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Rat und Verwaltung: Rat sprach sich gegen Straßenreinigungsfahrräder aus

Beigetragen von S.Erdmann am 20. Mär 2020 - 16:45 Uhr

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Der Gemeinderat der Inselgemeinde konnte auf seiner letzten Sitzung am Donnerstagabend eine Reihe von Aufträgen an Baubetriebe aus der Region vergeben. Zudem verwarf er die Idee zur Entwicklung von Straßenreinigungsfahrrädern, weiter beschloss er die Anmietung von Wohnraum.

So wurde die Sanierung des Sportplatzes an das Norder Bauunternehmen Tell Bau GmbH als günstigsten Anbieter vergeben. Das Auftragsvolumen liegt bei rund 352.000 Euro.

Die gleiche Firma erhielt auch den Auftrag über die Erd- und Pflasterarbeiten zur Verbreiterung der Hafenzugangsstraße (gemeint ist damit die Umgehungsstraße nördlich vom Memmertfeuer, die bis zur Müllumschlagstation führt). Hier beträgt das Auftragsvolumen 134.689 Euro. Diese Maßnahme wird mit Mitteln des Landes und des Bundes als Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GWR) gefördert. Als Baubeginn für dieses Projekt und die Sportplatzsanierung wurde im Beschlussvorschlag die 12. Kalenderwoche genannt. Da diese bereits durch ist, wird der Baubeginn erst später erfolgen.

Die Straße wurde seinerzeit auf eine Breite von sechs Metern geplant, aus Kostengründen aber nur mit drei Metern gebaut. Damals war es nur die Straße für die Entsorgung an der Müllumschlagstation, inzwischen wurde aber der gesamte Frachtverkehr dorthin verlegt sowie eine Lager- und Umschlaghalle gebaut, so dass der ganze Ver- und Entsorgungsverkehr der Insel über die einspurige Straße läuft. Pferdegespanne können einander gar nicht passieren, auch bei Fahrrädern mit Wippen wird es eng, und hier hatte es vor zwei Jahren sogar einen Todesfall gegeben, als ein älterer Juister ausweichen musste und in den total ausgefahrenen Bereich neben der Straße kam und fiel.

Ein dritter Auftrag mit einem Volumen von rund 45.000 Euro brutto erhielt die Tischlerei Uphoff aus Hage. Sie sollen Fenster teilweise austauschen und neue Fensterelemente für Liegenschaften der Gemeinde liefern. Dabei geht es um das Rathaus, Wohnungen Mittelstraße und Wilhelmstraße, Dorfgemeinschaftshaus, Haus Witten, Haus des Kurgastes und dem neuen Fitnessraum im Erlebnisbad.

Ratsmitglied Meint Habbinga (Pro Juist), der bereits in der Bauausschusssitzung bemängelt hatte, dass außer der Beschlussvorlage keinerlei Unterlagen vorliegen, bemängelte das Fehlen jetzt erneut. Er enthielt sich deshalb auch bei der Auftragsvergabe der Stimme.

„Auch wenn wir Fördergelder erhalten können, sollen wir das Geld verantwortlich behandeln“, diesen Worten vom Ratsvorsitzenden Björn Westermann (Pro Juist) schloss sich am Donnerstagabend die Ratsmehrheit an und lehnte die Einwicklung von zwei elektrisch betriebenen Lastenfahrrädern mit einem Bürstensystem zur Reinigung der Straßen und Bürgersteige ab.

Der Beschlussvorschlag sah die Auftragsvergabe an eine Firma in Saarbrücken vor, doch der Preis von 78.000 Euro für zwei Fahrräder erschien dem Rat zu hoch. Die Inselgemeinde hatte im April vergangenen Jahres einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für das Projekt „Reinigungsfahrrad“ beim Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems gestellt, im Juli wurden dann 50 Prozent, also 39.000 Euro bewilligt.

Die Gemeindeverwaltung sah hier eine große Chance, denn das Rad sei eine Alternative zur Straßenreinigung mit Wippe und Besen, zumal die Mitarbeiter für die Straßenreinigung weitestgehend eingespart wurden. Man sah auch eine hohe Dringlichkeit, weil durch die sofortige Beauftragung zur Saison 2020 der erste Prototyp zum Einsatz kommen könne.

Im Rat gab es doch große Bedenken, nicht nur hinsichtlich des Preises, sondern auch, weil es so ein Fahrzeug noch nicht gäbe. Angela Engel: „Wir bezahlen nicht die Geräte, sondern eine Idee und ihre Entwicklung.“ Martina Poppinga (SPD) hatte die Sorge, dass es auf den Juister Straßen nicht funktioniert: „Und dann stehen die Räder irgendwo rum.“

Hans-Ludwig de Vries (CDU), zugleich DRK-Vorsitzender auf Juist, wies darauf hin, dass man beim DRK schon so ein Projekt der Gemeinde stehen habe: „Da sind die Strandrollstühle. Einer steht jetzt im Bauhof, wahrscheinlich Totalschaden. Das funktioniert nicht.“ Jetzt 78.000 Euro für ein neues Projekt auszugeben, sei für ihn indiskutabel.

Gerhard Jacobs (CDU) bemängelte das Fehlen einer Kalkulation: „Gibt es überhaupt Einsparungen. Es muss doch ein Mitarbeiter darauf sitzen.“ Ratsmitglied Heike Heiken (Grüne) wollte „keine Katze im Sack“ kaufen, sie stellte daher den Antrag, die Firma aus Saarbrücken solle nach Juist kommen, und die Pläne vorstellen. Andere stellten die Frage, was die Firma vorstellen solle, wo der Prototyp doch erst zu entwickeln sei.

„Warum haben die anderen Inseln, die auch dran interessiert sind, nicht auch Fördermittel beantragt“, wollte Gerhard Jacobs wissen. Der Bürgermeister antwortete darauf, vor allem Baltrum wolle sich erst einmal ansehen, wie das auf Juist laufen, was der Ratsvorsitzende damit kommentierte: „So hätte ich das auch gemacht. Die sind wohl klüger als wir.“

Letztendlich wurde Heikens Antrag auf Vertagung und Vorstellung durch die Firma ebenso abgelehnt wie der eigentliche Beschlussvorschlag. Zwar gab es neben dem Bürgermeister noch drei weitere Ja-Stimmen für das Projekt, doch es zählten die fünf Gegenstimmen.

Einstimmig war der Rat dafür, die westliche Doppelhaushälfte des Zollhauses in der Wilhelmstraße anzumieten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hatte der Gemeinde die Haushälfte erst zumKauf angeboten (der KURIER berichtete), alternativ kam später dann auch ein Mietangebot. Ein Kauf kam für kein Ratsmitglied infrage, denn zusammen mit einem Umbau kämen Kosten von rund 1,1 Mio Euro auf die Gemeinde zu. Eingeplante Haushaltsmittel von 1 Mio Euro wurden zwischenzeitlich zudem für das Projekt „Seeferienheim“ reserviert.

Die im Haus befindliche Wohnung hat eine Wohnfläche von 94 Quadratmeter und würde sich für eine Familie eignen. Man sei zuversichtlich, einen geeigneten Mieter dafür zu finden. Die Ratsmitglieder stimmten auch für die Anmietung, da das Objekt sonst auf dem freien Markt angeboten würde, und in dem Fall nicht unbedingt der gewünschte und benötigte Dauerwohnraum entstehen würde.

Unser Foto entstand auf der sogenannten Hafenstraße, man kann sehen, wie eng es derzeit dort wird, wenn einem ein Pferdegespann wie hier der Müllwagen entgegenkommt.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN