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News: Neue Rettungswache wird ohne Personalwohnräume nicht funktionieren
Der Rettungsdienst auf Juist kann im Vorjahr auf 1.061 Einsätze zurückblicken, davon 783 Notfälle. 260 Mal musste der Hubschrauber zum Transport von Patienten eingesetzt werden, davon flog viermal die Bundeswehr, 133mal der ADAC, die restlichen Flüge fielen auf ein privates Unternehmen aus Emden. Diese Zahlen nannte Hans-Ludwig de Vries, Vorsitzender vom DRK-Ortsverein, auf dessen Jahreshauptversammlung, die kürzlich im „Deichhotel Rose“ (vormals „Hotel Westend“) stattfand.
Neben dem vom Landkreis finanzierten Rettungsdienst war auch der DRK-Ortsverein mit seinen ehrenamtlichen Helfern und dem vereinseigenen Fahrzeug aktiv bei vielen Rettungseinsätzen dabei. Dieses meistens in den Fällen, wenn es zwei Notfälle zur gleichen Zeit gab. Insgesamt gab es 74 dieser Zweiteinsätze, 72mal war die SEG (Sondereinsatzgruppe) für den Rettungsdienst aktiv. „Das ist viel für so eine kleine Insel“, stellte de Vries fest. Neben dem demografischen Wandel sieht er auch einen Grund darin, dann man heute eher den Rettungsdienst ruft.
De Vries, der den DRK-Vorsitz 2015 übernommen hatte, konnte über Arbeitsmangel nicht klagen. Zwar hat der Ortsverein 126 Mitglieder, aber diese sind vielfach sehr alt oder inzwischen auf dem Festland. So fehlen aktiven Helfer an allen Ecken und Kanten. Zudem war der Posten des Kassenwartes unbesetzt, nachdem die letzte Amtsinhaberin zwischenzeitlich die Insel verlassen hat. Auch auf dieser Versammlung ließ sich kein neuer ehrenamtlicher Kassenwart finden. Diese Arbeit ist auch nicht ohne, so de Vries, denn das DRK ist Arbeitgeber von neun Kräften des Rettungsdienstes, und auch die Personalabrechnungen hören zu den Aufgaben. Diese Arbeiten wurden zwischenzeitlich an ein Steuerberatungsbüro in Norden gegeben. Man hat jetzt eine Lösung erarbeitet, wonach die Sachbearbeiterin des Büros Mitglied im Ortsverein wird, und das Steuerbüro die Arbeiten des Kassenwartes weiterhin übernimmt.
Erfreulicher verlief da die anstehende Neuwahl der stellvertretenden Vorsitzenden. Amtsinhaberin Susanne Rehfeldt stand für eine Wiederwahl zur Verfügung und wurde einstimmig wiedergewählt. Zudem konnte über eine neue Satzung für den Ortsverein abgestimmt werden, die den heutigen Gegebenheiten und Bestimmungen angepasst wurde.
Die Versammlung wurde von zwei großen Problemen gezeichnet. Zum einen ging es um das Fehlen von ehreamtlichen Kräften. Vielfach fehlen Helfer bei Veranstaltungen, daher ist der Einsatz des Spielmobils vielfach nicht möglich oder man muss versuchen, die Eltern der Kinder, die die Einrichtung nutzen, als Aufsichtspersonen einzubinden. Susanne Rehfeldt: „Wir sind immer gerne bei Veranstaltungen mit dem Spielmobil dabei, aber manchmal geht es einfach mangels Helfern nicht.“
Das DRK Juist steht nicht alleine mit diesem Problem, so Jörg Helmers, 1. Vorsitzender vom Kreisverband Norden: „Es kommen einfach keine neuen Mitglieder mehr nach“. Deshalb habe man auf dem Festland schon Ortsvereine zusammengelegt; viele Vereine leiden an Überalterung und diese Mitglieder würden in den nächsten zehn Jahren auch wegfallen. Deshalb greife man verstärkt auf ungebundene Helfer zurück, die nicht Mitglied im DRK werden wollen, aber bei bestimmten Projekten oder Veranstaltungen gerne mithelfen. Zudem sei es auch im Kreisverband schwierig, den Katastrophenschutz personell zu besetzen.
Das von Helmers angesprochene Problem, das Bewerber von Firmen nicht eingestellt werden, wenn sie in einer Hilfsinstitution wie DRK, Feuerwehr DGzRS oder THW tätig sind, spielt auf Juist allerdings keine Rolle. Susanne Rehfeldt: „Das klappt hier auf Juist.“ Durch die Insellage habe jeder Arbeitgeber ein Interesse an funktionierenden Hilfsinstitutionen.
Das zweite große Problem auf Juist ist der Zustand der Rettungswache und der Unterkünfte für die Mitarbeiter. Aufgrund der derzeitigen Situation sei es sehr schwer, überhaupt noch Personal zur Insel zu bekommen. Inselarzt Dr. Martin Birkenfeld ist seit dem letzten Sommer auf Juist tätig, und zeigte sich erschüttert, nachdem der Unterkünfte besichtigt hatte: „Eine Rettungswache muss so sein, dass die Leute auch bleiben. Die Wohnungen sind unattraktiv, überbelegt und viel zu klein.“ Er appellierte dafür, die ersten Pläne für die neue Rettungswache mit entsprechendem Wohnraum beizubehalten und weiter zu verfolgen.
Hans-Ludwig de Vries führte dazu aus, dass der Landkreis die neue Wache nicht genehmigt, solange es auch um „Wohnraum im Zwischendeichgelände“ geht. Es gäbe in der ganzen Bundesrepublik keine Rettungswache mit Wohnraum, daher hätte der Landkreis, der ja zugleich den Rettungsdienst betreibt und auch die Baugenehmigungen erteilt, die Sorge, einen Präzedenzfall zu schaffen. Auch wollen die Krankenkassen sich an so einer Wache nicht finanziell beteiligen. Allerdings lassen Landkreis wie auch die Krankenkassen dabei völlig außer Acht, dass die Situation auf Juist eine ganz andere ist. Derzeit hat die Gemeinde einige ihrer Personalwohnungen für den Rettungsdienst bereit gestellt, diese reichen aber nicht aus, zudem benötigt die Gemeinde ihren Wohnraum auch für eigene Mitarbeiter. Bezahlbaren Unterkünfte gibt es auf dem Wohnungsmarkt der Insel nicht.
Bürgermeister Dr. Tjark Goerges sprach davon, dass in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen sei: „Wir müssen Wohnraum schaffen für Leute, die wir hier dringend brauchen, um Sicherheit und Ordnung aufrecht zu halten.“ Neben der Rettungswache sei auch das Feuerwehrhaus ein „Relikt aus alter Zeit“, hier müsse auch hochnötig etwas passieren. Zudem favorisiert der Bürgermeister weiterhin ein gemeinsames Gebäude für Feuerwehr, DRK und Rettungsdienst, da diese kostengünstiger zu erbauen und betreiben sei.
Die ersten Planungen für ein gemeinsames Gebäude kamen sowohl von DRK, dem damaligen Leiter der Rettungswache und dem Kommando der Feuerwehr, wo besonders Gemeindebrandmeister Thomas Breeden die Planungen angeschoben und hartnäckig weitergeführt hat. Irgendwann kam dann auf einer Bauausschusssitzung ein Modell von zwei getrennten Gebäuden auf den Tisch, nach einem Ratsbeschluss laufen die Planungen für nun zwei Häuser allerdings nur noch sehr schleppend. Auch die Feuerwehr benötigt im Gebäude eine Wohnung für ihren Gerätewart.
In einem Grußwort sprach Goerges dem Rettungsdienst und den ehrenamtlichen DRK-Helfern Dank und Anerkennung aus, ihre Arbeit sei ein Ausdruck gelebter Solidarität. Inka Extra, Vorstandsvorsitzende der Juist-Stiftung, sprach von einer „irren Arbeit“, die im DRK und Rettungsdienst geleistet würde. Sie dankte besonders für den Einsatz des Spielmobils bei Veranstaltungen der Bürgerstiftung wie auch der Mithilfe der der jährigen Reinigung der Goldfischteiche.
Arend Janssen-Visser, Vize-Gemeindebrandmeister der Juister Feuerwehr, dankte für das gute Miteinander bei gemeinsamen Einsätzen So wurde im Vorjahr neben Unfällen auf Baustellen sehr viele Notfallöffnungen von Türen durchgeführt, damit die DRK-Helfer in Wohnungen zu hilf- oder bewusstlosen Personen kamen. Da diese Art der Einsätze sehr zugenommen hat, will sich die Wehr technisch besser aufstellen und in den nächsten Monaten ein neues Arbeitsset zum Ziehen von Türzylindern anschaffen.
Jochen Eiken, stellvertretender Vormann des Juister Rettungsbootes, berichtete davon, dass die letzten Wochen nicht so einfach waren, was Krankentransporte anging. Das derzeitige Ersatzschiff „Crempe“ hat weniger Platz als die „Woltera“, zudem lag der Rettungssteg wegen Malerarbeiten längere Zeit an Land. Eiken: „Wir warten auf das neue Fahrzeug.“
Unser Foto zeigt (v.l.n.r.) Kreisverbandsvorsitzender Jörg Helmers, DRK-Ortsvereinsvorsitzender Hans-Ludwig de Vries und die wiedergewählte Vize-Vorsitzende Susanne Rehfeldt.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN