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Rat und Verwaltung: Bau- und Umweltausschuss gegen Eintritt in Biosphärenregion
Auf der nächsten Sitzung des Juister Rates am 2. September soll über den Beitritt zur Entwicklungszone der Biosphärenregion entschieden werden. Ein klares Votum bekam der Rat schon jetzt vom Bau- und Umweltausschuss, der am Montagabend im Dorfgemeinschaftshaus öffentlich tagte. Alle fünf Mitglieder des Ausschusses stimmten gegen das Projekt und empfehlen somit dem Rat, den entsprechenden Beschlussvorschlag dazu abzulehnen.
Auch Bürgermeister Dr. Tjark Goerges (parteilos), der im Ausschuss nicht stimmberechtigt war, kündigte an, auf der Ratssitzung sich der Stimme zu enthalten, da auch er das nicht mittragen könne.
„Wir haben auch positive Erfahrungen mit der Nationalparkverwaltung gemacht, aber auch starke Einschränkungen erfahren,“ so der Verwaltungschef. Die jetzt geplanten Einschränkungen im Wassersport und Landwirtschaft unter anderem durch die Vergrößerung der Schutzflächen seien zwar nicht Teil des Projektes Biosphärenregion, aber alles würde der Steuerung durch die Nationalparkverwaltung unterliegen. Die jetzt geplanten Maßnahmen, die durch den Segelklub Juist erst bekannt wurden, sorgten zudem für großen Unmut bei der Bevölkerung. Goerges bedauerte es, dass es die Nationalparkverwaltung in den dreißig Jahren ihres Bestehens nie geschafft habe, eine gute Dialoglinie mit Kommunen und Einwohnern zu finden.
„Naturschutz ist wichtig, aber nicht alles“, so Ausschussvorsitzender Hans-Ludwig de Vries (CDU). Er wies darauf hin, dass viele Maßnahmen im Nationalpark sehr umstritten sind, als Beispiel nannte er die Rückvernässung der Hellerflächen. Auch er nannte die Stimmung für den Beitritt zur Entwicklungszone „relativ niedrig“.
Ausschussmitglied Björn Westermann (Pro Juist) stellte die Frage, was passiert, wenn es abgelehnt wird: „Kommt da dann was durch die Hintertür?“ Sein Fraktionskollege Meint Habbinga bemängelte vor allem die Informationsveranstaltung, die zu dem Thema auf Juist stattgefunden hatte. Das sei mehr eine Gästeveranstaltung gewesen, die sehr allgemein gehalten war und wo es viel um die Landwirtschaft ging, aber die Dinge, die auf die Inseln zukommen könnten, gänzlich fehlten. Habbinga: „Ich stimmt diesem Prozedere nicht zu.“
Auch Gerhard Jacobs (CDU) stellte fest, dass die Nationalparkverwaltung derzeit auf Teilen der Insel (z.B. Erholungzonen, bebaute Ortslage usw.) nichts zu sagen hätte, in einer Entwicklungszone Biosphärenregion sei das dann anders. Er wolle auf keinen Fall weitere Zuständigkeiten für die Nationalparkverwaltung auf der Insel schaffen und daher gegen das Projekt votieren.
Bedauert wurde auch, dass ein Arbeitsprogramm, wo die weiteren Maßnahmen erkennbar seien, erst ausgearbeitet werden solle, wenn man beim Beitritt zugestimmt habe. Abgesehen davon, dass man nicht weiß, was dann kommt, wies der Bürgermeister auch darauf hin, dass die Verwaltung alleine aufgrund ihrer Personalsituation sich keine zusätzlichen Arbeiten heranziehen könne.
Die weiteren Punkte waren schnell abgehandelt. So ging es um den nächsten Verfahrensschritt, der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange für die Baumaßnahme von fünf Inselkaten und drei Dauerwohnungen im Ostdorf (wir berichteten mehrmals). Gerhard Jacobs bemängelte, dass im Entwurf nicht explizit Dauerwohnraum eingetragen sei, sondern ein Sondergebiet. Er sprach sich gegen eine Auslegung der Pläne aus, die nicht die beforderten und ausgehandelten Belange der Inselgemeinde enthielten. So stimmten nur zwei Mitglieder für die öffentliche Auslegung, zwei waren dagegen und eine Enthaltung gab es. Auch dieser Punkt wird nun vom Rat entschieden.
Zu den Kenntnisgaben der Verwaltung führte der Bürgermeister aus, dass es ab dem 25. August eine neue Coronaverordnung geben wird. Wie die aussehe, wisse man noch nicht, in jedem Fall laufe die geltende Verordnung dann aus.
Er ging auch noch auf den sogenannten Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums ein, welches starke Einschränkungen für die Bevölkerung im Nationalpark beinhaltete. Es handele sich noch um keinen Gesetzesentwurf, in jedem Fall würden sich alle Inselbürgermeister damit befassen und tätig werden, denn bis zum 13. September könne man noch Stellungnahmen dazu einreichen.
Die Gemeinde selbst führt derzeit umfangreiche Arbeiten in der Inselschule durch, dabei geht es um Maßnahmen zur Digitalisierung und den Brandschutz wie z.B. zweiter Fluchtweg. Leider ließen sich nicht alle Arbeiten ausschließlich in die Ferienzeit verlegen.
Ein Zuhörer bemängelte in der Einwohnerfragestunden, dass es auf Juist nicht möglich sei, Kinder zwischen 12 und 17 Jahren gegen Corona impfen zu lassen. Seine Kinder wollen dieses gerne, da man nicht weiß, was nach den Ferien in den Schulen passiert, aber beide Inselärzte weigerten sich. Auch im Landkreis Aurich sei eine Impfung nicht möglich, was er für ein Unding halte, weil er nun mit den Kindern auf einen der Nachbarkreise ausweichen muss, wo es problemlos möglich ist. Die Politik müsse seiner Ansicht nach hier mehr Druck machen, damit es auch im Landkreis möglich sei.
Ein weiterer Zuschauer beklagte das auf Juist herrschende Verkehrschaos, wo es nur noch um "Fußgänger gegen Radfahrer" ging. Er bezog sich dabei wohl auch auf einen Fahrradunfall auf der Strandpromenade (wo eigentlich gar keine Fahrräder fahren), wo ein Kind ärztlich versorgt werden musste. Die derzeitige Situation wäre durch viele „Fahrradraubauken“ untragbar geworden und würde Stammgäste vergraulen: „Wir müssen das in den Griff kriegen.“
JNN-FOTO: EDWIN VÖLKER