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News: Viele Gäste kommen ohne Bioladen auf Juist nicht wieder

Beigetragen von S.Erdmann am 02. Nov 2011 - 22:41 Uhr

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Nach vier Sommern schloss am 31. Oktober der Bioladen "Grünes Meer" in der Mittelstraße im Juister Ortsteil Ostdorf. Die Pächterin Maria Kowalczyk, die das Geschäft zusammen mit ihrem Mann Ulrich betrieb, bedauert diesen Schritt, denn der Bedarf an Biowaren steige ständig. Jedoch bekäme sie kein Personal zur Insel und die Arbeit wäre für das Ehepaar alleine nicht mehr zu bewältigen. Die Hausinhaber Traude und Manfred Hasbargen wollen gerne weiterhin ein Lebensmittelgeschäft in ihren Räumlichkeiten behalten.

In einem Pressegespräch stellte Manfred Hasbargen klar, dass die Umwandlung in Ferienwohnungen nur die letzte Notlösung sein könne für den Fall, dass sich kein neuer Pächter findet, der dort ein Geschäft betrieben möchte. Obwohl der "Preiskauf" in der Mittelstraße eine Reihe von Kunden aus dem Ostdorf abzieht, hält er ein Lebensmittelgeschäft direkt in diesem Ortsteil für wichtig. Es habe sich bereits auch schon ein Interessent gefunden, mit diesem soll in der kommenden Woche die Geschäftsräume besichtigt und über eine Verpachtung verhandelt werden. Familie Hasbargen hat das Geschäft im November 1977 erst als Pachtbetrieb übernommen und später gekauft. Nach rund 40 Jahren entschloss man sich, den Betrieb ab 2008 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst zu betreiben und zu verpachten.

Nun übernahmen Maria und Ulrich Kowalczyk, die zuvor einen großen Betrieb für Autoersatzteile in Bönen (Kreis Unna) erfolgreich geführt hatten, das Geschäft. Beide waren zuvor langjährige Juistgäste und zogen nun auf ihre Lieblingsinsel. Da beide selbst von Bioartikeln überzeugt sind, fanden sie damit auf der Insel eine Marktlücke. "Wir hatten noch von Hasbargens eine Menge Dinge wie etwa Konserven übernommen und führten erst einen halben Bio- und halben Lebensmittelladen, aber der Biobereich nahm immer mehr zu", so Maria Kowalczyk. "Schließlich waren wir ein reiner Bioladen, in jedem Jahr wurde unsere Kundschaft, die überwiegend aus Gästen besteht, größer."

"Ein Bioladen ist wichtig für die Insel", stellte die scheidende Pächterin fest, "schon jetzt haben mir etliche Gäste gesagt, ohne das Angebot eines solchen Geschäftes kämen sie zukünftig nicht mehr hierher. Viele sind auch wegen Allergien gegen bestimmte Inhaltsstoffe auf so ein Spezialgeschäft angewiesen. Die rufen schon einige Tage vor ihrem Urlaub bei uns an und bestellten die für sie notwenigen Waren." Gerne würden die Kowalczyks daher wieder einen Bioladen in den Geschäftsräumen sehen; sie hatten deshalb angeboten, sich um einen Nachfolger zu kümmern, was indes der Verpächter abgelehnt hätte, da dieser wieder ein Lebensmittelgeschäft favorisiere.

"Wir standen in diesem Jahr ohne Personal da, dass können wir nicht noch einen Sommer durchstehen, dann hören wir lieber auf", so Maria Kowalczyk. In den ersten zwei Sommern war noch eine Juisterin im Geschäft tätig, die dann aber eine Ganzjahresstelle bekam, im dritten Jahr half Verpächterin Traude Hasbargen noch mit. Kowalczyk: "Eigentlich brauchen wir zwei Mitarbeiter, und eigentlich müsste es auch Fachpersonal sein, denn der Verkauf von Biowaren ist sehr beratungsintensiv." - "Im Winter können wir uns zwar ausruhen, aber im Sommer sind wir jeden Tag hier und stehen um drei Uhr auf", fügt Ulrich Kowalczyk hinzu, "immerhin gehen bei uns dann täglich rund 1.000 Brötchen und zwanzig Brote über den Tresen, die erst einmal hergestellt werden müssen. An Frühstück ist nicht zu denken, meist arbeiten wir bis zur Mittagspause durch. Abends nach Geschäftsschluss dann Regale auffüllen, Artikel auszeichnen. Die Waren selbst kommt wegen der Tide manchmal zu Unzeiten. Ich stehe drei Jahre vorm Rentenalter, das halten wir einfach nicht mehr durch."

Neben dem Problem, Menschen für einen Job auf der tidenabhängigen Insel zu begeistern, gibt es auch noch die Schwierigkeit, diese Leute unterzubringen. Maria Kowalczyk hat da schlechte Erfahrungen gemacht: "Wir hatten zwei Wochen lang einen jungen Mann; das einzige Zimmer, was wir für ihn anmieten konnten, hatte Schimmel an den Wänden und war total verdreckt."

Die Kowalczyks, die auch weiterhin auf Juist leben werden, halten die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Insulaner und Personal für eine der wichtigsten Aufgaben in den nächsten Jahren. "Die Einzelhändler zahlen einen nicht unerheblichen Betrag an Fremdenverkehrsabgabe, leider wird für diese dafür gar nichts gemacht", ärgert sich Maria Kowalczyk. Ebenso sei der Erhalt einer funktionierenden Infrastruktur notwenig. Ulrich Kowalczyk: "Und dazu gehört eben auch ein Bioladen. Der Gast von morgen setzt sich verstärkt mit seiner Umwelt auseinander, er hört von Lebensmittelskandalen und von Stoffen im Essen, die da nicht reingehören. Der Trend zu Biowaren ist ungebrochen."

"Ein Bioladen ist sicher wichtig für die Insel, aber für eine öffentliche Einrichtung wie die Gemeinde ist es natürlich schwierig, so etwas vorzuhalten. Da muss der Markt sich von selbst regulieren", so Bürgermeister Dietmar Patron auf Nachfrage zu dem Thema. Er gab indes auch zu bedenken, dass Bio-Artikel in zwei anderen Lebensmittelgeschäften auf Juist - wenn auch in kleinerem Umfang - zu haben sind. Trotzdem seien Fachgeschäfte immer wünschenswert, so würde er neben einem Bioladen auch gerne ein Fleischfachgeschäft hier sehen.

Unser Foto zeigt das Geschäft, dessen Tür seit dem 1. November geschlossen ist. Ein weiteres Bild zeigt. Ulrich Kowalczyk vor dem Geschäft, der den Laden zusammen mit seiner Frau Maria vier Sommer lang mit sehr viel Einsatz führte.

JNN-Fotos: Stefan Erdmann

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