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News: Trinkwasser auf Juist ist rekordverdächtig teuer

Beigetragen von S.Erdmann am 18. Aug 2020 - 16:54 Uhr

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Egal, ob nun Statistiken von Ämtern, Preisvergleiche von Behörden, Umfragen von Zeitungen oder Radiosendern erstellt werden, eines haben alle gemeinsam: Wenn es um Preise geht, liegt Juist immer ganz vorne. Ob Quadratmeter umbauter Wohnraum, Grundstückspreise, Frachtkosten oder der Preis für eine Kugel Eis, Juist liegt immer mit an der Spitze. Jetzt hat die Landeskartellbehörde Niedersachsen die Trinkwasserpreise verglichen, wieder dasselbe Ergebnis. Nur bei einem Wasserverband in Süd-Niedersachsen ist das Wasser noch teurer als hier.

Die Landeskartellbehörde verglich die Preise zum Stichtag 31. Dezember 2019. Seit der letzten Abfrage im Jahr 2009 konnte ein durchschnittlicher Preisanstieg von 19 Prozent festgestellt werden. Die Vergleichsuntersuchung biete einen Überblick über die Strukturen der niedersächsischen Wasserbranche und der Wasserentgelte, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde: „Anders als bei Strom oder Gas können Kunden bei Wasser nicht zwischen verschiedenen Anbietern wählen, sondern sind auf den örtlichen Versorger angewiesen.“ Damit diese Monopolstellung in der Wasserversorgung nicht zu ungerechtfertigt hohen Kosten für die Verbraucher führt, kontrolliert die Kartellbehörde beim niedersächsischen Wirtschaftsministerium die Wasserpreise. Allerdings nur von den Unternehmen unter den Versorgern – nicht von den Kommunen, die Gebühren erheben.

Eine Familie mit Einfamilienhaus und durchschnittlichem Wasserverbrauch, den das Kartellamt mit 150 Kubikmeter pro Jahr ansetzte, bezahlt in Ostfriesland demnach zwischen 123 und 465 Euro pro Jahr für ihr Trinkwasser. Die günstigsten Preise berechnet übrigens der Wasserversorgungsverband Moormerland-Uplengen-Hesel-Jümme und die höchste Gebühr eben Juist.

In Niedersachsen ist nur der Wasserverband Leine-Süd (Friedland, Drangstedt usw.) noch teurer. Im Ranking der Wasserpreise für durchschnittliche Ein- und Zwei-Personen-Haushalte ist Juist sogar Spitzenreiter in Niedersachsen. Bei den Haushalten mit einer Person mit durchschnittlichem Wasserverbrauch von 50 Kubikmetern pro Jahr liegen die Jahresentgelte in Ostfriesland zwischen 73 und 298 Euro, bei den Zwei-Personen-Haushalten (80 Kubikmeter) zwischen 88 und 349 Euro.

Das Wasserwerk der Gemeinde Juist unterliegt – wie schon angeführt – nicht der kartellrechtlichen Aufsicht. Der Versorger mit den zweithöchsten Preisen für durchschnittliche Einfamilien-Haushalte in Ostfriesland unterliegt hingegen der Aufsicht – die Stadtwerke Emden, die zwar auch der Stadt gehören, aber als GmbH firmieren. Mit einem 150 Kubikmeter-Preis von 254 Euro ist ihr Preis mehr als doppelt so hoch wie in Moormerland, Uplengen, Hesel und Jümme – aber mehr als 200 Euro niedriger als Juist.

Nachdem diese Zahlen von der Landeskartellbehörde nicht nur in der Ostfriesischen Presse veröffentlicht waren – fast alle großen Tageszeitungen und die Radiosender in ganz Niedersachsen berichteten davon – hat Peter Jansen, Kämmerer und Sachgebietsleiter Finanzen bei der Inselgemeinde Juist, nun eine Pressemittelung erstellt, in der er auf die Gründe für diesen außergewöhnlich hohen Preis eingeht.

Jansen: „Das Trinkwasserentgelt auf der Insel Juist wird regelmäßig nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes kalkuliert. Die letzte Kalkulation wurde Ende 2017 für den Zeitraum 2018-2020 erstellt. Hieraus resultiert die aktuell gültige Wasserabgabensatzung der Inselgemeinde Juist in der Fassung des 12. Nachtrags.

Die Marktuntersuchung des niedersächsischen Trinkwassermarktes zum Stichtag 31. Dezember 2019 nach § 32 e GWB weist die Inselgemeinde Juist als teuersten Anbieter bei den kleineren Abnahmemengen aus. Die Verbrauchsgebühr von 1,67 €/m³ kann im Vergleich mit den anderen Anbietern und unter Berücksichtigung der Insellage jedoch als günstig bezeichnet werden.

Der entscheidende Preisfaktor auf der Insel Juist ist die von der Zählergröße abhängige Grundgebühr. Diese stellt die Kosten der Bereitstellung der Wasserversorgung dar. Dazu gehören die Anlagen zur Wassergewinnung (Förderung und Aufbereitung), die Gebäude zur Wasserspeicherung und die Verteilungsanlagen. In den letzten drei Jahren wurde ein neues Gebäude zur Wasseraufbereitung gebaut. Dieses beherbergt eine fortschrittliche Ozon-Biofiltrationsanlage, die mit ihrer Fertigstellung für eine hervorragende Wasserqualität auf Juist sorgt. Die zuvor bestehende Trübung/Gelbfärbung des Wassers wurde wesentlich verringert, was auch zu einer für den Kunden sichtbaren Qualitätsverbesserung führte. Alle für die Trinkwasserqualität messbaren Grenzwerte werden teils sogar deutlich unterschritten. Hier sind wir derzeit als Vorreiter auf den Ostfriesischen Inseln sowie im Raum Ostfriesland unterwegs. Andere Wasserversorger, insbesondere auf den Ostfriesischen Inseln, haben uns gegenüber bereits ihre Absicht zu einer Erneuerung ihrer Anlagen nach dem Vorbild auf Juist geäußert. Das bedeutet, dass auch in diesen Versorgungsgebieten in den nächsten Jahren mit steigenden Preisen zur Deckung der Investitionskosten zu rechnen ist.

Insgesamt wurden über 2 Millionen Euro in die Erneuerung investiert. Die daraus resultierenden verbrauchsunabhängigen Kosten wie Abschreibungen und Fremdkapitalkosten wurden bereits in der letzten Kalkulation mitberücksichtigt. Die Grundgebühr für die kleinste Zählergröße stieg damit von 80,40 €/Jahr auf 215,40 €/Jahr. Die Grundgebühren für die größeren Zähler wurden ebenfalls entsprechend angepasst. Zu berücksichtigen sind hierbei auch die begrenzte Anzahl von nur 723 Hauswasseranschlüssen im Versorgungsgebiet zum Zeitpunkt der letzten Kalkulation sowie die durch den Tourismus vorzuhaltende höhere Kapazität der Anlagen. Für die Versorgung der Inselbewohner ist eine Kapazität von rund 300 m³ Wasserabgabe am Tag ausreichend. Um auch alle Gäste ausreichend zu versorgen ist eine Kapazität von 1.500 m³ bis 2.000 m³ am Tag erforderlich.“

Und wie sieht es auf den anderen Inseln aus? - Baltrum Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge werden vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) versorgt und profitieren von einem einheitlichen, günstigen Wasserpreis im gesamten Verbandsgebiet, das bis in den Landkreis Vechta reicht. Ein Zwei-Personen-Haushalt zahlte hier laut Preisvergleich im Schnitt knapp 112 Euro im Jahr.

Die Trinkwasserpreise auf Norderney und auch Borkum liegen im niedersächsischen Vergleich im unteren Mittelfeld. Demnach zahlte zum Stichtag ein Zwei-Personen-Haushalt auf Norderney bei einem Jahresverbrauch von 80 Kubikmetern im Schnitt 153 Euro netto für sein Trinkwasser, 16 Euro weniger als der niedersächsische Durchschnitt. Auch für Norderneyer Single- und Familienhaushalte lagen die Kosten im Schnitt 16 bis 19 Euro unter dem Landesvergleichswert.

Unsere Kollegen vom „Norderneyer Morgen“ sprachen über die Thematik auch mit Holger Schönemann, Geschäftsführer der Norderneyer Stadtwerke. Dieser ging auf die großen Unterschiede in den jeweiligen Kommunen bzw. Inseln ein.

Den direkten Vergleich der Preise halte er indes für „sehr schwierig“. In der Aufstellung der Landeskartellbehörde seien die jeweiligen natürlichen Gegebenheiten, die Rahmenbedingungen sowie das jeweilige vorhandene Wassernetz nicht berücksichtigt.

Auch die Kartellbehörde weist in ihrer Mitteilung darauf hin, dass die Wasserpreise in dünn besiedelten Gebieten oder in Gegenden, in denen es auf Grund der Topographie aufwändiger ist, das Leitungsnetz zu betreiben, durchaus zu Recht teurer sein könnten als in anderen Gegenden.

Da es laut Untersuchung landesweit große Preisunterschiede gibt, hat die Landeskartellbehörde zudem angekündigt, zu überprüfen, ob einzelne Wasserpreise missbräuchlich überhöht sein könnten. Dabei werde den Wasserversorgern jedoch auch Gelegenheit gegeben, Rechtfertigungsgründe zu nennen, so die Mitteilung.

TEXT UND FOTO: STEFAN ERDMANN
QUELLEN: PRESSEMITTEILUNG LANDESKARTELLBEHÖRDE NIEDERSACHSEN, PRESSEMITTEILUNG INSELGEMEINDE JUIST, OSTFRIESEN-ZEITUNG (Leer), NORDWEST-ZEITUNG (Oldenburg) und NORDERNEYER MORGEN

 
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