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Rat und Verwaltung: Sechzig Zuhörer bei Neuvergabe des Hafenumschlags dabei

Beigetragen von S.Erdmann am 15. Aug 2014 - 12:38 Uhr

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Der Juister Bauunternehmer Peter Heiken tritt am 1. Januar nächsten Jahres die Nachfolge der Spedition Gebrüder Jüchter an und wird dann den Umschlag aller Frachtgüter für die Insel am Hafen übernehmen. Ihm zur Seite werden die Betriebe Gillet und Munier stehen, die zukünftig die Auslieferung der Fracht auf der Insel vornehmen werden. Diese garantieren dafür, dass zu diesem Zweck weiterhin Pferdegespanne eingesetzt werden und kein Einsatz von Elektrokarren geplant ist. Diese Entscheidung fiel auf einer öffentlichen Ratssitzung am Donnerstagabend mit der Mehrheit der Ratsgruppe "Bündnis Juist".

Mehr als sechzig interessierte Zuhörer waren dazu im Dorfgemeinschaftshaus "Alte Schule" erschienen, um der rund zweieinhalbstündigen Sitzung beizuwohnen. Nachdem die Spedition Jüchter ihre Verträge zum Jahresende gekündigt hatte, musste die Gemeinde den Umschlag am Hafen neu ausschreiben. Kämmerer Alexander Lin führte dazu aus, dass es alleine aus Sicherheitsgründen erforderlich sei, dass nur ein Unternehmer im Hafenbereich tätig sei. Das Ausrollen der Fracht auf der Insel sei nicht Inhalt der Ausschreibung gewesen, dennoch hätte in dieser Frage das touristische Leitbild der Insel - nämlich keine E-Karren auf den Straßen – höchste Priorität.

Lin stellte alle drei Konzepte vor, die von verschiedenen Betrieben eingereicht und bereits dem Rat vorgestellt wurden. Dabei erläuterte er ausführlich die Vor- und Nachteile der Konzeptionen, wobei er als Fazit der Verwaltung feststellte: "Kein Konzept beinhaltet zuverlässig die Lösung sämtlicher Probleme der Inselversorgung. Bei einem Konzept sei die Zukunft des Transportes durch Pferdefuhrwerke nicht sicher gestellt."

Mit Erleichterung wurde von vielen Anwohnern bei dieser Präsentation zur Kenntnis genommen, dass der Plan eines Anbieters, Stallboxen im Zwischendeichgelände einrichten zu wollen, jetzt vom Tisch sei, da man andere Unterkunftsalternativen für die Pferde gefunden hätte. Ein anderer Betrieb will dagegen Stallungen direkt am Hafen bauen, was laut Verwaltung unter bestimmten Voraussetzungen und Auflagen genehmigt werden könne.

"Es war keine leichte Entscheidung, denn täglich kamen neue Erkenntnisse, Vorschläge und Erweiterungen auf den Tisch", so Jens Heyken, Gruppensprecher von Bündnis Juist. Für die Ratsgruppe lag der Schwerpunkt dabei auf die Zusicherung des Ausrollens per Pferdewagen. Die sechs Gruppenmitglieder votierten für das Konzept von Heiken und Partnern. Hier sehe man langfristig gute Perspektiven, weil in allen drei Betrieben schon die nächste Generation bereit stünde, um diese weiterzuführen, es sei langjährige Inselerfahrung bei den Beteiligten vorhanden und auch sei dort Wohnraum für einzustellende Mitarbeiter vorhanden. Ratsvorsitzender Björn Westermann stimmte ebenfalls für das Konzept Heiken, betonte aber: "Ich denke, dass es bei allen drei Konzepten funktionieren würde, weil überall leistungsfähige Firmen dahinter stehen."

"Für die CDU kommt nur die Lösung einer gemeinsamen Gesellschaft aus der Spedition Jüchter und der Reederei Norden-Frisia infrage, denn diese Kombination garantiert seit Jahrzehnten ein eingespieltes Team", so Fraktionssprecher Gerd Rinderhagen. Zudem stehe ein kompletter Gerätepark mit den benötigten Umschlagmaschinen zur Verfügung, die Abrechnung von Seefracht, Umschlag und Rollgeld erfolge zentral durch die Reederei. Weiter sei die Organisation der Rückfrachten eingespielt, und die vorhandenen Mitarbeiter verfügen über eine langjährige Erfahrung im Hafenumschlag. Das Ausrollen sei gesondert zu regeln, da dieses im Konzept Reederei/Jüchter nicht enthalten war. Es solle weiterhin per Pferdefuhrwerke erfolgen, was sich aber als schwierig erwies, da nach Ansicht der CDU "die Fuhrunternehmen wenig Bereitschaft zur Mitarbeit signalisierten". Das Potential sei in jedem Fall vorhanden.

Bei den anderen beiden Konzepten befürchtet die CDU massive Preiserhöhungen bei den Frachtkosten, da hier große Investitionen vonnöten sind. Bei einer Bewerbung gäbe es zudem schon jetzt massive Bedenken auf der Insel hinsichtlich der Konzentration der Versorgung im Hotel- und Gastronomiebereich. Hier liegt bereits eine entsprechende Resolution vor. Bei der Vergabe an den Bauunternehmer seien die Befürchtungen der CDU hinsichtlich der Monopolisierung bei der Belieferung von Baustellen noch sehr viel größer.

Trotz dieser Argumente sprachen sich acht Ratsmitglieder gegen den Antrag der Christdemokraten aus, die Konzeption Reederei/Jüchter anzunehmen. Die CDU selbst war nur mit zwei Mitgliedern vertreten, da Frank Endelmann als Mitarbeiter der Reederei einem Mitwirkungsverbot unterlag und die Sache nur aus dem Zuschauerraum verfolgen durfte. Ratsmitglied Heike Heiken (Bündnis Juist) erweiterte die Ausführungen der CDU dahingehend, dass Herr Jüchter sich nach rund zwei Jahren aus Altersgründen zur Ruhe setzen will und fragte, was dann sei.

Bürgermeister Dietmar Patron und das unparteiische Ratsmitglied Jan Doyen-Waldecker sprachen sich hingegen für das dritte Konzept aus, welches von der HUF Gmbh abgegeben wurde. Dahinter stehen der Getränke- und Lebensmittelgroßhändler Heiko Fürstenberg, sein Mitarbeiter Udo Althoff und der Festlandsinvestor namens Braun. Diese wollen ebenfalls den Umschlag durchführen und durch Pferdegespanne ausliefern. Zudem solle durch moderne Technik und leichtere Wagen ein verbessertes Erscheinungsbild für die Insel erreicht werden. Zwar sah der Kämmerer auch hier die Nachteile, so seien Personalunterkünfte erst einmal nur bis Mai 2015 vorhanden, zudem werden alle Geräte und Wagen auch bis zum Frühjahr nicht fertig gestellt sein können, dennoch sah Patron die hohe Professionalität des Bewerbers und vertrat die Ansicht, dass dieses positiv für Juist laufen kann. Dieser Meinung war auch Doyen-Waldecker, so dass es aber lediglich zwei Ja-Stimmen für dieses Konzept gab.

Ratsvorsitzender Björn Westermann unterbrach vor der Abstimmung die Sitzung, da man gerne die Meinung der Bevölkerung hören und Fragen beantworten wolle. Hiervon wurde auch rege Gebrauch gemacht. Investor Braun führte aus, dass die Preiskalkulation sehr schwierig sei, weil man zwar die jährliche Gesamtmenge (ca. 25.000 Tonnen) wüsste, aber die Reederei keine Angaben über die Stückelung der Sendungen machen konnte. Dennoch würden die anzuschaffenden Geräte über Jahre abgeschrieben und somit "nicht zu exorbitanten Preiserhöhungen führen".

Reiner Sürken, Vorstandsassistent der Reederei Norden-Frisia, antwortete auf die Frage, was nach dem Ausscheiden von Herrn Jüchter in zwei Jahre passiert: "Dann würden wir uns nach einem anderen Partner für den Umschlag umsehen. Eine Zusammenarbeit ist auch mit anderen Fuhrunternehmen möglich, die Reederei ist immer zu Gesprächen bereit." Er stellte zugleich klar, dass das Kerngeschäft der Norden-Frisia auch zukünftig ausschließlich der Seetransport vom Festland nach Juist sein wird: "Klappt es mit dem Ausrollen hier nicht, wird die Reederei auf keinen Fall eigene Elektrofahrzeuge anschaffen und es selbst machen."

Fuhrunternehmerin Inka Munier stellte eine Behauptung richtig, dass man sehr wohl ab dem 1. Januar alle Waren, also auch Baustoffe fahren könne. Es handelt sich bei den Wagen allesamt um Sonderanfertigungen, und würden nicht alle am Anfang fertig sein, könne man bei anderen Unternehmern erst mal welche anmieten. Insgesamt 23 Frachtwagen hätte man später zusammen mit der Firma Gillet zur Verfügung.

"Alles geht in Richtung Pferd, dafür wird man leichte Preiserhöhungen hinnehmen müssen", so Bauunternehmer Peter Heiken auf die Frage einer Juisterin, die insbesondere bei den Baustoffen eine große Preiserhöhung befürchtete. Es ließe sich schon jetzt erkennen, dass insbesondere größere Mengen (d. h. 15 Tonnen und mehr) teurer werden. Doch gerade bei Baustoffen machten die Frachtkosten nur einen Bruchteil aus: "Wenn hier eine Wohnung mit einer halben Millionen Euro angesetzt wird, dann sind darin nur 4.000 Euro Frachtkosten enthalten."

Reiner Bunkenburg, Betreiber von zwei Supermärkten wies darauf hin, dass er selbst nicht beabsichtige, ins Spediteursgewerbe einzusteigen. Doch würden im Sommer für den "Frischemarkt" rund 100 Tonnen je Woche angeliefert. Sollten sich für so große Mengen die Frachtkosten verdoppeln, dann sei er gezwungen, betriebswirtschaftlich andere Wege zu gehen: "So eine Erhöhung kann ich dann nicht wegstecken".

Pensionsbetreiber Christof Kleen erinnerte daran, dass sich auch weiterhin jeder Betrieb seinen eigenen Fuhrunternehmer aussuchen kann, der ihm die Waren vom Hafen abhole: "Aber Pferdehaltung ist nun mal teurer als Elektrokarren, dass muss schon entsprechend kalkuliert werden." Hoteliersfrau Christel Pabst betonte noch einmal, wie wichtig eine zuverlässige und schnelle Anlieferung von Waren für Gastronomiebetriebe sei, dieses habe mit den bisherigen Partnern gut funktioniert.

Über die weiteren Punkte der Sitzung wird JNN noch berichten.

Unser Foto zeigt einen Blick auf die gefüllten Zuschauerreihen im Dorfgemeinschaftshaus während der Behandlung des Punktes Hafenumschlag.
JNN-FOTO: S. ERDMANN