Nach der erfolgreichen ersten Aufführung von „Sing my song and tell my story“ im Terrassensaal (JNN berichtete) gab es kürzlich dort eine weitere Premiere. Unter dem Titel „Gestatten Morgenstern! - Gedichte hören, riechen und basteln“ stellt Kantor Stephan Reiß das Leben und Wirken des Dichters Christian Morgenstern (1871 – 1914) vor.
Zwei Jahre lang brachte Reiß „Schiller! - Gedichte hören, sehen und schmecken“ auf die Bühne (wer bei diesem Abend noch nicht dabei war, hat am Montag, den 1. Juli um 19:30 Uhr nochmal die Gelegenheit dazu); sein zweiter Lyrikabend mit Morgenstern ist indes ganz anders. „Morgenstern muss man anders angehen als Schiller,“ so umreißt es Reiß. Während sich der Schillerabend rund um zwei große Dramen rankt, hat Morgenstern viele kleinere Werke geschrieben.
Doch das Leben von Morgenstern – auch wenn er nur 43 Jahre alt wurde – war aufregend genug und bot Reiß viele Themen. So erlebten die Zuschauer eine unterhaltsam-absurde Irrfahrt vom Galgenberg bis in die Alpen, viel Platz nimmt auch die Zeit in Berlin und in Norwegen ein, wo Morgenstern die Werke von Ibsen übersetzte. Beeindruckend das schauspielerische Können des Organisten, was man besonders bei einem Monolog des Peer Gynt (2. Akt, Im Rondegebirge) erleben konnte. Mimik, Gestik und die sich laufend ändernden Stimmlagen, es war sehens- und hörenswert
Aber man erlebte noch viel mehr Morgenstern und hörte ihn auch musikalisch. Reiß hatte zu einigen Gedichten passende Melodien komponiert, die er nun Vokal mit Klavier, Miniorgel oder Akkordeon vortrug. Wer Stephan Reiß kennt, der weiß, dass es bei ihm nicht ohne Musik geht, so sang und spielte er unter anderem die „Nieswurz-Sonate“, „Der Lattenzaun“ oder „In der Halle des Bergkönigs“ von Edvard Grieg. Auch Mozart durfte mit dem Andante aus der A-Dur-Sonate (KV 331) nicht fehlen, die Verbindung zu Morgenstern lag darin, dass dieser die Musik des großen Komponisten sehr geschätzt hatte. Viel Freude machte auf einer Nordseeinsel natürlich der „Nebel im Wattenmeer“ und „Meeresbrandung“, die Morgenstern wohl bei oder nach einem Aufenthalt im Sommer 1905 auf Sylt und Föhr geschrieben hatte.
Reiß selbst legte Wert auf authentische Details, so stand für „Die Schreibmaschine“ tatsächlich eine alte Maschine aus der Morgenstern-Zeit auf dem Tisch, ebenso war die Kleidung mit Fliege und Schiebermütze der Zeit angepasst. So erlebten die Zuschauer/Zuhörer einen kurzweiligen und etwas anderen Abend, im Untertitel „Gedichte hören, riechen und basteln“ kam das Riechen durch Räucherstäbchen, beim Basteln gab es indes eine kleine Panne, denn die Zuschauer konnten – oder sollten können - in der Pause einen Würfel mit Alpenmotiven (wo Morgenstern lange war) ausschneiden und basteln. Der kleine Bastelbogen war Teil der Eintrittskarte, allerdings wurde vergessen, Eintrittskarten rauszugeben, vielmehr waren diese erst ganz verschwunden. Dem Abend tat das aber keinen Abbruch, man nahm es mit Humor.
Die Premiere kam übrigens schneller zustande, als ursprünglich geplant, sagte Stephan Reiß im JNN-Gespräch. Eigentlich sollte diese erst im September und dann in Wien stattfinden. Da aber das Projekt Musiktheater „Sommernachtstraum“ abgesagt werden musste, wollte Reiß diese Abende anders ausfüllen, so kam der Morgenstern-Abend schon früher und zudem hier auf Juist auf die Bühne.
Für die Technik sorgte wieder Julia Reiß, ebenfalls dabei war das Veranstaltungsteam der evangelischen Kirchengemeinde, die für den Getränkeausschank sorgte (Ein Teil der Mannschaft ist auf dem letzten Foto zu sehen). Das nächste Mal wird Morgenstern nun am Montag, den 29. Juli um 19:30 Uhr im Terrassensaal zu erleben sein. Da die Anzahl der Sitzplätze dort begrenzt sind, ist eine Voranmeldung unter der Telefon-Nummer 04935/9109131 notwendig.
TEXT UND FOTOS: STEFAN ERDMANN