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Rat und Verwaltung: Rat verabschiedete mehrheitlich einen Rekordhaushalt

Beigetragen von S.Erdmann am 13. Sep 2020 - 11:46 Uhr

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Mit einer Enthaltung und drei Gegenstimmen wurde auf der öffentlichen Ratssitzung am Donnerstagabend die Haushaltssatzung 2020 für die Inselgemeinde und die Erfolgs- und Vermögenspläne für die Eigenbetriebe Kurverwaltung und Wirtschafts-betriebe beschlossen. Trotz intensiver Behandlung in Ratsinfogesprächen und den Fachausschüssen entwickelte sich dazu wieder eine intensive Diskussion, denn aufgrund des großen Umfangs des Haushaltes wurden auch viele Bedenken laut.

Vor den Beratungen präsentierte Kämmerer Peter Jansen noch mal die wichtigsten Zahlen auf der Leinwand. Er ging dabei auch auf die Kreditaufnahme ein, die sich zusammen mit den Eigenbetrieben auf stolze 15,76 Millionen Euro beläuft. Hierfür müssten jährlich 560.000 Euro für Tilgung und Zinsen veranschlagt werden, wobei der Anteil der Zinsen sich auf 31.000 Euro belaufe. Die Grundsteuern A und B blieben unverändert bei 390 v.H., die Gewerbesteuer bei 380 v.H., infolge der Coronapandemie ist indes hier mit Mindereinnahmen zu rechnen.

Beim Ratsvorsitzenden Björn Westermann (Pro Juist) stand der Haushalt der Kurverwaltung im Focus, diesen könne er nicht mittragen. Dort wurde der Kauf des Seeferienheimes verankert, ihm fehlen aber die Kosten für eine Wiederinbetriebnahme des Objektes. Auch Hans-Ludwig de Vries (CDU) vermisste eine Wirtschaftlichkeitsberechnung dafür, immerhin hatte der Fachberater Horst Bötcher neben den Anschaffungskosten von 3,5 Millionen Euro weitere drei Millionen für eine notwendige Sanierung veranschlagt. Bürgermeister Dr. Tjark Georges antwortete, dass man von einer Jahrespacht zwischen 150.000 und 200.000 Euro ausgehen müsse, um wirtschaftlich zu arbeiten. Der Betreiber kann dann aber Zusatzinvestitionen tätigen, da diese andere Zuschüsse erhalten als die Gemeinde. Derzeit liefe noch das Interessensbekundungsverfahren für den Betrieb des Objektes, er gehe davon aus, auf der Oktobersitzung weitere Infos dazu geben zu können.

Westermann vermisste zudem Einsparungen bei der Kurverwaltung, so seien weder die Bereiche Zimmervermittlung und –nachweis umstrukturiert worden, noch würde Servicepersonal eingespart werden, obwohl man mittlerweile hohe Investitionen für zwei Automaten zur Zahlung des Gästebeitrages getätigt hätte.

Der Bürgermeister antwortete darauf, dass man derzeit Personalkosten spare, weil der Leiter der Servicestellen Ende 2019 die Insel verlassen hätte, und die Stelle bisher nicht neu besetzt wurde. Von den elf Punkten einer Zielvorgabe sei der größte Teil abgearbeitet. Die Umstrukturierung innerhalb der Kurverwaltung sei auch dran gescheitert, weil der Rat im Vorjahr einem Beschluss zur Suche und Beauftragung einer externen Beraterfirma nicht zugestimmt hatte. Man habe es selbst versucht, faktisch seien aber aus den bestehenden Strukturen keine Ergebnisse zu ziehen, und schließlich verließ dann auch noch der verantwortliche Leiter die Kurverwaltung.

„Ich tue mich sehr schwer mit dem Haushalt, unter anderem, weil der Schuldenstand verdoppelt wird“, so Ratsherr Gerhard Jacobs (CDU). Die Baumaßnahme der Vergrößerung der Kaiflächen am Hafen, der Neubau der Isolierstation und eines Feuerwehrhauses ohne eine Gegenfinanzierung sah er kritisch.

Besonders Heike Heiken (Grüne) begrüßte ausdrücklich den geplanten Neubau der Isolierstation: „Gut, dass wir das endlich angehen können, mit dem Bau von neuen Wohnraum erfüllen wir die Erwartungen und Wünsche vieler Wähler.“

„Man muss sich für das Objekt schämen“, stellte der Bürgermeister fest. In der alten Isolierstation werden derzeit die Betreiber der Tennisplätze/halle und Kitesurfer untergebracht, aber es könne aufgrund seines Zustandes „nicht mehr als Wohnraum bezeichnet werden.“

Auch die Planung, das angekaufte Haus Albert Breeden im Schoolpad wieder zu verkaufen, um den Neubau eines Wohnhauses in der Gartenstraße zu finanzieren, sieht Jacobs kritisch: „Wenn wir die Wohnfläche eins zu eins tauschen, mache ich das nicht mit.“ Der Kämmerer antwortete ihm, dass man aufgrund der Bauart am Schoolpad nur zwei Wohneinheiten hat, der Neubau würde hingegen die doppelte Anzahl von Wohnungen bieten. Allerdings müsse vorher die Fläche noch im Bebauungsplan umgewidmet werden, da sie derzeit als Grünfläche ausgewiesen ist.

Frank Endelmann (CDU) sprach von einem „Rekordhaushalt, den wir so nie hatten“, er gab aber zu bedenken, dass man damit aber sehr hohe Werte schaffe. Alleine das Seeferienheim habe einen erheblich höheren Wert als der Kaufpreis. Zwar gäbe es Projekte im Haushalt, über die noch nicht gesprochen wäre, aber da letzt und endlich der Rat über all diese zu entscheiden hätte, wäre es der falsche Weg, wenn heute kein Haushalt verabschiedet würde.

Jan Doyen-Waldecker (Pro Juist) wies noch einmal darauf hin, dass alle Zahlen ohne die Coronaauswirkungen erarbeitet waren, so dass eh noch größere Änderungen vor allem bei den Einnahmen zu erwarten sind, daher solle man diesem Haushalt jetzt erst einmal zustimmen.

Den Rückgang der Einnahmen sah auch Meint Habbinga (Pro Juist), zudem wären nun alle Investitionen erst einmal über Kredite als Gegenfinanzierung eingeplant, hier würde es durch Fördergelder ebenfalls Änderungen geben. Da man bereits weit in der Jahreszeit sei, könne man ohnehin alle Investitionen gar nicht mehr tätigen, aber es hätte in diesem Jahr beim Kauf des Seeferienheimes sehr geholfen, dass jahresübergreifend entsprechend Gelder für Investitionen im Haushalt eingestellt waren. Da alle Dinge über den Ratstisch und zudem von der Kommunalaufsicht genehmigt werden müssen, sah Habbinga keinen Grund, der einer Zustimmung zum Haushalt entgegenstand. Mit der Mehrheit von fünf Ja-Stimmen bei einer Enthaltung und den Gegenstimmen von Westermann, de Vries und Jacobs konnte der Punkt schließlich abgeschlossen werden.

Die weiteren Punkte, allesamt in den Fachausschüssen vorberaten, gingen dann zügig über die Bühne. So wurde der Jahresabschluss und Lagebericht für den Eigenbetrieb Wirtschaftsbetriebe für 2018 festgestellt und der Werksleitung Entlastung erteilt. Hierbei stimmte indes Jacobs dagegen, weil ihm im Hafen einige Maßnahmen insbesondere bei den Baggerungen zu untransparent seien und entsprechende Anfragen nicht beantwortet wurden. Der Bürgermeister wies den Vorwurf zurück, weil seiner Meinung nach alle Infos zur Verfügung standen, zudem seien die Baggerungen durch das jetzige Verfahren sehr viel günstiger. Einstimmig dann der Beschluss gefasst, den Gesamtüberschuss von rund 21.600 Euro auf die neue Rechnung vorzutragen.

Auch die Änderungen und Fortführung von Bebauungsplänen liefen durch. So wurde der Bebauungsplan 9 „Sturmklause“ auf den Weg gebracht, allerdings mit der Gegenstimme von Jacobs. Er stimme dagegen, weil in der Planung für den Wiederaufbau des Gastronomiebetriebes zu wenig Hofflächen als Lager- und Müllabstellflächen vorhanden sind, weshalb er die Gefahr sieht, dass dafür dann die Strandpromenade selbst genutzt werde. Jacobs stellte aber gleichzeitig klar, dass er die Baumaßnahme als solche ausdrücklich begrüße: „Ich freue mich, das da oben nun was passiert.“

Auch der Bebauungsplan „Strand“ zur Sicherstellung der Strandbar lief genauso reibungslos durch wie der Plan für die „Multifunktionale Fläche“ am westlichen Ortsrand. Der Antrag von Jacobs, dass der Ratsbeschluss, diese Fläche dem Segelklub und Heimatverein zur Aufstellung eines Museums-Rettungsbootes zu verpachten, zurückgenommen würde, fand keine Mehrheit. Nachdem der Bürgermeister dem Rat versicherte, dass es sich bei der Erstellung des Bebauungsplanes und dem Vertrag - der zudem noch von keiner Seite gezeichnet wäre - um verschiedene und unabhängige Verfahren handelt, wollte die Ratsmehrheit auf einen Extrabeschluss verzichten.

Mehrheitlich wurde der Bebauungsplan „Siedlung“ und eine Veränderungssperre für den Bereich angenommen. Bauausschussvorsitzender Hans-Ludwig de Vries (CDU) sah in der Veränderungssperre eine Gängelung der jetzigen Eigentümer, die nun nicht bauen könnten. Allerdings gäbe es die Möglichkeit, über städtebauliche Verträge oder eine sonstige Vereinbarung, einzelne Baumaßnahmen zu genehmigen, wenn sie dem Planungsziel – in diesem Falle Erhalt der bestehenden Bebauungsstruktur – nicht entgegen stehen.

Unter dem Punkt der Anfragen und Anregungen ging es um die Anschaffung eines Straßenreinigungsgerätes, für das 35.000 Euro im Haushalt eingeplant sind. Die Angebote würden derzeit eingeholt, so der Bürgermeister, auf der nächsten oder übernächsten Sitzung käme dieser Punkt auf die Tagesordnung. Gerhard Jacobs riet zu einem vorsichtigen Umgang damit, denn es könnte Konsequenzen für die Straßennutzung haben, weil über das Gleichheitsprinzip unter Umständen auch andere Bürger entsprechende Rechte ableiten. Björn Westermann bat zudem darum, dass sogenannte Verursacherprinzip bei den Pferdeäpfeln mal abzuklären, da es seiner Ansicht nach neue Urteile gäbe, wonach diese aufgesammelt werden müssten.

Bei den Kenntnisgaben dankte der Bürgermeister den Ordnungshütern und der Polizei für ihren Einsatz in der Coronazeit. Verstöße hätten sich auf Juist in Grenzen gehalten, allerdings gab es im August einige Lärmbelästigungen am Kurplatz, wo man eingeschritten ist. Georges: „Man muss nicht nachts um zwei Uhr im Schiffchenteich baden.“

Unser Foto zeigt ein Detail der alten Isolierstation an den Tennisplätzen, man kann hier erkennen, in welch´ kritischen Zustand sich das Gebäude befindet. Auf dem großen Grundstück soll ein neues Haus mit Personal- und Dauerwohnraum entstehen, hierfür wurden 2,92 Millionen Euro in den Vermögensplan des Eigenbetriebes Kurverwaltung eingestellt, die Kosten für den Abriss des alten Gebäudes sind bereits in den Rückstellungen für 2019 verankert.

JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN