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Rat und Verwaltung: Auftragsvergaben schlugen hohe Wellen beim Bauausschuss
Eigentlich verlaufen Sitzungen von Fachausschüssen der Kommunen eher langweilig, und auch Themen wie die Vergabe von Aufträgen für Baumaßnahmen bergen kaum Zündstoff. Doch am Dienstagabend tagte erstmalig der neue Bau- und Umweltausschuss öffentlich im „Haus des Kurgastes“, da sorgten gerade diese Punkte teilweise für hohe Wellen, und man darf schon jetzt gespannt auf die bevorstehende Ratssitzung am kommenden Dienstag sein, wo diese Punkte teilweise wieder auf der Tagesordnung stehen.
Derzeit läuft der Umbau am Küstenmuseum und gleich vier Firmen sollten Aufträge für Fliesen-, Maler-, Trockenbau- und Elektroarbeiten bekommen, das Gesamtvolumen hierfür liegt bei rund 251.000 Euro (incl. MWST). Der Ausschuss sollte hier entsprechende Beschlussempfehlungen für den Rat geben, die Aufträge zu vergeben, denn diese Dinge müssen in letzter Instanz in öffentlicher Sitzung vom Gemeinderat beschlossen werden.
Die gesamte Baumaßnahme ist mit 952.000 Euro kalkuliert, wobei der größte Teil aus Fördermitteln kommt und der Eigenanteil der Kommune sich nur auf rund 140.000 Euro belaufen soll. Doch gleich bei der Behandlung der Elektroarbeiten kam quasi nebenbei von der Bauunterhaltung der Verwaltung auf den Tisch, dass sich die Arbeiten, insbesondere die Bauhauptarbeiten, wohl aufgrund der allgemeinen Situation (Materialmangel und -verteuerungen usw) erhöhen würden. Andere Gewerke wie etwa die Tischlerarbeiten könnten hingegen günstiger ausfallen.
Das sorgte für Verwirrung bei den Ausschussmitglieder. „Ich möchte erst mal eine Aufstellung, was da tatsächlich kommt,“ so Gerhard Jacobs (CDU). Es ginge nicht an, dass man hier erst die Teilgewerke vergibt und die Bauhauptarbeiten am Schluss. Sehr viel deutlicher wurde da ein sichtlich verärgerter Meint Habbinga (Pro Juist): „Ich fühle mich hier hinters Licht geführt. Intern wird besprochen, dass die Kosten ausufern und der Rat wird nicht mitgenommen.“ Er stellte die Frage, warum es hier vorher keine Infos zu gab. Habbinga: „Wir sollen hier abstimmen, nachher wird es viel teurer und dann heißt es, ihr vom Rat habt ja dem so zugestimmt. Wir müssen die Kosten auch vor den Bürgern verantworten.“
Auch Ausschussvorsitzender Frank Endelmann (Pro Juist) sah hier Informationsbedarf, er stellte daher den Antrag, alle vier Punkte von der Tagesordnung abzusetzen. Wenn dann alle Ratsmitglieder eine aktuelle Kostenzusammenstellung von der Bauunterhaltung erhalten hätten, würde man auf der nächsten Ratssitzung über die Punkte neu beraten. Dieser Antrag wurde dann von allen Ausschussmitglieder befürwortet.
Bereits in der Einwohnerfragestunde ging es hinsichtlich der Auftragsvergabe für die Planungsleistungen zum Neubau eines Feuerwehrhauses zur Sache. Ein ehemaliger Vize-Gemeindebrandmeister, der sich während seiner neun Jahre im Amt auch für den Neubau eingesetzt hatte, erinnerte sich, dass ein Architekt aus NRW, der auf Juist eine Zweitwohnungshaus hat, Pläne für ein Feuerwehrhaus vorgelegt hatte, dass für die Insel optimal war. Der Oberbrandmeister zeigte sich nun sehr verwundert darüber, dass im 15seitigen Sachverhalt/Stellungnahme der Verwaltung dieser Architekt als ungeeignet bezeichnet und nicht berücksichtigt wurde. Arno Klaassen von der Bauunterhaltung begründete dieses damit, dass er verpflichtet sei, eine europäisches Ausschreibungsverfahren mit strengen Vorgaben anzuwenden. Demnach schied besagter Architekt aus, weil er noch nie ein Feuerwehrhaus auf einer Insel geplant und gebaut hatte.
Verwundert war der Zuhörer auch, dass diese wie auch eine weitere Auftragsvergabe zu dem Projekt (Umlegung eines Schmutzwasserkanals, der über das geplante Baugrundstück verläuft) laut Beschlussvorlage nur über den Bau- und dann Verwaltungsausschuss liefe, ohne das der Rat involviert werde. Das Auftragsvolumen beider Arbeiten beläuft sich immerhin auf knapp 1,28 Millionen Euro. Dieses wurde von Klaassen mit Zeitmangel begründet, wenn man bis zur nächsten Ratssitzung warten würde, wären wichtige Fristen verstrichen. Daher solle die Ratsentscheidung nicht auf (öffentlicher) Sitzung, sondern per Umlaufbeschluss fallen. Diese Möglichkeit gebe die NGO in solchen Fällen her. Die Antwort machte alle Zuhörer etwas sprachlos, liegen doch zwischen Bauausschuss und Rat nur sieben Tage. Eine vergleichsweise kurze Zeitspanne, wurde doch der Antrag auf den Neubau des Gebäudes bereits vom früheren Gemeindebrandmeister Gerhard Rose gestellt, der im März 2002 verstorben ist.
Auch bei den Ausschussmitgliedern stieß der Punkt über die Planungsvergabe auf wenig Gegenliebe, besonders bei der CDU-Fraktion. Gerhard Jacobs stellte fest, dass das Ergebnis nun „deutlich über dem geschätzten Wert“ liege. Er fand es sehr unglücklich angesichts der hohen Summe, dass es nun schon im Vorfeld zu so starken Einschränkungen käme, dass man quasi „Null Auswahl“ bei den infrage kommenden Planungsfirmen habe. Sein Fraktionskollege Jens Wellner stellte die Frage, woher denn die Erfahrungen der Firmen in Zukunft herkommen sollten, wenn nur Planer infrage kämen, die so etwas schon mal gebaut hätten. Er sieht jetzt Mehrkosten von rund 200.000 Euro, zudem lägen ihm die Angebote des NRW-Architekten vor, der wäre günstiger. Das wurde von Claassen als „Lüge“ abgetan, jetzt sah sich der Vorsitzende gefordert, die Sache abzubrechen, da dem restlichen Ausschuss diesen Unterlagen nicht vorlagen.
Vonseiten der Pro Juist-Fraktion fragte Meint Habbinga, ob es für diesen Zweckbau keine günstigere Lösung gäbe und Frank Endelmann stellte fest, dass das neue Gebäude auf 70 bis 90 Jahre ausgelegt wäre. Man müsse aber der Tatsache Rechnung tragen, dass es immer weniger Insulaner gäbe und zudem die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Tätigkeit nachlasse, daher wollte er wissen, ob es möglich wäre, Bereitschaftsräume für hauptamtliche Feuerwehrkräfte dort einzurichten. Das wäre theoretisch möglich, so Bürgermeister Dr. Tjark Goerges, zudem wies die Verwaltung auf die Möglichkeit einer Pflichtfeuerwehr hin, wie man dieses gerade in Bad Pyrmont praktizieren würde.
„Ich stehe hier in der Schusslinie, ich habe hier nur ein europäisches Ausschreibungsverfahren durchgeführt,“ so Arno Klaassen von der Bauverwaltung. Da der Ton an Schärfe zunahm und Klaassen damit begann, dem NRW-Architekten vorzuwerfen, er würde falsche Zahlen in den Inselkneipen verbreiten, beendete der Vorsitzende die Diskussion. Das hielt aber Jacobs nicht davon ab, auf die „Lüge“ einzugehen: „Sie stehen nicht in der Schusslinie, aber wenn wir als Ausschussmitglieder auf unsere Fragen solche oder keine Antworten bekommen, dann werden sie bald in der Schusslinie stehen.“
Gemeindebrandmeister Thomas Breeden nahm an der Sitzung als Zuhörer gar nicht mehr teil. Darauf angesprochen, winkte er nur ab: „Achtzehn Jahre habe ich für ein neues Feuerwehrhaus gekämpft und immer noch ist kein Spatenstich erfolgt.“ Er sei froh, dass seine Amtszeit am Monatsende ausliefe, allerdings versprach er, auf seiner letzten Jahreshauptversammlung noch „sehr deutlich Stellung zu beziehen“.
Die Auftragsvergabe an ein Auricher Planungsbüro wurde nur mit den Stimmen von Pro Juist getragen, die CDU enthielt sich der Stimme. Die Auftragsvergabe an eine Bietergemeinschaft von zwei Norder Bauunternehmen für die Kanalumlegung erfolgte einstimmig. Ebenfalls einstimmig wurde der Auftrag für den Austausch von Fenstern und Außentüren an einem gemeindeeigenen Personalwohnhaus in der Gräfin-Theda-Straße in Höhe von rund 36.600 Euro an eine Hager Tischlerei vergeben. Auch hier ein eiliges Projekt, dass der Rat nicht auf seiner nächsten Tagesordnung hat, sondern per Umlaufbeschluss entschieden wird.
Wegen der umfangreichen Tagesordnung wird JNN über die weiteren Punkte noch in mehreren getrennten Artikeln berichten.
Unser Foto zeigt das seit Jahrzehnten mit erheblichen Baumängeln behaftete Feuerwehrhaus in der Wilhelmstraße, welches bereits in den Jahren 1963/64 erbaut und später um zwei Stellplätze erweitert wurde.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN