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Rat und Verwaltung: Wohin sind 441 Juister Einwohner entschwunden?
„Wir zählen aktuell 1.542 Einwohner, davon 823 weiblich und 719 männlich“, das gab Bürgermeister Dr. Tjark Goeges auf seinem diesjährigen Neujahrsempfang bekannt. Diese Zahlen wurden vom Einwohnermeldeamt gezählt und seien realistisch. „Allerdings gab es 2022 eine kleine Volkszählung des statistischen Landesamtes und demnach sollen wir nur noch 1.101 Einwohner haben,“ wundert sich der Verwaltungschef.
Wohin die 441 Bürger entschwunden sind, kann man nicht nachvollziehen, immerhin handelt es sich dabei um 28,6 Prozent der Gesamtbevölkerung der Insel. Besonders ärgert den Verwaltungschef, dass ihm das Landesamt keine Auskunft geben will, wie man auf die Zahl von 1.101 Einwohnern gekommen sei. „Aus Datenschutzgründen“ hieß es nur. „Wahrscheinlich sind die im Ostdorf durch eine leere Straße gelaufen, wo sich nur Zweitwohnungen befinden und hat das für die Insel hochgerechnet,“ vermutet Goerges.
Diese mögliche dramatische Reduzierung hätte für Juist erst einmal direkt keine Auswirkungen, doch sind viele andere Kommunen auch entsprechend betroffen, dass zum Teil sogar die Anzahl der Gemeinderäte reduziert werden müßte, wie z.B. auf Norderney. Noch sind diese Zahlen nicht final bestätigt, da mehrere Rechtsverfahren, auch von der Gemeinde Juist, dagegen eingeleitet worden sind. Auch Goerges sein Amtskollege Patrick Kösters von der Insel Spiekeroog stellte auf Nachfrage ganz klar fest „Die Zahlen stimmen nicht!“ Neben Juist gehören auch Spiekeroog und Langeoog zu den landesweit größten Verlierern, dort beträgt das „Bürgerfehl“ nach der Volkszählung plötzlich jeweils 25 Prozent.
Die Zensus-Ergebnisse sind aus Sicht von NSGB-Präsident Marco Trips, Präsident vom Niedersächsischen Städte und Gemeindebund, „sehr unplausibel“. Das erklärte dieser bereits im November vergangenen Jahres gegenüber der Nordwest-Zeitung (NWZ). Da würden Gemeinden plötzlich Hunderte von Einwohnern verlieren, obwohl die Datei eine andere Zahl ausweise und der Bedarf an Kita- und Schulplätzen stetig wachse. Die statistischen Ergebnisse konnten wegen überhöhter Anforderungen an den Datenschutz nicht mit den kommunalen Melderegistern abgeglichen werden.
Die Ergebnisse der Volkszählung sollten auch ein Thema des letzten insularen Erfahrungsaustausch der Inselbürgermeister im November vergangenen Jahres sein, allerdings waren hierzu seitens der Presse keinerlei Informationen zu bekommen.
Es gab aber noch weitere Zahlen auf dem Neujahrsempfang: Die Juister leben auf einer Fläche von 16,41km², d. h. 93,9 Einwohner pro km².
Während die Konfessionen katholisch und evangelisch mit ca. jeweils 400 Einwohnern gleichauf sind, gibt es für 800 Einwohner keine Angabe.
Die Herkunft der Bürger ist sehr vielfältig. Insgesamt leben 40 Nationalitäten auf der Insel, neben den Deutschen sind unsere polnisch stämmigen Freunde stark vertreten, gefolgt von Ukrainern, Rumänen, Türken, Vietnamesen, Kosovo und Italienern.
Juist zählte im Vorjahr 95 Eheschließungen und 23 Scheidungen von Ehen, die auf Juist geschlossen worden waren. Somit liegt man mit 24% wesentlich niedriger als im Deutschlandvergleich mit 35%. Insgesamt wurden 4.176 Ehe auf Juist standesamtlich nachweislich beurkundet worden. Davon wurden durch Beschluss 536 Ehen wieder geschieden.
Im letzten Jahr sind elf Einwohner verstorben, denen man auf dem Neujahrsempfang gedachte, und es gab vier Geburten.
TEXT UND FOTO: STEFAN ERDMANN