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Rat und Verwaltung: Gedrehter Fahrplan wäre Katastrophe für Juist

Beigetragen von S.Erdmann am 26. Mär 2017 - 19:19 Uhr

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Großalarm auf Juist beim Gemeinderat und der Verwaltung: Die Reederei Norden-Frisia hat ein Schreiben ins Rathaus geschickt und als Anlage einen Notfahrplan für die ersten drei Monate des Sommers beigefügt. Sie stellte klar, dass in dem Fall, wenn bis Ostern nicht zwei Liegeplätze im Inselhafen zur Verfügung stehen, wo die Schiffe auch bei Ebbe gefahrlos liegen können, würde der Fahrplan „gedreht“ und der Notfahrplan zum Tragen kommen.

Den Fahrplan drehen heißt, dass zukünftig bei Ebbe kein Schiff mehr im Inselhafen liegt. Somit würde das Schiff – wie im Winterfahrplan – erst von Norddeich aus fahren und dann von Juist. Die Folgen für den Fremdenverkehr auf der Insel währen gravierend. Auf einer eiligst einberufenen Gemeindratssitzung am Donnerstagabend brachte Ratsvorsitzender Björn Westermann (Pro Juist) die Sache auf den Punkt: „Dieser Fahrplan wäre für Juist eine Katastrophe.“

Fast drei Stunden sprach der Rat über das Thema, wobei auch zwei Vertreter der Reederei dabei waren. Einstimmig gab man schließlich 80.000 Euro als Sofortmaßnahme frei, damit man zumindest die Liegeplätze an der Westseite soweit bekommt, dass dort Schiffe liegen können. Zwar reicht dieses Geld nicht für eine dauerhafte Lösung, aber wie Bürgermeister Dr. Tjark Goerges mitteilte, hatte die Reederei am Tag darauf beschlossen, erst einmal den Fahrplan so zu belassen, wie er ist. Die Reedereivertreter (Foto) betonten auf der Sitzung, dass es auch nicht im Interesse des Betriebes ist, den Plan umzudrehen, aber die Schäden, die an den Schiffen durch das Liegen auf dem harten Sand im Hafen im vergangenen Jahr entstanden sind, ließen ihr keine andere Wahl.

Von einem guten Anfang sprach Bürgermeister Dr. Tjark Goerges, was die Baggerung im Juister Hafen angeht. Nachdem die „Seekrabbe“ von NPorts die Hafenzufahrt bearbeitet hat, wird derzeit das Eggenboot „Dirk“ (siehe Foto) auch im Fährhafen eingesetzt. Im Vorjahr – da hieß das Schiff noch „Jade-Taucher“ – wurde es vom Segel-Klub Juist im Bootshafen mit großem Erfolg eingesetzt, deshalb hatte sich Gemeinde in diesem Jahr dort ebenfalls mit eingeklinkt hat. Wenn das Schiff wegen der Ebbe den Bootshafen nicht mehr bearbeiten kann, wird es anschließend noch zwei bis drei Stunden täglich im Fährhafen eingesetzt. Ebenfalls mit Erfolg, schon jetzt sei rund ein halben Meter Schlick entfernt worden.

Goerges erläuterte auf der Ratssitzung, dass es zwei Lösungsansätze für das Schlick- und Sandproblem im Hafen gäbe. Die sogenannte kleine Lösung beinhaltet erst einmal Maßnahmen, den Fährhafen für die kommende Saison betriebsbereit zu machen, mittels einer zu gründenden Hafenkommission soll dann aber eine dauerhafte und längerfristige Lösung erarbeitet werden. Hierzu wird angestrebt, dass Baggergut an Land zu verbringen. Dafür fehlt aber derzeit noch die Lagerfläche; eine Verklappung des Schlicks an einer Klappstelle auf der Höhe vom Ortsteil Loog kann von dem Baggerschiff „Seekrabbe“ nicht mehr erreicht werden, weil die Fahrrinne dorthin zu flach geworden ist. Bemängelt wurde in diesem Zusammenhang auch von Rat, dass man seinerzeit den Norddeicher Schlick auf die Juister Flächen verbracht hatte, um dort Platz für die Ansiedlung der Firma Dong zu ermöglichen.

Mit den nun eingeplanten 80.000 Euro will man vor allem die Bereiche am Kai vom harten Sand befreien, damit man diese Liegeplätze auch bei Niedrigwasser nutzen kann. Frank Bohlen, Kapitän der „Frisia II“, ist ein langjähriger und erfahrener Juist-Fahrer. Er erläuterte die technischen Problem, die sich ergeben, wenn die Schiffe bei Ebbe teilweise auf festem Sand und teilweise im Wasser oder weichen Schlick liegen. Durch die ungleiche Belastung auf den Schiffsrumpf kommt es zu Verziehungen und erheblichen Schäden an den Schiffen. Dieses könne und wolle die Reederei nicht mehr länger so hinnehmen, daher gäbe es nur die Möglichkeiten, entweder bei Ebbe kein Schiff mehr auf Juist zu haben oder den Hafen in einen Zustand zu versetzen, der wieder ein für die Schiffe gefahrloses Liegen gewährleistet.

„Wir wollen den Fahrplan eigentlich gar nicht drehen, aber so geht es nicht mehr“, betonte Heiko Knieper. Der ehemalige Frisia-Prokurist ist eigentlich bereits im Ruhestand, wurde aber noch mit der Abwicklung dieses Problems durch die Reederei betraut. Man benötige mehr Personal auf Juist für die Abfertigung, die Flächen zur Abwicklung von Ankunft und Abfahrt mit mehr als tausend Gästen je Richtung zur gleichen Zeit fehlen, der Ausflugsverkehr mit Kaffee- und Tagesfahrten würde fast völlig entfallen und zudem seien Klagen von Gästen zu befürchten, die bereits DB-Fahrkarten für die Verbindungen gekauft hätten, die seit vergangenen September veröffentlicht sind. Im Notfahrplan würden innerhalb von drei Monaten alleine 69 Schiffsverbindungen wegfallen. Dem Rat war klar, was für eine Problematik für die Vermietbetriebe entsteht, wenn erst die neuen Gäste anreisen und danach erst die alten die Insel verlassen würden.

Das Fahrwasser nach Juist sei derzeit sehr gut und wesentlich besser als damals, als die Fahrrinne noch durch die Wilhelmshöher Bucht führte, die Probleme auf dem Weg nach Juist fingen erst in der Einfahrt zum Juister Hafen an, so Bohlen. Bei der derzeitigen Situation ließen sich auch die Abfahrtzeiten von Juist nicht mehr halten, da die Schiffe nicht mehr rechtzeitig zur Abfahrt an die Hubbrücke für zur Beladung kämen.

Der Bürgermeister bemängelte auch, dass in den vergangenen Jahren zu wenig vonseiten der Inselgemeinde getan wurde, um dem Problem Herr zu werden. Daher will er eine Hafenkommission mit allen Beteiligten Behörden, Firmen und Vereinen ins Leben rufen. Die Gemeinde wolle nun erst einmal die Liegeplätze frei machen, leider könne man nicht garantieren, wie lange das vorhalten wird. Auf der anderen Seite konnte und wollte die Reederei auch nicht garantieren, dass man den Plan nicht doch noch zu einem späteren Zeitpunkt drehen würde, wenn die Situation es erfordere.

Die Sitzung wurde fast eine Stunde unterbrochen, damit auch die zahlreichen Zuhörer ihre Meinung kund tun konnten. Anschließend wurde auch im Rat intensiv diskutiert und auch mit den Reedereivertretern gestritten. Teilweise fand die Diskussion sehr emotionsgeladen statt, über die meisten Strecken aber sachlich. Hans-Ludwig de Vries (CDU), der selbst beruflich in der Seefahrt tätig ist, wollte gerne ein Gutachten, wonach die Schäden an den Schiffen durch das Liegen im Juister Hafen entstanden sein sollen, seine Fraktionskollegin Angela Engel sprach gar von „Gängelei“ der Reederei, dies sei kein kollegiales Verhalten. Andere Vorschläge, wie zum Beispiel der Einsatz von kleineren Schiffen, waren schlichtweg praktisch nicht machbar.

Heiko Knieper befürwortete die Idee der Hafenkommission, damit eine nachhaltige Lösung gefunden und durchgezogen werde. Er verwies auf die Nachbarinsel Norderney, wo die Reederei selbst durch eigene Beteiligung dafür gesorgte hätte, dann man nun das Fahrwasser so hätte, dass man da die nächsten Jahre mit leben könne. Dieses müsse Juist ebenfalls anstreben.

Bereits am Vormittag nach der Sitzung wollte man bei der Reedereiführung darüber sprechen, wie es nun weiter gehen soll. Obwohl man davon ausgeht, dass die vom Rat vorgesehenen 80.000 Euro nicht ausreichen werden, hat man dort erst einmal entschieden, den gedrehten Notfahrplan nicht einzusetzen. Das teile der Bürgermeister am Wochenende mit.

Unsere Fotos zeigen das Eggenboot "Dirk", dass zurzeit den Fähr- und Sportboothafen bearbeitet. Ein weiteres Foto zeigt die Reedereivertreter Kapt. Frank Bohlen (links) und Heiko Knieper. Die dritte Aufnahme zeigt den Juister Hafen bei Niedrigwasser am vergangenen Wochenende.

JNN-FOTOS: STEFAN ERDMANN (2), MARTINA BECKER (1)

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