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Freiwillige Feuerwehr: Abschied 2: Rettungshubschrauber „Sea King MK41“ wurde ausgemustert

Beigetragen von S.Erdmann am 11. Sep 2024 - 21:39 Uhr

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Ende August ging beim Marinefliegergeschwader 5 in Nordholz (Landkreis Cuxhaven) eine Ära zu Ende: Der Rettungs- und Transporthubschrauber „Sea King MK41“, der seit über 50 Jahren im Dienst der Bundeswehr stand, wurde am 31. August offiziell außer Dienst gestellt. Auch für Juist spielte die SEA KING fünf Jahrzehnte lang eine wichtige Rolle.

Zum Abschluss seiner langjährigen Karriere absolvierte der Hubschrauber einen letzten Außeneinsatz – und kehrte dafür noch einmal an einen Ort zurück, der eng mit seiner Geschichte verbunden ist: die Insel Borkum.

Borkum war bis 1992 einer der Stationierungsorte des „Sea King MK41“ und diente als Basis für zahlreiche Rettungseinsätze im Nordseeraum. Viele der älteren Insulaner erinnern sich noch gut an diese Zeit, als der „Sea King MK41“ regelmäßig für medizinische Notfälle oder zur Evakuierung von Patienten für das Inselkrankenhaus im Einsatz war. Ein besonders markantes Beispiel für den Einsatz des Hubschraubers war die Schneekatastrophe im Winter 1978/1979, als der Hubschrauber dringend benötigte Hilfe auf die von der Außenwelt abgeschnittenen Inseln brachte.

Am Tag des Abschieds versammelten sich knapp 100 Zuschauer auf dem Flugfeld der Bundeswehr auf Borkum, um den historischen Moment mitzuerleben. Die Reservisten von Borkum, die Polizei, die Freiwillige Feuerwehr Borkum, die Mannschaft der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) waren ebenso anwesend wie einige Gäste und Einheimische, die sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten, den „Sea King MK41“ ein letztes Mal zu sehen. Für einige bot sich sogar die einmalige Chance, das Innere der Maschine zu besichtigen, die über fünf Jahrzehnte hinweg Leben gerettet hat.

Nach rund eineinhalb Stunden auf Borkum war es Zeit für den Abschied. Gemeinsam stellten sich die Einsatzkräfte der Insel zum Gruppenfoto auf, bevor der „Sea King MK41“ unter Applaus und begleitet von einer Wasserfontäne der Freiwilligen Feuerwehr abhob. Er drehte eine letzte Ehrenrunde über der Insel und verschwand dann am Horizont – ein Abschied für immer.

Der letzte Besuch auf Borkum war das Ende einer Ära, in der der „Sea King“ unzählige Male in Not geratene Menschen rettete und den Inselbewohnern aller Ostfriesischen Inseln ein Gefühl der Sicherheit gab. Mit Wehmut, aber auch Stolz, blickten die Anwesenden dem Hubschrauber nach, der nun in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Nach Juist kam die SEA KING zum Abschied nicht mehr, aber dennoch wird auch hier der Hubschrauber unvergessen bleiben. Wie viele Insulaner und Gäste in den fünf Jahrzehnten damit bei Notfällen von Juist ausgeflogen wurden, wie viele von ihnen ihr Leben dem Hubschrauber verdanken, das kann man nicht sagen. Aber es sind viele. Besonders in den ersten Jahren, als es andere Rettungshubschrauber wie z.B. die vom ADAC noch nicht gab, mussten grundsätzlich die Marineflieger von Borkum mit der MK41 anrücken. Bis zuletzt war die SEA KING immer die letzte Möglichkeit, wenn infolge schlechter Witterung und/oder Dunkelheit andere Rettungshubschrauber nicht fliegen konnten. Dank ihrer umfangreichen Navigationssysteme kam die SEA KING bei Null-Sicht am Juister Flugplatz an. Oft musste dann die Feuerwehr den Landeplatz ausleuchten, meistens standen dann Feuerwehrmitglieder und hell erleuchtete Fahrzeuge samt Rettungswagen auf dem Norddeicher Flugplatz, um den Patienten in Empfang zu nehmen.

Das war die SEA KING MK 41:

Die SEA KING MK 41 war das Arbeitstier der Marineflieger von Mitte der 1970er bis August 2024. De facto war die Hauptfähigkeit des Mehrzweck-Transporthubschraubers der Such- und Rettungsdienst SARSearch and Rescue in den deutschen Seegebieten. Dazu hatten die Marineflieger neben ihrer Basis in Nordholz bei Cuxhaven Außenstationen auf den Nordseeinseln Borkum und Helgoland, wo aber später keine Hubschrauber mehr stationiert waren, sowie an der Ostseeküste in Warnemünde.

Technisch war der Sea King für diese Aufgabe prädestiniert. Er hatte eine große Reichweite von über 1.500 Kilometern, besaß Radar und Infrarotkamera, war sehr robust und konnte auch bei schlechtesten Wetterverhältnissen fliegen. Ein weiteres Plus war seine besondere Bauweise als amphibischer Helikopter: Rumpfform und Ausleger machten möglich, dass er in ruhiger See hätte landen können. In der Regel aber nutzte die Crew die eingebaute Rettungswinde. Hätte der Sea King bei schlechtem Wetter auf dem Meer notlanden müssen, hätten Schwimmkörper ihm den nötigen zusätzlichen Auftrieb gegeben, sich über Wasser zu halten.

Der Marine diente der Sea King aber auch, um Personal und Material zu transportieren. Begab sich der Sea King dabei in eine Risikozone – zum Beispiel, wenn er Spezialkräfte in ein Einsatzgebiet flog – ließ er sich mit schweren Maschinengewehren bewaffnen. Zum Eigenschutz in solchen Situationen konnte er Täuschkörper werfen.

Der Sea King konnte ebenfalls auf allen Schiffen der Flotte mit Flugdeck landen, aber nur die Einsatzgruppenversorger konnten ihn als Bordhubschrauber in ihrem Hangar unterbringen.

Die SEA KING hatte eine Länge von 22,1 Metern, eine Breite von 4,9 Metern und eine Höhe von 5,1 Metern, Der Rotordurchmesser betrug 18,9 Metern, das maximale Startgewicht lag bei 9,3 Tonnen. Die Gesamtleistung der beiden Wellentriebwerke lag bei 2.500 kW, das sind 3.400 PS, womit der Hubschrauber eine Geschwindigkeit von 136 Knoten = 252 km/h und eine maximale Flughöhe von 3.800 Metern erreichte. Die Besatzung bestand aus drei bis vier Mann, zudem konnten maximal 20 Passagiere aufgenommen werden. In den Hochzeiten verfügte die Bundeswehr und 21 Exemplare der SEA KING. Seit 2020 wurde er durch den Marinetransporthubschrauber NHNATO-Helicopter-90 NTHNaval Transport Helicopter Sea Lion Stück für Stück ersetzt.

Gebaut wurde die SEA KING durch den US-amerikanischen Hubschrauberherstellers Sikorsky Aircraft Corporation. Der Erstflug fand bereits 1959 statt, ab 1961 wurde der Hubschrauber bei der US Navy eingesetzt. Einige Maschinen erhielten Zusatzausrüstung und dienten als Hubschrauber für den jeweiligen US-Präsidenten, außerdem wurden die Astronauten der Apollo-Missionen mit der SEA KING nach der Wasserlandung der Raumkapseln geborgen.

TEXT: ANDREAS BEHR, STEFAN ERDMANN, BUNDESWEHR
FOTOS: ANDREAS BEHR/BORKUM ERLEBEN