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Rat und Verwaltung

Rat und Verwaltung: Ohne Moderator kann es gehen, ohne Unterlagen nicht

Beigetragen von S.Erdmann am 21. Jan 2018 - 22:21 Uhr

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Eine Grundsatzentscheidung zur Zukunft vom „Haus des Kurgastes“ (HDK) wird zu den großen Herausforderungen der nächsten Zeit gehören, so Bürgermeister Dr. Tjark Goerges in seiner Neujahrsansprache vor einigen Tagen. In der vergangenen Woche ging es bereits los, allerdings legte der Projektbeginn auf der öffentlichen Sitzung des Bäderausschusses einen tüchtigen Fehlstart hin. Drei voneinander abweichende Anträge, wovon einer gar nicht vorhanden war, sorgten dafür, dass auf dieser Sitzung erst mal gar nichts entschieden wurde.

Das HDK, das 1960 als „Kurhalle“ erbaut und nach einer späteren Erweiterung und Sanierung umbenannt wurde, ist entsprechend in die Jahre gekommen und entspricht auch vom Konzept her nicht mehr den heutigen Anforderungen. Auch sind energetische Baumaßnahmen unabdingbar. All das wird viel Geld kosten, daher hatte die CDU-Fraktion einen Antrag eingereicht, wonach eine Gruppe zu einer Grundsatzentscheidung über die Zukunft des Hauses gebildet werden soll. Der Standort oben auf den Dünen ist nämlich für ältere Gäste und Insulaner schlecht zu erreichen, dem gegenüber steht allerdings die hervorragende Aussicht von dort. Es sollte daher über eine Sanierung und Modernisierung des bestehendes Gebäudes oder eines Neubaus an anderer Stelle beraten werden. In die Gruppe sollten je zwei Mitglieder der beiden Fraktionen (CDU und Gruppe Bündnis Juist), ein Verwaltungsvertreter (vorzugsweise der Marketingleiter Thomas Vodde) und der Kurdirektor (Bürgermeister).

Vodde erläuterte dann zu dem Punkt, dass der CDU-Antrag von der Verwaltung in eine andere Beschlussvorlage geändert worden sei, denn man wollte gerne auch Matthias Peter, den Technischen Leiter vom HDK, und einen Moderator, der die Gruppe leiten und zum Erfolg führen sollte, dabei haben. Als Moderator wurde ein Architekt vorgeschlagen. Außerdem soll der Rat nicht schon im März, sondern erst im Juni entscheiden. Vodde: „Das HDK ist unabdingbar für Juist, denn sonst ist der Status Nordseeheilbad gefährdet. Die Kurverwaltung braucht daher klare Vorgaben für dessen Zukunft.“

Ausschussmitglied Angela Engel (CDU) fragte, ob ein Moderator überhaupt nötig sei und wenn ja, ob nicht ein Touristiker besser als ein Architekt ist. Zudem bemängelte sie, dass dem Ausschuss die Kosten für den Moderator nicht benannt wurden, da die entsprechende Anlage im Ratsinformationssystem fehle. Die Kosten wurden von Vodde mit rund 5.100 Euro beziffert.

Ausschussmitglied Gerhard Jacobs (CDU) konnte sich wohl mit dem Vorschlag seiner eigenen Fraktion nicht anfreunden, der stelle einen eigenen Antrag, wonach die Gruppe nur über die zukünftigen Maßnahmen am und im bestehenden Haus beraten sollte. Ein Verkauf und Neubau an anderer Stelle stehe für ihn nicht zur Debatte.

Meint Habbinga (Pro Juist) war nur in Vertretung für Martina Poppinga auf der Sitzung; er war sichtlich verwunderte und sagte dieses auch: „Ich bin total verwirrt. Es geht um einen Antrag der CDU, jetzt sind es zwei Anträge von der CDU, denn Herr Jacobs gehört ja auch dazu. Die Beschussvorlage mit den Vorschlägen der Verwaltung liegt mir gar nicht vor, und Werksausschussmitglied Carsten Werner hat eine ausgedruckte Beschlussvorlage, die ich gar nicht kenne.“

In der Tat nehmen die Werksausschussmitglieder nicht am Ratsinformationssystem teil, deshalb bekam Werner die Vorlage im Rathaus als ausgedrucktes Papier. Die anderen Ausschussmitglieder hatten das Nachsehen, denn im Ratinformationssystem haben sie lediglich eine weiße Beschlussvorlage erhalten, wo der Text fehlte. Ausschussvorsitzender Björn Westermann (Pro Juist), der eigentlich für schnelle und unkomplizierte Lösungen bekannt ist, zeigte sich hier ratlos: „Was nun? Absetzen? Sitzung unterbrechen bis alle kopierte Vorlagen haben?“ Einfach weitermachen wollte er nicht, denn wie Habbinga auch wollte er nicht über etwas abstimmen, was ihm nicht vorlag: „Ich brauche keinen Moderator, um eine Grundsatzentscheidung zu treffen, aber Unterlagen.“

Nachdem Jacobs versuchte, seinen Antrag durch die Hintertür durchzubringen – man solle jetzt abstimmen, dem Rat zu empfehlen, sich für das jetzige Gebäude auszusprechen – machte Vodde den Vorschlag, die Sitzung zu unterbrechen. Dann könnten alle Mitglieder den Entwurf, der dem Werksausschussmitglied vorlag, lesen und dann entscheiden. So wurde schließlich verfahren. Nach der Unterbrechung ging dann alles ganz schnell, da alle drei Varianten Vor- und Nachteile hätten, wollte der Bäderausschuss nun gar nichts entscheiden und gab die Sache ohne Beschlussempfehlung an den Rat.

Nach Langeoog soll auch Juist als Fairtrade-Insel ausgezeichnet werden. Die Verwaltung soll Juist als eine solche Insel durch TransFair e.V. zertifizieren lassen. Damit soll Juist noch mehr Glaubwürdigkeit im Bereich der Nachhaltigkeit erhalten. Bei der Abstimmung übte Angela Engel (CDU) Enthaltung, denn man bekäme das Siegel quasi geschenkt, da die Hürden sehr niedrig seien: „Man muss nicht jedes Siegel mitnehmen, was man kriegen kann.“ Zudem befürchtet sie, dass der Zeitaufwand dafür größer sein wird, als von der Verwaltung vorgerechnet, und diese Kapazitäten würden dann anderswo fehlen. Gerhard Jacobs meinte, das Fairtrade-Siegel sei recht bekannt, er empfahl, dafür dann auf der Internetseite das Siegel „Klimaneutrale Server“ zu entfernen, denn das würden niemanden interessieren.

Auch bei der Einrichtung eines Fitness-Studios und eines Sportraumes im Untergeschoss des Erlebnisbades gab es sehr unterschiedliche Meinungen. Die Verwaltung schlug vor, den Fitness-Raum sofort einzurichten und für den Sportraum eine Vorplanung in Auftrag zu geben. Wie Ausschussmitglied Carsten Werner, zugleich leitender Mitarbeiter im Töwervitalisbad, dazu ausführte, kann der Fitnessraum kurzfristig und ohne viel Aufwand eingerichtet werden. Dann hätte man schon mal was, der Sportraum wäre mit etwas mehr baulichem Aufwand verbunden.

Gerhard Jacobs sprach von einer guten Idee, gut sei auch die Ortsbegehung durch den Rat gewesen, weniger gut sei hingegen, dass die Ideen der Ratsmitglieder im Beschlussvorschlag der Verwaltung völlig unberücksichtigt blieben. Wegen der baulichen Maßnahmen hielt der Rat es für sinnvoller, beide Maßnahmen in einem Guss zu machen. Auch Meint Habbinga betonte die Wichtigkeit beider Maßnahmen für die Insel, dennoch hält er es auch für sinnvoll, beide zusammen zu gestalten. Die Gesamtbaumaßnahme solle im Winter 2018/19 erfolgen, das war auch das Ergebnis des Ratsinfogespräches. Heike Heiken (Grüne) unterstützte hingegen die Vorgehensweise der Verwaltung, man solle erst mal was tun und den Fitnessraum erstellen: „Was ist im kommenden Winter, wenn das Geld nicht da ist?“ Das letzte Wort hat nun der Rat auf seiner nächsten Sitzung.

Bürgermeister Dr. Tjark Goerges teilte bei den Kenntnisgaben mit, dass Juist nun 1.714 Einwohner zähle. Bisher wurde immer mit der Zahl 1.586 gearbeitet. Außerdem berichtete er, dass für dieses Jahr bereits 80 Anmeldungen auf Eheschließungen beim Standesamt vorlägen. Im Vorjahr waren es 113 Trauungen, die auf Juist stattfanden, überwiegend von Gästen. Da diese Veranstaltungen immer für gute und zusätzliche Einnahmen beim Einzelhandel, Vermiet-, Gastronomie- und Fuhrbetrieben sorgen, solle die Zahl möglichst noch gesteigert werden. Allerdings sind die Kapazitäten beim Standesamt derzeit mit 80 Trauungen erreicht. Goerges will daher versuchen, weitere Mitarbeiter mit Zulassung als Standesbeamte zu finden oder entsprechend auszubilden.

Unser Foto zeigt das „Haus des Kurgastes“, für das größere Baumaßnahmen unumgänglich sind.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN