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News: Standing Ovations für ein fünf Tage altes Orchester

Beigetragen von S.Erdmann am 31. Okt 2011 - 21:07 Uhr

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"Oh mein Gott - auf was habe ich mich da eingelassen - das wird ja nie was!" - Soweit der lautstarke Kommentar des Dirigenten Oliver Weder bei der ersten Probe des Juister Gästeorchesters am Anfang der vergangenen Woche. Fünf Tage später, am vergangenen Freitag, sah die Sache dann ganz anders aus: Ein jetzt strahlender Dirigent, ein hervorragendes Abschlusskonzert in einem vollbesetzten Saal im "Haus des Kurgastes", mit einem begeistertes Publikum, das den Musikern am Schluss mit Standing Ovations Dank und Anerkennung zollte.

Das war für die Kurverwaltung - in Zusammenarbeit mit der Juist-Stiftung - ja ein absolutes Pilotprojekt und europaweit einzigartig - Menschen, die Instrumente spielen können, zusammen auf die Insel zu holen und an fünf Tagen zu einem richtigen Orchester zusammen zu schweißen. So freuten sich sowohl Bürgermeister Dietmar Patron, als auch Michael Bockelmann vom Vorstand der Bürgerstiftung in ihrer Begrüßungsansprache nicht nur über ein volles Haus, sondern auch über die Tatsache, dass an die 40 Musiker (Geigen, Bratschen, Celli, Kontrabässe, Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte, Hörner, Trompeten und eine Pauke) an dem Experiment teilgenommen hatten. Diese hatten seit letzten Montag jeden Tag acht Stunden am Tag geübt (JNN berichtete darüber) und zwar unter der Leitung weltweit bekannter Berufsmusiker: Prof. Sylvia-Elisabeth Viertel, Ramon Jaffé, Dimitri Ashkenazy und dem Dirigenten Oliver Weder.

Patron ging noch einmal darauf ein, wie es zu dieser Idee kam. Als im Vorjahr rund 75 Insulaner ein touristisches Leitbild für Juist aufstellte, wurde auch die "Schaffung von Gemeinschaftserlebnissen" als wichtiger Punkt dort mit aufgenommen. Der Hotelier Hans-Georg Peters gab dann den Anstoß, als er davon berichtete, dass er wiederholt in Gesprächen mit Gästen gesagt bekam, welch große Freude das gemeinsame Musizieren mache. Die Idee war geboren, aber es mussten viele Fragen geklärt werden: Wie soll so etwas ablaufen? Wann ist der beste Termin? Wer soll die Sache leiten? Und wer bezahlen? Wer und wie viel Musiker melden sich überhaupt?

Doch alle Fragen konnten geklärt werden und es meldeten sich auch genug interessierte Musiker an. Bei der Frage, wer es bezahlen solle, sprang die Juist-Stiftung mit in die Bresche. Patron dankte der Bürgerstiftung für die Unterstützung und hier besonders Annegret Coordes, die sich sehr für dieses Projekt engagierte. Ebenso den Mitarbeitern der Kurverwaltung und der so genannten "Kümmerer-Gruppe" vom Projekt "Leitbild". Der Bürgermeister brachte es zum Schluss auf den Punkt: "Das ist wiederholenswert!"
Aufgrund des Erfolges dieses Projektes soll es auch eine Wiederholung im kommenden Jahr geben, das "2. Juister Gästeorchester" wird in der Zeit vom 30. September bis 5. Oktober 2012 proben und auftreten.

Auch die Musiker waren begeistert, wie man anschließend hörte: "Es war ein tolles Erlebnis", meinte eine Cellistin. "Ich habe in der Woche wahnsinnig viel gelernt", sagte eine Geigerin. Und ein Bratschenspieler war der Meinung, dass hier auch Freundschaften geschlossen wurden, und man sich auch zukünftig wieder zum gemeinsamen Proben und Musizieren treffen will.

Das "Juister Gästeorchester" begann mit der Ouvertüre zu "Ighigenie in Aulis" von Christoph-Willibald Gluck (1714 - 1787). Glucks Oper in drei Akten wurde 1774 in Paris uraufgeführt, sie behandelt einen Stoff der griechischen Mythologie um den griechischen Heerführer Agamemnon und seine Tochter Iphigénie. Bereits mit diesem Werk überzeugte das Gästeorchester das Publikum, denn man zeigte große Geschlossenheit und spielte sehr diszipliniert.

Im Mittelpunkt des konzertanten Geschehens stand anschließend der Klarinettist Dimitry Ashkenazy als Solist im 2. Satz aus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur (KV 622). Dieser Satz, ein Adagio, verlangt dem Klarinettisten einiges ab, wird dennoch gerne gespielt und wurde z. B. auch im Film "Jenseits von Afrika" verwendet. Ashkenazy gelang es, mit dieser sehr gebundene und getragene Musik das Publikum zu verzaubern, denn sein Spiel lebt durch einen blühenden Ton und imposante Ausdruckskraft. Das Gästeorchester zeigte sich hierbei als eigenständige Begleitung.

Das galt auch für das nächste Stück, wobei zwei weitere Berufsmusiker, die die Proben leiteten, als Solisten auftraten, dem dreisätzigen Concerto für Violine, Violincello und Orchester des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti. (1797 - 1848). Der überragende Violoncellist Ramon Jaffé und die brillante
Geigerin Sylvia-Elisabeth Viertel, die ein Instrument von Nicolaus Gagliano aus dem Jahre 1765 spielt, zogen hier alle Register ihres Könnens. Glanz und Freude breitete sich gleich zu Beginn aus, keine Unsicherheit im Zusammenspiel, keine Hektik, nur Hörgenuss pur.

Nach der Pause dann ein absoluter Höhepunkt, die Aufführung eines der bekanntesten Werke der Klassik, nämlich der 5. Symphonie in C-Moll Op. 67 (sogenannte "Schicksalssymphonie") von Beethoven. Bei diesem großartigen Werk war wieder das ganze Orchester gefragt, großartig hierbei die musikalische Umsetzung der Musiker. Wenn es auch mal kleinere Unebenheiten gab, das verübelte hier keiner, wusste man doch, dass hier ein Orchester spielte, dass es quasi erst seit fünf Tagen gab. Einen großen Anteil an dem Erfolg muss dem Dirigenten Oliver Weder zugeschrieben werden. Er verstand es vorzüglich, die erst seit wenigen Proben zusammen spielenden Musiker als harmonische Einheit zu präsentieren, ohne übertriebene, dramatische Gestiken zu verwenden. Solide seine Anweisungen an das Orchester, bestimmt und fordernd, aber nie in das beliebte Showgehabe vieler großen Dirigenten zu verfallen.

Gänsehautfeeling pur gab es gleich zu Beginn des ersten Satzes, dem Allegro con brio mit den wohl weltbekanntesten Takten der Musik und den herrlichen Kontrasten. Dieses Feeling zog sich bei den Zuhörern durch das ganze Werk bis hin zum überschäumenden Finale, überschäumend von Vitalität und Schönheit. Nicht umsonst standen die Zuhörer anschließend auf, um den Musikerin so besonders starken Beifall spenden zu können.

Anschließend trafen sich die Musiker noch im kleinen Saal des Hauses, wo es ein von Annegret Coordes zubereitetes Festessen gab. Hierzu hatte man den Saal und besonders die Tische sehr festlich dekoriert.

Beim diesjährigen "1. Juister Gästeorchester" waren dabei:
Geigen: Silvia Elisabeth Viertel (Leitung), Regine Almstedt-Lucius, Dr. Ekkehard Stammwitz, Ellinor Damm, Antonie Brandner, Dr. Alexander Schiedewitz, Elisabeth Eggelsmann, Petra de Rijke, Ute Klapdor, Christine Hendriks. Bratschen: Adolf Schünemann, Ernst von Schaper, Christel Wächter-Hell, Maria-G. Naumann, Marya Glaser, Ricarda Hoffmann, Fagott: Ursula Boyn, Andreas Engelhardt, Kontrabässe: Christiane Hehle, Ingrid Raschen, Flöten: Almut Müller-Reiter, Erika Hahn, Celli: Ramon Jaffé (Leitung), Albrecht Kottmeyer, Gesche Herrmann, Tonnie Hugens, Martin Hendricks, Oboen: Dr. Insa Dietrich, Nir Gavrieli, Klarinetten: Dimitri Ashkenazy (Leitung), Andrea Rubke, Hörner: Dirk Rubke, Andrea Sinning, Trompeten: Simone Moll, Mareike Kaiser, Pauke: Jonas Dunz, Dirigent: Oliver Weder.

JNN-Fotos: Stefan Erdmann

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