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Rat und Verwaltung

Rat und Verwaltung: Was findet da im Winter eigentlich immer am Juister Hafen statt?

Beigetragen von S.Erdmann am 20. Jan 2025 - 13:33 Uhr

Bild 0 von Was findet da im Winter eigentlich immer am Juister Hafen statt?

Es mutete schon etwas verwunderlich an, was da kurz vor Weihnachten am Juister Hafen passierte: Zahlreiche Mitarbeiter des Bauhofes der Inselgemeinde rückten mit Baugeräten und Radladern an, entfernen sämtliche Anhänger und Fahrräder, die von Fahrgästen und Vermietungsbetrieben auf einer dafür vorgesehenen Schotterfläche abgestellt waren und bauten die Container ab, die als Wetterschutz und Wartemöglichkeit für Fahrgäste mit den Minifähren angeschafft wurden.

Auch ein dritter Container, in dem der Kofferdienst Gepäck kurzzeitig lagert, wurde entfernt und die Schotterabstellfläche mit Flatterband und Baustellenabsperrungen unzugänglich gemacht. Grund dafür sei eine Räumungsverfügung des Landkreises Aurich, gab die Inselgemeinde zuvor über Inselpost und Vermieterbrief bekannt und forderte die Eigentümer der Anhänger und Fahrräder auf, diese zu entfernen. Dass eine große Zahl von Wippen trotzdem noch dort stand, weil sie Vermietern gehören, die nicht auf Juist wohnen und sich außerhalb der Saison um nichts kümmern, soll hier nur am Rand angemerkt werden.

Gut und schön, das ganze Prozedere gab es im Winter davor auch schon, wenn nicht – vier Tage später die Mitarbeiter vom Bauhof mit Baugeräten und Radladern anrückten, Absperrungen und Flatterband entfernen sowie die drei Container wieder aufstellten und am Stromnetz anschlossen. Wie viel Geld diese Aktion unterm Strich der Kommune, sprich dem Steuerzahler, gekostet hat, ließ Bürgermeister Dr. Tjark Goerges auf unsere Anfrage unbeantwortet, wohl aber erklärte er, wie es dazu kam und das die Sache als laufendes Verfahren noch nicht ausgestanden ist.

„Im Wesentlichen gibt es unterschiedliche Auffassungen wie der Hafen während der sturmflutgefährdeten Zeit geführt werden muss“, so der Juister Verwaltungschef. Und weiter hieß es: „Das eskalierte soweit, dass letztendlich durch uns vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg eine Eingabe platziert worden ist, da wir uns überreglementiert sehen. Das Gericht teilt die Auffassung der Gemeinde und es wird jetzt eine Mediation ( ein strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben) geben, teilte Goerges weiter mit. Deshalb konnten die Container wieder zurückgestellt und der Platz für die Handkarren freigegeben werden. Der Bürgermeister ist weiterhin der Auffassung, dass die Handkarren und die Warte- bzw. Gepäckcontainer zum Betrieb des Hafens gehören und somit nicht unter die Deichvorlandverordnung des Landkreises fallen.

Dieser Meinung ist auch jemand, der es wissen muss, nämlich Jens Wellner. Er ist nicht nur Chef der Juister Geschäftsstelle der Reederei Norden-Frisia sondern zudem Hafenmeister der Inselgemeinde (Juist ist kein Landes- sondern ein Kommunalhafen) und Mitglied im Gemeinderat. Sowohl die Wartecontainer als Wetterschutz als auch die Abstellplätze für Handkarren und Fahrräder seien unabdingbare Servicebausteine, die man als Gemeinde einfach liefern müssen, so Wellner: „Aus Sichtweise der Reederei bzw. aus der Sicht der Gäste ist das natürlich eine Katastrophe, was da bisher passiert ist.“ Als Ratsherr ärgern ihn die zusätzlichen Kosten für Auf- und Abbau und der Verschleiß der Container.

„Aus meiner Sicht als Hafenmeister sind die ganzen Aktionen mehr als überflüssig,“ so Wellner, und er kann auch erklären warum: Die Nordpier wird bei einem Wasserstand von ca. +2,2 m über MThw (mittleres Tiedehochwasser) überspült, die Schotterlagerfläche erst bei ca. +2,5 m. Weiter meint er: „Die Aufforderung des Landkreises, schon bei +1,0 m über MThw den kompletten Hafenbereich zu räumen entbehrt zumindest für Juist jeglicher Grundlage. Für andere Häfen wie Norddeich könnte ich mir schon eher vorstellen, dass es da passen würde.“

Er hatte der Gemeinde auch Videoaufnahmen von Februar 2022 zur Verfügung gestellt. Dort konnte man sehen, dass erst bei +2,2 m das Wasser über die Nordpier geht. Das alles wurde auch seitens der Gemeinde/Ordnungsamt an den Landkreis weitergeleitet. Die Pier sei in den letzten sieben Jahren lediglich einmal durch ein Hochwasser/Sturmflut nass geworden, die Schotterfläche nie.

„Der Inselgemeinde Juist wurde im Rahmen einer Räumungsverfügung durch den Landkreis Aurich im November 2023 auferlegt, die Handkarren und Fahrräder während der sturmflutgefährdeten Zeit (01.10. bis 15.04. eines jeden Jahres) aus dem Hafenbereich zu entfernen. Der gesamte Hafenbereich befindet sich im Deichvorland“, teilte der Landkreis Aurich auf unsere Nachfrage mit.

Auf den Ostfriesischen Inseln ist das Land Niedersachsen Träger der Deicherhaltung und hat für die Deichverteidigung vorzusorgen, so Landkreis-Pressesprecher Rainer-Müller-Gummels weiter, diese Aufgabe werde vom NLKWN wahrgenommen. Der Landkreis Aurich habe als untere Deichbehörde die zur Einhaltung des Nds. Deichgesetzes und der Deichvorlandverordnung des Landkreises Aurich notwendigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu treffen.

In den vergangenen Jahrzehnten sei nach Ansicht des Landkreises „eine sukzessive Nutzungssteigerung des Geländes u.a. durch den Tourismus zu verzeichnen“. Der gestiegenen Nutzung steht eine zunehmende Gefährdung durch tendenziell höher auflaufende Sturmflutwasserstände gegenüber.

In der sturmflutgefährdeten Zeit von November 2023 bis April 2024 wurde die Verfügung beachtet und Fahrräder und Anhänger standen nicht dort. Mit Beginn der nächsten Sturmflutperiode im Herbst 2024 wurde bei einer Vor-Ort-Kontrolle durch Mitarbeiter des Landkreises Aurich festgestellt, dass das Gelände nicht geräumt war, führte Müller-Gummels weiter aus. Der Landkreis Aurich habe daraufhin erneut gegenüber der Inselgemeinde Juist die Räumung des Geländes unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes verfügt.

Grund für die Verfügung war, eine Gefahr für den Hauptdeich zu verhindern, die im Falle einer sehr schweren Sturmflut durch ein Aufschwimmen und/oder Verdriften der Geräte und Anlagen entstehen kann.Wir fragten daher auch nach, warum bei der Vor-Ort-Kontrolle zwar die Fahrräder, Anhänger und Wartecontainer im Nordosthafen bemängelt wurden, nicht aber der große Lagerplatz im Westhafen mit Pferdeanhängern, Baucontainern, Bau- und Verkaufswagen, beladene Bootsanhänger sowie Baumaterial und rund um die Müllpressstation leere Müllcontainer. Immerhin können diese Dinge - im Gegensatz zu Fahrrädern - tatsächlich im Wasser auftreiben. Nicht festgestellt wurde zu dem Zeitpunkt der Kontrolle die Lagerung dieser Dinge, hieß es dazu nur.
 
Der Kreis bestätigte indes, dass gegen die Räumungsverfügung um Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Oldenburg nachgesucht wurde und eine Entscheidung noch ausstehe. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 19. Dezember 2024 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung angeordnet.

Die ersten beiden Fotos entstanden kurz vor Weihnachten während des Abbaus auf dem Schotterplatz. Die weiteren Bilder zeigen den aktuellen Ist-Zustand. Die letzten Fotos zeigen den Bereich im Westhafen, der vom Landkreis nicht festgestellt werden konnte.

Siehe hierzu auch unser Kommentar „Vor-Ort-Termin per Webcam?", der auf der JNN-Startseite unter diesem Artikel zu finden ist.

TEXT UND FOTOS: STEFAN ERDMANN