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Rat und Verwaltung: Inselrat im Kampf mit unterschiedlichen Beratungsvorlagen
Die Umsetzung für einen Inselkinderhort auf der Insel Juist wurde auf der letzten Sitzung des Gemeinderates, die Ende vergangener Woche im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ stattfand, abgelehnt. Es ging dabei um eine Nachmittagsschulbetreuung außerhalb der Schulstunden für die Schüler der ersten sechs Klassen. Wegen der Kosten und dem noch nicht vorliegenden Haushaltsplan lehnten vier Ratsmitglieder den Plan ab, da drei Ratsmitglieder fehlten, waren nur die anderen vier dafür, somit war die Sache abgelehnt und vom Tisch.
Der Punkt war vorher nicht vom zuständigen Fachausschuss behandelt worden, was Angela Engel (CDU) beanstandete, sie sehe noch größeren Gesprächsbedarf. CDU-Fraktionssprecher Frank Endelmann bemängelte ebenfalls das Fehlen von Informationen: „Es gibt nichts, was diese Kosten rechtfertigt, vielleicht sprechen wir nur von einem Bedarf bei zwei Kindern. Die Schulmensa wollten damals auch alle und sie wird kaum genutzt und ist jetzt wohl gar nicht mehr in Betrieb“. Björn Westermann (Pro Juist) stellte die Frage, wie der Rat über solche Kosten beschließen kann, wo noch keinerlei Haushaltsberatungen stattgefunden hätten. Für den Hort hatte die Verwaltung rund 30.000 Euro einmalig für bauliche Anpassung und räumliche Gestaltung vorgesehen, die jährlichen Folgekosten – in erster Linie die personelle Betreuung – würde mit rund 60.000 Euro jährlich zubuche schlagen.
Meint Habbinga (Pro Juist) war für das Projekt, stellte aber die Frage, warum nur so wenige ein solches Angebot annehmen würden. Bei einer Vorabfrage hätten von 30 Eltern nur drei bekundet, ihre Kinder dort gerne hinschicken zu wollen. Heike Heiken (Grüne) sah es als einen Rückschritt an, wenn man den Antrag nun erst wieder an den Ausschuss für Soziales zurück überweisen würde. Der Antrag wäre längst überfällig, denn die Insel brauche das Angebot zur Verbesserung des Standortes Juist für Arbeitnehmer und Personal. Bauamtsleiterin Karoline Engel pflichtete ihr bei, sie hätte die Stelle auf Juist eigentlich nur angetreten, weil die davon ausgegangen war, dass ein solches Hortangebot auf Juist vorhanden wäre.
Reibungslos lief hingegen ein zweiter Punkt ab, der ebenfalls vorher nicht im zuständigen Ausschuss war. Es ging dabei darum, die Strandpromenade für den Betrieb mit Pferdefuhrwerken und Lastenfahrrädern zur Versorgung der dort ansässigen Betriebe und Anlieger zu widmen. Bisher war diese Straße nur als Gehweg gewidmet und entsprechend nur als „Sonderweg Fußgänger“ beschildert. Für die Versorgung der Betriebe (zumeist gastronomische Firmen) mussten immer Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Der Landkreis Aurich hatte nun darauf hingewiesen, dass weitere Ausnahmegenehmigungen nicht mehr erteilt werden können, daher sei die Nutzung der Strandpromenade entsprechend umzuwidmen. Der Rat votierte einstimmig dafür, Hans-Ludwig de Vries (CDU) merkte aber an, dass man sich in Rat und Ausschuss schon vor fünf Jahren mit dieser Angelegenheit befasst hatte, allerdings fand damals wohl keine Bearbeitung bis zum Abschluss mehr statt.
Auch ohne Probleme, einstimmig und innerhalb drei Minuten waren zwei Punkte abgehandelt, die zuvor im Bäderausschuss ebenfalls einstimmig so empfohlen wurden. So bekam die Werbeagentur Goldbutt in Boltenhagen den Auftrag, den neuen Töwerland-Katalog (Prospekt) für die Jahre 2019 bis 2022 zu erstellen.
Nicht ganz so einfach gestaltete sich die Behandlung der Punkte, die zuvor der Bauausschuss behandelt hatte. Der Antrag auf eine Abweichung der geltenden Gestaltungssatzung (hier wollte ein auswärtiger Betrieb ein Haus am Damenpfad mit weißen Holzbrettern statt der ortsüblichen roten Klinkersteine versehen) wurde zumindest schon mal einstimmig abgelehnt. Die Vertreter der CDU bemängelten indes, dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung positiv formuliert war, weshalb alle Ratsmitglieder gegen den Vorschlag stimmen mussten. Bauamtsleiterin Karoline Engel versprach, bei zukünftigen Fällen eine andere Formulierung zu wählen.
Schwierig gestaltete sich auch die Behandlung des Bebauungsplanes „Zwischen den Deichen“, wo eine Minigolfanlage im westlichen Zwischendeichgelände mit aufgenommen werden soll. Zahlreiche Ratsmitglieder bemängelten, dass es auch die Standortalternative an den Tennisplätzen gäbe, jetzt sollten Bebauungsplanänderungen erfolgen, ohne dass der Rat überhaupt über den Standort diskutiert und abgestimmt hat. Außerdem sei es nicht nur Sache des Bauausschusses, hier wäre eine gemeinsame Sitzung von Bau- und Bäderausschuss vonnöten und sinnvoll gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass es wohl verschiedene Beschlussvorlagen gab, denn Frank Endelmann stellte fest, dass über Dinge gesprochen wurde, die bei ihm gar nicht drin standen. Schließlich änderte man gemeinsam den Beschlussvorschlag so, dass eine Realisierung von Minigolf in beiden Bereichen möglich sein könnte.
Geradezu chaotisch mutete dann die Behandlung der restlichen Punkte an, so ging es erst einmal um die Erweiterungen beim Bebauungsplan an der „Domäne Loog“ (hier sollen Flächen östlich des Strandaufgangs in den Plan zum Zweck der Pferdehaltung aufgenommen werden). Auch hier gab es wohl verschiedene Beschlussvorlagen, daher stellte Frank Endelmann den Antrag auf Absetzung des Punktes, was aber durch eine Pattsituation abgelehnt wurde. Dem Rat gefiel die Formulierung mit der Beschränkung auf Realisierung eines Reitangebotes nicht, denn es sollte Pferdehaltung allgemein dort möglich sein, und diese beschränke sich nicht nur auf das Reiten. Der Bauausschuss hatte sich hier ebenfalls schon sehr bemüht, eine entsprechende Formulierung zu finden und dem Rat so zu empfehlen. Diese Arbeit hätte man sich allerdings sparen können, weil die Beschlussempfehlung verschwunden und beim Rat nicht angekommen war. So musste dieser den Beschussvorschlag erneut entsprechend ändern, dieses kam dann mit dem Stimmen vom Bündnis Juist durch, denn die CDU stimmte dagegen und Ratsvorsitzender Björn Westermann (ebenfalls Bündnis Juist) enthielt sich der Stimme.
Abgesetzt werden musste schließlich der Punkt, wo es um den Bebauungsplan für die Billstaße/Siedlung ging. Hier sollten die Besonderheiten des Bereichs Siedlung, was Fassade und Dachneigung angeht, gesondert festgeschrieben werden, weil es hier Abweichungen von der Gestaltungssatzung gibt. Nachdem Frank Endelmann die grauen RAL-Töne in der Beschlussvorlage ansprach, da die Siedlung eigentlich weiße Fassaden hat, fiel auf, dass in den Beschlussvorlagen anderer Ratsmitglieder die weißen RAL-Töne enthalten waren. Dem eh schon sichtlich wütenden Ratsvorsitzenden Björn Westermann riss nun endgültig die Hutschnur: „Das mache ich hier nicht mehr mit! Hier haben schon wieder alle unterschiedliche Beratungsvorlagen, ich setzte die Behandlung des Punktes nun ab.“ Sicherheitshalber stellte Frank Endelmann noch einen entsprechenden Antrag, nun sollen alle Ratsmitglieder die gleichen Unterlagen bekommen, dann kommt es wieder auf die Tagesordnung.
Unser Foto zeigt den Beginn der Strandpromenade am Aufgang Kurhaus. Bisher handelt es sich um einen reinen Fußweg, aber zur Versorgung der dort ansässigen Betriebe sind auch Fahrzeuge vonnöten, was nun legalisiert werden soll.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN