen, Eltern waren Ehme und Hilke Buss, die nur die beiden Söhne Hinrich und Eduard hatten. Hilke Buss war von 1911 bis 1944 Hebamme auf Juist.
Eduard Buss zog dann ins Loog in das Haus „Neufundland“ im Loog, wo dessen sieben Kinder aufwuchsen. Das Haus wird heute durch seinen Enkel Jochen Büsing mit Familie bewohnt. Ebenfalls gehört im Loog das Haus „Delme“ dazu, welches von Schwiegersohn Heino Büsing (der aus Delmenhorst kommt, wo – was nur wenige wissen - der Fluss Delme fließt) und Tochter Anna erbaut wurde. Bis vor wenigen Jahren gehörte auch das von Hans Buss hinter dessen Elternhaus gebaute „De Insulaner“ zur Familie, allerdings wurde es nach dem Tode von Hans und seiner Frau Renate verkauft und dient heute als Wohn- und Personalhaus für die gegenüberliegende „Loogster Stuuv“.
Doch zurück zu Hinrichs Buss und dem Haus in der Billstraße, welches zuerst nur als ganz kleines Haus errichtet wurde und aus zwei Kellerräumen und zwei Erdgeschosszimmern auf dem hinteren Teil des Grundstückes bestand. Dort lebten dann das Ehepaar mit seinen neun Kindern auf äußerst beengtem Raum. Im Laufe der Zeit verließen dann alle Kinder die Insel mit Ausnahme von Sohn Georg (01.06.1926 – 21.12.1995).
Dieser wurde aber erst mal im 2. Weltkrieg zum Wehrdienst eingezogen und war unter anderem in Nordafrika. Danach war er am Neubau der Juister Landungsbrücke beteiligt (hier legten die Schiffe draußen im Wattenmeer an, die Brücke war über eine Gleisanlage mit der Insel verbunden. Im März 1947 wurde dieser Holzanleger in einem kalten Winter von Eismassen zerstört und 1948/49 als massiver Bau neu erstellt). Danach war Buss viele Jahre als Zimmermann bei der Baufirma Heiko Heiken tätig.
Ende der 1950-ziger Jahre lernte er dann Marga Finke kennen, die damals Sekretärin im Hotel „Kurhaus“ war. Weil mittlerweile alle Geschwister die Insel verlassen hatten, übernahm bzw. erbte Georg Buss das Grundstück mit dem kleinen Haus und baute es Anfang der 1960-ziger Jahre in südliche Richtung zur Billstraße hin zu der Form und Größe aus, die es bis zum jetzigen Abriss hatte. Zudem erhielt es den Namen Haus "Marga", mit der er inzwischen verheiratet war. Hier gibt es übrigens die schöne Anekdote, wonach die Arbeitskollegen von Georg am Hochzeitstag die Haustür vom Haus „Marga“ zugemauert hatten. Hinterm Haus entstand ein kleines Häuschen, dass als Werkstatt bzw. in den Wintermonaten als Lager für Strandzelte diente, denn Buss wirkte im Winter auf dem Bau und vermietete im Sommer Strandzelte am nahegelegenen Westbad.
Aufgrund eines Schlaganfalls ging Georg um 1980 in Frührente, später zogen sie dann nach Berumbur und verkauften das Juister Haus an Olga Stebner (Jahrgang 1919), die auf Juist das Pensionshaus „Talita“ betrieb und einen Altersruhesitz für sich suchte. 1995 verstarb Georg Buss und fand in Hage seine letzte Ruhestätte.
1998 ließ Stebner ein neues Dach aufsetzen und bewohnte das Haus, welches weiterhin den bisherigen Namen behielt, einige Jahre selbst, nachdem sie ihren Pensionsbetrieb in der Gräfin-Theda-Straße (der auch vor zwei Jahren abgerissen wurde und wo derzeit Zweit/Ferienwohnungen entstehen) an ihren Neffen Bernd Birkle übergeben hatte. Im hochbetagten Alter zog Olga Stebner schließlich in das Pflegeheim auf das Festland, wo zwischenzeitlich auch Marga Buss untergebracht war. 2010 hatte dann der gebürtige Juister Klaus Petzka das Haus im Zuge einer Versteigerung gekauft, weil der Neffe nicht mit den Heimgebühren für seine Tante nachkam. Er nannte es um in „Salamander“ und betrieb es dann zehn Jahre lang. Olga Stebner ist am 18.03.2013 verstorben und auf dem Juister Dünenfriedhof beigesetzt worden, Marga Buss ist vor ca. drei Jahren auf dem Festland verstorben.
Unsere Fotos entstanden in den vergangenen Wochen während des Abriss des Hauses. Lediglich das letzte Foto stammt aktuell vom heutigen Tage, es sind noch einige wenige Restarbeiten vor der Saison zu erledigten, so muss noch Heu zur Vermeidung vom Sandflug eingebracht werden.
TEXT: STEFAN ERDMANN, Co-Autor: JOCHEN BÜSING
JNN-FOTOS: STEFAN ERDMANN