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Freiwillige Feuerwehr: Kreisfeuerwehrführung degradiert Jugendwarte zu Kindergärtnern
Auch im vergangenen Jahr konnte die Juister Feuerwehr wieder auf ein breites Einsatzspektrum zurückblicken. Zwar wurde die Insel von größeren Bränden verschont, doch mehrere Klein- und Entstehungsbrände sowie zahlreiche technische Hilfeleistungen der verschiedensten Art galt es zu bewältigen, so Gemeindebrandmeister Thomas Breeden in seinem Jahresrückblick. Rund 60 Personen waren zur Jahresmitgliederversammlung ins Hotel "Friesenhof" am vergangenen Wochenende gekommen.
Mehrfach musste der Rettungsdienst bei Krankentransporten aus engen Gebäuden unterstützt werden, zum Teil mithilfe der Drehleiter. Ebenso leistete man mehrmals Amtshilfe für die Polizei. Zwei Entstehungsbrände in großen Hotels konnten rechtzeitig gelöscht werden. Bei beiden hatte die Brandmeldeanlage frühzeitig einen Alarm ausgelöst, was wieder einmal für die Notwendigkeit von entsprechenden Anlagen und Brandmeldern sprach.
Bei den Hilfeleistungen ging es unter anderem darum, einen umgekippten Baukran zu sichern und wieder aufzurichten, einen Gabelstapler aus dem Hafen zu bergen, Keller nach einem Starkregen auszupumpen, den Flughafen nachts für den Rettungshubschrauber auszuleuchten; außerdem musste man dreimal für Leichenbergungen ausrücken. Breeden freute sich besonders über das Lob eines Ausbilders der Landesfeuerwehrschule Loy, der während seines Urlaubs auf Juist einen Einsatz beobachten konnte und sich anschließend beeindruckt von der Ruhe und Professionalität zeigte, mit der die Sache gemeistert wurde.
Im abgelaufenen Jahr konnten drei Kameraden Lehrgänge an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (Landesfeuerwehrschule) in Loy absolvieren: Arend Janssen-Visser (Leitung einer Feuerwehr), Hauke Janssen-Visser (Technische Hilfeleistung) und Uwe Bösewetter (Truppführer). Die Prüfung zum Truppmann-II konnten auf Juist ablegen: Ingo Eilts, Matthias Jaap, Tobias Janssen und Claas Peters.
Als Neumitglied wurde Ode Odens begrüßt. Seit zwei Jahren ist in Niedersachsen eine Doppelmitgliedschaft in den Wehren am Wohn- und am Arbeitsort möglich. Odens ist schon viele Jahre in seiner Heimatstadt Norden in der Wehr aktiv, da er die ganze Woche über berufsbedingt auf Juist ist, wollte er auch dort gerne mitwirken.
Beförderungen standen ebenfalls an, so wurde Uwe Bösewetter zum Hauptfeuerwehrmann, Hauke Janssen-Visser zum Oberlöschmeister, den Dienstgrad des Hauptlöschmeisters bekleidet nun Heiko Betten und der Vize-Chef der Wehr, Arendt Janssen-Visser, wurde zum Oberbrandmeister befördert.
Auch zwei Ehrungen konnten vorgenommen werden, so erhielt der 1. Hauptfeuerwehrmann Gerd Extra das goldene Ehrenzeichen der Niedersächsischen Feuerwehren für vierzigjährige aktive Mitgliedschaft. Extra wurde mit der Feuerwehr groß, entstammt er doch der "Juister Feuerwehrfamilie" Janssen-Visser (er nahm bei seiner Hochzeit den Namen seiner Frau an). Viele Jahre war er als Atemschutzgeräteträger in der Juister Wehr tätig.
Hauptbrandmeister Galt Noormann erhielt die Ehrennadel des Ostfriesischen Feuerwehrverbandes. Noormann ist heute in der Altersabteilung, er war früher als Gruppenführer, Zugführer und stellvertretender Gemeindebrandmeister tätig. Nach dem plötzlichen Tod von Gemeindebrandmeister Gerhard Rose im Jahr 2002 übernahm Noormann zwei Jahre lang die Wehr als Gemeindebrandmeister und führte sie durch eine schwere Zeit, in der die Weichen für die Zukunft erfolgreich gestellt wurden.
Breiten Raum nahm ein sehr unerfreuliches Thema ein, nämlich die Zukunft der Jugendfeuerwehr. Sowohl Gemeindebrandmeister Breeden, wie auch Gemeindejugendfeuerwehrwart Arend Janssen-Visser sind nach den Vorgängen des Vorjahres wenig motiviert, diese Abteilung dauerhaft aufrecht zu erhalten, da man zukünftig keinen Nutzen – sprich ausgebildete Feuerwehrmänner für die aktive Wehr – mehr daraus ziehen könne. Breeden und Janssen-Visser sehen die Schuld für diese Miesere bei der Kreisfeuerwehrführung des Landkreises. Leider war hiervon an diesem Abend kein Vertreter zugegen.
Im vergangenen Jahr hatte man vier Jugendliche, die kurz vor ihrem 16. Geburtstag standen, womit sie ihren Truppmann-I-Lehrgang (früher Grundlehrgang) absolvieren konnten. Seit Bestehen der Jugendabteilung im Jahr 1977 ist die Wehr gemüht, diesen Jugendlichen eine solche Ausbildung als Abschluss zu ermöglichen, denn nach Ende der Schulzeit auf Juist sind sie dann in der Regel zur beruflichen Ausbildung oder weiterem Schulbesuch auf dem Festland. Die Erfahrungen haben gezeigt, die die ausgebildeten Feuerwehrleute, sollten sie später wieder auf die Insel zurück finden, wieder den Weg zurück in die Feuerwehr finden. Viele Aktive der heutigen Wehr kommen aus der Jugendfeuerwehr. Leute ohne Ausbildung sind meistens wenig motiviert, als Erwachsene in der Wehr am Punkt Null anzufangen.
Öfters kam es in all den Jahren vor, dass Jugendlichen während des Lehrgangs noch ein paar Wochen bis zum 16. Geburtstag fehlten, bisher durften diese den Lehrgang dennoch bereits mitmachen. Erst am Geburtstag erhielten sie ihre Teilnahmebescheinigung und erst ab diesem Datum wurden sie mit zu Einsätzen genommen. Was dreieinhalb Jahrzehnte funktionierte, geht seit letztem Jahr plötzlich nicht mehr, denn die Kreisfeuerwehrführung stellt sich quer. Der Kreisausbildungsleiter zog einen Beamten vom Landkreis hinzu, der den Gesetzestext interpretierte, es gäbe keine Chance für einen Lehrgangsbeginn vor der Vollendung des 16. Lebensjahres.
Auch ein klärendes Gespräch zwischen Inselwehr und Kreisfeuerwehr in Georgsheil führte im September nur zu einer Verhärtung der Fronten. Die vier Jugendlichen sind jetzt auf dem Festland. Wenn sie in den Ferien oder an Wochenenden nach Juist kommen, dann gehören sie zur aktiven Wehr. Allerdings kaum noch motiviert, denn ohne Ausbildung dürfen sie nicht an Einsätzen teilnehmen.
Breeden ist mehr als sauer: "Das macht mich wütend, die Insulaner werden immer weniger, den Fremden ist der Brandschutz egal, wir versuchen Jugendliche wie in der Vergangenheit an unsere Sache zu führen und der Amtsschimmel verschimmelt in seinem Gesetzestext!" Die ganze Sache passt nicht, so der Gemeindebrandmeister weiter: "Überall werden im gesamten Bundesgebiet Kinderfeuerwehren angeboten, um junge Menschen an die Wehren zu binden, im Bundestag wird im Berliner Papier überlegt, die Altersgrenzen aufzulockern um dem demografischen Wandel entgegen zu wirken und hier im nordwestlichsten Teil Deutschlands bespaßen erwachsene Kameraden Jugendliche im Alter zwischen 10 bis 15 Jahren und ein paar Monaten, ohne sie anschließend auszubilden, um sie später auch als Feuerwehrkamerad einsetzen zu können."
"Selten ist mir mein Jahresbericht so schwer gefallen, denn die Ausbildungs-Problematik bringt uns und unsere Jugend in schwere See", so Gemeindejugendfeuerwehrwart Arend Janssen-Visser in seinem Jahresrückblick. Die Entscheidung einiger Herren der Kreisfeuerwehrführung mache die Jugendfeuerwehrwarte zu Kindergärtnern, "die sechs Jahre lang auf ein paar Kinder der Insel aufpassen", anschließend springe nichts für die Wehr dabei raus. Janssen-Visser hatte große Hoffnung in das Gespräch in Georgsheil gesetzt, doch Sätze von hochrangigen Mitarbeitern des Landkreises, dass "Jammerbriefe von den Inseln immer mit dem Hinweis auf die insulare Lage beginnen und bei ihm keinerlei Zuwendung finden" hätten seine Erwartungen schon zu Beginn des Gespräches platzen lassen.
Derzeit hat die Jugendabteilung noch acht Mitglieder. Janssen-Visser: "Vor einem Jahr waren wir noch 15. Vier haben in die aktive Wehr gewechselt. Lehrgangslos und im Einsatzfall nicht einzusetzen. Zukunft ungewiss. Ein Austritt durch Wohnortwechsel, zwei Austritte mangels Perspektive bei dem von der Kreisführung geforderten neuen Lehrgangskonzept und für mich das allerschlimmste: Kein einziger Neuzugang in 2014, und das zum ersten Mal in der bald 40jährigen Geschichte der Juister Jugendfeuerwehr."
Bürgermeister Dietmar Patron will das Thema auch noch mal beim Landkreis anschneiden. Inseln hätten nun mal alle ihre speziellen Situationen, die es zu berücksichtigen gilt. Zudem bereite der demographische Wandel der Insel und somit auch der Feuerwehr in den nächsten Jahren große Probleme.
Für die gute Zusammenarbeit mit der DGzRS-Station dankte der stellvertretende Vormann des Rettungsbootes "Woltera", Jochen Eiken und der musikalische Leiter vom Musikverein "Harmonia", Michael Bockelmann. Obwohl ebenfalls unter Mangel an Musikern leidend, war es dem Musikverein auch diesmal wieder möglich, die Versammlung musikalisch zu begleiten.
Unser Foto zeigt die geehrten und beförderten Kameraden (v.l.n.r., hinten): Gerd Extra, Hauke Janssen-Visser, Heiko Betten. (vorne) Galt Noormann, Arend Janssen-Visser, Uwe Bösewetter mit Gemeindebrandmeister Thomas Breeden.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN