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Rat und Verwaltung: Dem Ausschuss fehlten die Einsparungen
Durchgefallen ist beim Wirtschaftsförderungs- und Haushaltsausschuss der Entwurf der Verwaltung für ein Haushaltssicherungskonzept. Dieses ist zwar eine Voraussetzung für die Genehmigung des Haushaltes 2012 durch die Kommunalaufsicht des Landkreises Aurich, doch die Ausschussmitglieder setzten den Punkt auf ihrer öffentlich Sitzung am Dienstagabend im Dorfgemeinschaftshaus "Alte Schule" ab und verwiesen das Konzept an einen Arbeitkreis.
Nach Meinung der Ausschussmitglieder habe es sich die Verwaltung zu einfach gemacht, wenn man sagt, Einsparungen sind nirgendwo mehr möglich und statt dessen sämtliche Steuern und Abgaben soweit erhöhen will, dass am Ende eine schwarze Null im Haushalt steht. Die Kritik an dem Entwurf zog sich dabei quer durch alle Fraktionen und Gruppen.
Kämmerin Nadja Marx wies zu Beginn der Sitzung darauf hin, dass der Haushalt 2012 weitestgehend ausgeglichen wäre, würde man weiterhin das kameralistische Haushaltssystem benutzen. Doch der Gesetzgeber schreibt nun die kommunale Buchführung im Doppik-System vor; einzig und alleine durch die dort zubuche schlagenden Abschreibungen sei es zu dem Verlust von rund 250.000 Euro gekommen. Größter Minusposten sei weiterhin der Eigenbetrieb Kurverwaltung, Einsparungen in diesem Bereich würden aber zugleich den Abbau des Leitungspaketes bedeuten.
Noch nicht mit aufgenommen im Entwurf sei die Zusammenlegung der Bereiche Zimmervermittlung und Zimmernachweis, welches für Einsparungen sorge. Ansonsten empfahl sie die Erhöhung des Kurbeitrages um 0,10 Euro auf 3,30 Euro, hierdurch kämen zusätzliche 50.000 Euro in die Kasse. Die Erhöhung der Hebesätze für Gewerbesteuer würden 60.000 Euro und der Grundsteuer weitere 20.000 Euro bringen, ebenso sollten Ansätze beim Fremdenverkehrsbeitrag erhöht werden. Auch alle anderen Gebühren (Standesamt, Friedhof usw.) müssten angepasst werden. Mit diesem Konzept, so die Kämmerin, sei es möglich, den Haushalt in den kommenden drei Jahren auszugleichen.
Ausschussvorsitzender Meint Habbinga (Pro Juist) sah den vorliegenden Entwurf als den einfachsten Weg: "Das fehlt uns, das müssen wir mehr haben. Fertig! Mir fehlen die Reduzierungen." Außerdem regte er an, die Bewertungen nach der Umstellung auf das neue Haushaltssystem noch mal zu durchleuchten und gegebenenfalls anzupassen.
Heike Heiken (Grüne/B 90) bedauerte es, dass die neue Satzung für den Fremdenverkehrsbeitrag noch nicht vorliegt und man hier noch gar keine Zahlen zur Verfügung hätte. Frank Endelmann (CDU) sprach von einer "Verteilung nach dem Gießkannenprinzip". Ein Ausgleich des Haushaltes, einzig und alleine durch Erhöhungen und somit auf dem Rücken der Bürger, würde er nicht mittragen. In dieselbe Richtung zielte sein Fraktionskollege Hans-Ludwig de Vries: "Ein Gewerbebetrieb zahlt dann mehr Gewerbesteuer, diese Betriebe haben in der Regel Grundstücke, zahlen mehr Grundsteuer, und wenn sie im Tourismusbereich angesiedelt sind, was für fast alle Inselbetriebe gilt, werden sie über die höhere Fremdenverkehrsabgabe zum dritten Mal zur Kasse gebeten."
Bürgermeister Dietmar Patron wehrte sich gegen den Vergleich "Gießkannenprinzip", es handele sich hier um ein sorgfältig erarbeitetes Konzept, zu dessen Erstellung die Verwaltung verpflichtet ist, will man den Haushalt für das laufende Jahr genehmigt bekommen. Zudem seien die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern seit 2006 nicht mehr angepasst worden. Er habe deshalb den Ausschussmitgliedern deshalb auch einen Vergleich mit anderen Kommunen zukommen lassen.
Die Sitzung wurde dann unterbrochen, um auch die Zuhörerschaft zu Wort kommen zu lassen. Diese bestand neben dem Pressevertreter nur aus CDU-Ratsmitglied Björn Westermann. Er meinte, der Vergleich mit anderen Inseln würde hinken: "Norderney zum Beispiel erhebt keinen Fremdenverkehrsbeitrag.". Auch er würde diesen Entwurf im Rat nicht mittragen, weil man es dem Bürger nicht verkaufen könne. Außerdem wisse man noch nicht, wohin es mit der Fremdenverkehrsabgabe ginge. Zudem wollte er wissen, ob die Mehreinnahmen von rund 75.000 Euro Zweitwohnungssteuer berücksichtigt wurden, die sich durch den Bau von rund fünfzig neuen Eigentumswohnungen in diesem Winter (Flugplatzsstraße, Buschhaus, Hotel Hultsch) ergeben. Westermann: "Die Insulaner, die die Infrastruktur hier aufrecht erhalten, sollten entlastet werden. Daher sollte auch eine Erhöhung der Zweitwohnungssteuer zur Debatte stehen."
Patron räumte ein, dass das Mehr an Zweitwohnungen noch nicht berücksichtigt wurde. Meint Habbinga machte den Vorschlag, das Konzept gemeinsam zu überarbeiten, die Einnahmenseite in den einzelnen Positionen zu betrachten und zudem über Einsparungen nachzudenken. Einstimmig wurde der Punkt an einen Arbeitskreis, der aus den Mitgliedern des Ausschusses bestehen soll, verwiesen. Der Bürgermeister wies aber noch mal eindringlich darauf hin, dass in diesem Jahr noch ein Beschluss durch den Rat gefasst werden müsse.
Ebenfalls einstimmig wurde die Verwaltung ermächtigt, entsprechend der Nachtragshaushaltssatzung 2011 Kredite im Vermögenshaushalt in Höhe von 198.100 Euro und im Vermögensplan der Kurverwaltung von 444.000 Euro aufzunehmen und legte die Konditionen fest. Zudem wurde die Genehmigung erteilt, weitere Kredite in Höhe von 367.877 Euro zur Umschuldung/Zinsanpassung zweier Darlehen aufzunehmen. Durch den Ablauf der Zinsbindung für diese Darlehn können nun zur Ablösung deutlich geringere Zinsen in den Ansatz gebracht werden.
Ebenfalls einstimmig votierte der Ausschuss dafür, dass die Inselgemeinde wieder an der Erdgasausschreibung der Kommunalen Leistungsgesellschaft (KWL) in Hannover teilnimmt. Der Gemeinde ist verpflichtet, den Bezug von Erdgas und Strom regelmäßig auszuschreiben. Dieses kann selbstständig erfolgen oder durch einen anderen Anbieter. Die KWL - ein Tochterunternehmen des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund - schreibt den Bezug europaweit aus. Auf Grund der großen Menge von Teilnehmern (2011 hatte sich 42 Kommunen an der Gasausschreibung beteiligt) kann die KWL einen relativ günstigen Preis bei der Ausschreibung erzielen. Es geht dabei um die Gaslieferungen ab dem 01. Oktober 2013 für zwei Jahre. Die Kosten für den Erdgasbezug im Jahr 2011 beliefen sich bei der Gemeinde auf 116.147,72 Euro.