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Rat und Verwaltung: Inselgemeinde übernimmt hohes Risiko bei Flugplatzanbindung
Der Juister Gemeinderat beschloss auf seiner Sitzung am Montagabend erneut, mit der HUF Spedition einen Vertrag auszuhandeln, wonach es täglich in der Hauptsaison vier, in der Nebensaison zwei Verbindungen vom Loog über den Ort und die Wilhelmshöhe bis zum Flugplatz geben soll. Der Zeitraum für die Kutschenanbindung mit dem Tagesticket für zehn Euro soll als Testphase bis Ende Oktober dieses Jahres laufen.
Zuvor wurde der Beschluss aus der Aprilsitzung rückgängig gemacht, weil sich die HUF nicht auf den dort beschlossenen Finanzierungsvorschlag einlassen wollte. Dieser sah vor, dass die Risikoabdeckung für die ersten 50.000 Euro paritätisch zwischen Gemeinde und Spedition geteilt werde. Nunmehr gab es zwei neue Vorschläge, wobei sich die Ratsmehrheit dafür aussprach, die Inselgemeinde übernimmt zur Risikoabdeckung nun doch die ersten anfallenden Verluste bis max. zu einer Höhe von 50.000 Euro. Alle weiteren Verluste werden durch HUF abgedeckt.
Ein erster Vorschlag, wonach das Risiko zwar paritätisch verteilt würde, dieses bei der Gemeinde aber erst bei knapp 121.000 Euro gedeckelt sei, wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Abstimmungen erfolgten äußerst knapp und quer durch die Fraktionen und Gruppen, denn jedes Ratsmitglied hat seine eigene Meinung dazu. Björn Westermann (Pro Juist) bedauerte vor allem, dass es keinen Probebetrieb über Ostern gegeben hatte, so fehlen erste Zahlen und Tendenzen, wie ein solches Angebot angenommen würde: „Immerhin geht es hier um gewaltige Summen, schon jetzt hat die Sache 41.000 Euro gekostet.“ (Gemeint ist die Verlustabdeckung an die HUF, damit diese in den Wintermonaten bis Ende Februar den Flugplatzdienst durchführte). Sein Antrag, dass der gesamte Vertrag hinfällig werde, wenn es keine neue Flugverbindung von Norddeich geben würde, fand indes keine Mehrheit.
Ein weiterer Antrag wurde indes angenommen, diesen stellte Gerhard Jacobs (CDU). Jaocbs vertrat die Auffassung, dass die pauschale Untersagung von KFZ-Verkehr aus dem Vertragsentwurf raus muss. Eine ganzjährige Verbindung auf Pferdebasis sei nicht möglich. Damit bezog sich Jacobs auch auf den Beschluß, die Bimmelbahn anzuschaffen. Beide Anbieter, ob für Bahn oder Pferdebetrieb, konnte sich bei der Vorstellung ihrer Konzepte einen Parallelbetrieb vorstellen, das sollte auch zukünftig so möglich sein. Meint Habbinga (Pro Juist) legte Wert auf die Formulierung, dass der Pferdebetrieb Vorrang haben soll, d. h. wenn es eine Anbindung an einen Linienflug per Pferdekutsche gebe, sollte die Bahn nicht fahren. Neun Ratsmitglieder unterstützen den Antrag, nur zwei votierten dagegen.
Die CDU-Ratsmitglieder Jens Wellner und Björn Bolte stimmten gegen beide Finanzierungsvorschläge. Sie begründeten dieses damit, dass das Angebot der HUF ein sehr gutes sei, weil es keine reine Flugplatzanbindung sei, sondern eine Verbindung auf der ganzen Insel vom Loog bis zum Flugplatz, die mit zehn Euro pro Tagesticket zudem für den Gast bezahlbar sei. Daher lehnten sie eine Bezuschussung bzw. Risikoübernahme durch die Gemeinde von Grundsatz her ab.
Wellner, zugleich Reederei-Geschäftsstellenleiter auf Juist, informierte darüber, dass es zuletzt ein Gespräch zwischen der FLN und dem norwegischen Anbieter Seaplans am 22. März gegeben hatte, ein Vorvertrag sei dabei nicht abgeschlossen. Zudem habe das Flugunternehmen kund getan, dass sich die Sache nur rechne, wenn man achtmal pro Tag Flüge von und nach Juist durchführe. Diese sollten nach Meinung der Fluggesellschaft dann auch angebunden werden, die vielzitierten Rikschas, die auch für eine Anbindung herhalten sollen, sieht Wellner indes nicht: „Die sind so gar nicht zu bekommen. Schon im letzten Sommer waren die immer ausgebucht.“ Der OFD, der seit Anfang März zwei Flüge täglich von Emden nach Juist anbietet, habe derzeit technische Probleme. Die alten und bewährten BN Islander-Flugzeuge seien außer Dienst gestellt, die neuen Maschinen haben für Deutschland noch keine Zulassung. Das wurde auch von Bürgermeister Dr. Tjark Goerges bestätigt: „De facto hat Juist im Moment gar keine Fluganbindung zum Festland.“
Bürgermeister Dr. Tjark Goerges führte auch den aktuellen Sachstand hinsichtlich der Wegebahn (Bimmelbahn) aus. Parallel zur Entscheidung für die Pferdekutschenanbindung hat der Rat im Vormonat sich auch für den Kauf einer solchen Bahn mehrheitlich ausgesprochen. Hier habe man inzwischen neue Erkenntnisse, wonach es auch möglich sei, eine elektrobetriebene Bahn anmieten zu können. Zudem kann die Gemeinde nicht ohne weiteres eine solche in Amrum kaufen, sondern müsse eine Ausschreibung vornehmen. Gegen die dieselbetriebene Bahn hätten sich einige Gäste bei der Verwaltung ausgesprochen, die Ausführungen des Verwaltungschefs wurden indes von Ratsvorsitzendem Westermann abgewürgt, weil dieser der Ansicht sei, das wäre kein Thema zur Tagesordung.
Sabine Weers vom Hauptamt hatte indes die Möglichkeit, in Sachen Bürgerbegehren einzugehen, welches von zwei Juisterinnen angeschoben wurde mit dem Ziel, die Bimmelbahn zu verhindern (Wir berichteten). Weers stellte dabei fest, dass - entgegen Pressemitteilungen – nach der Feststellung der Rechtmäßigkeit des Antrages durch den Verwaltungsausschuss erst einmal vier Wochen lang keine Unterschriften gesammelt, sondern nur Informationen dazu gegeben werden dürfen. Erst nach Ablauf von vier Wochen können Unterschriften abgegeben werden, damit das Verfahren für einen Bürgerentscheid in Gang kommt.
Im Anschluss an die Sitzung meldete sich Julia Löhmann als eine der Initiatorinnen zu Wort. Sie gab zu, die Presse missverständlich informiert zu haben, vielmehr will man in den vier Wochen neben einer Informationsveranstaltung, die für den 19. Mai vorgesehen ist, schon mal Bürger finden, die nach dem 31. Mai ihre Unterschrift für die Durchführung eines Bürgerentscheides abgeben. Löhmann: „Damit kann es nach den vier Wochen zügig weiter gehen, denn uns ist dran gelegen, das Verfahren möglichst zügig über die Bühne zu bekommen.“ Dazu muss man wissen, dass der Bürgerentscheid erst eine aufschiebende Wirkung hat, wenn er durch die notwendigen Unterschriften auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Bis dato kann die Verwaltung den Ratsbeschluß weiter verfolgen und sich um die beschlossene Anschaffung der Bahn kümmern. Nach der Abstimmung durch die Bürger ist der Rat an dessen Entscheidung gebunden, unabhängig davon, wie weit das Projekt vorangebracht wurde.
TEXT UND ARCHIVFOTO: STEFAN ERDMANN