Es war ein langer und holpriger Weg, bis nach umfangreichen Bauarbeiten und der Erstellung eines neues undnmodernen Ausstellungskonzeptes im April 2023 das Nationalpark-Haus wieder seine Pforten öffnete. Es entstand eine aktuelle und interaktive Ausstellung, die bisher großen Anklang bei den zahlreichen Besuchern gefunden hat. So kamen 2023 rund 21.000 Ausstellungsbesucher, im Jahr 2019 (letztes Jahr vor Corona) lag diese Zahl bei 15.000.
Im Juli dieses Jahres erfolgte die offizielle Einweihung im Beisein von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) und dem Chef der Nationalparkverwaltung, Peter Südbeck. Aber bereits seit 1990 gibt es das Nationalpark-Haus im Alten Bahnhof auf Juist. Zuvor war dieser Bereich der Güterboden, wo durch die Reederei Norden-Frisia die Frachtwagen der Inselbahn entladen, die Ware kommissioniert und auf die Wagen der damaligen Spedition Jüchter zur Auslieferung verladen wurde. Das war mit dem Aus der Inselbahn im März 1982 nicht mehr nötig, es herrschte acht Jahre lang Leerstand, bis die Reederei diesen Teilbereich für 30 Jahre kostenlos der Inselgemeinde zur Verfügung stellte, um hier eine Ausstellung zum Thema Nationalpark Wattenmeer zu installieren. Das passierte dann erst unter der Führung der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, später übernahm der BUND diese Aufgabe.
Zum 25jährigen Jubiläum gab es 2015 erste Pläne für eine neue Ausstellung, so Hausleiter Jens Heyken, „doch es erwies sich komplizierter als gedacht“. Nach drei Jahren wurden alle Pläne über Bord geworfen, denn die Reederei als Hauseigentümer favorisierte einen kompletten Neubau. Es wurden entsprechende Anträge für die Baumaßnahmen und die neue Ausstellung gestellt, aber aufgrund der geplanten Größe – die Reederei wollte zu sehr in die Höhe bauen – wurden die Bauanträge abgelehnt.
Trotzdem wurde dem Team rund um Heyken die Gelder für eine neue Ausstellung in Aussicht gestellt, sofern schnellstmöglich ein sinnvolles Konzept dafür eingereicht würde. Zusammen mit der Nationalparkverwaltung, insbesondere dessen Leiter Peter Südbeck, wurden gleich acht verschiedene Konzepte erarbeitet. Auch gab es zwischendurch mal Ideen, das Nationalpark-Haus an eine andere Stelle – angedacht war der Bauhof an der Billstraße – neu einzurichten, um das zugesagte Geld einsetzen zu können. Das wurde dann aber schnell wieder verworfen.
Im Herbst 2020 ging es dann los, das Team des Nationalpark-Hauses begann eigenständig mit dem Abbau der alten Ausstellung, anschließend folgten fast zwei Jahre Arbeiten an den baulichen Gewerken, sprich die Sanierung des Gebäudes, dass 1935/36 erbaut wurde. In den 1,5 Millionen Euro, die für die neue Ausstellung vorgesehen waren, waren auch weitere notwendige Verbesserungen enthalten, so ein neuer Fußbodenbelag, eine Vergrößerung des Büros, verbesserte Toilettenräume, die Entfernung eines überflüssigen Flures und Umwandlung in eine sinnvoll zu nutzende Fläche sowie eine behindertengerechte Rampe im Eingangsbereich. Zudem entstand ein gläserner Container vor dem Haus, in den das neun Meter lange Skelett eines Zwergwales, der 2001 auf Juist strandete, umgesiedelt wurde, was für mehr Platz im eigentlichen Ausstellungsraum sorgte.
Zur Finanzierung gab es einen Zuschuss aus dem niedersächsischen Förderprogramm Landschaftswerte in Höhe von 900.000 Euro, eine Bedarfszuweisung von 320.000 Euro und weitere 75.000 Euro kamen von der Bingo-Umweltstiftung. Da die dreißig Jahre der kostenlosen Nutzung abgelaufen sind, muss jetzt Miete an die Frisia als Hauseigentümer gezahlt werden. In Anbetracht der für Mietobjekte auf Juist aufgerufenen Summen spricht Heyken aber von einer „recht kulanten Miete“, wegen der erhaltenen Fördermittel gibt es eine Mindestnutzungsdauer von 12 Jahren.
Die interaktive Ausstellung spricht alle Sinne an, man kann sehen, hören, anfassen, mitmachen und vieles mehr. Dem Besucher wird der Nationalpark mit seinen unterschiedlichen Lebensräumen Watt, Salzwiese, Düne, Strand und Nordsee nähergebracht, Schwerpunkte hierbei sind Meeressäuger und die natürliche Dynamik der Insel durch Wind und Meeresströmungen. Mittels einer Kurbel kann man ein Wasserrad antreiben und die Bildung von Wellen und Sandbänken sehen, um dann wieder in einem Buch zu blättern, wo die einzelnen Bilder auf den Seiten sich als Film bewegen. Auf einem großen waagerechten Bildschirm kann man die Entwicklung der Insel sehen und sich alle Infobilder mit einem Fingerwisch nach eigenen Wünschen aufrufen und ordnen.
Auch ein Aquarium mit Lebewesen aus dem Wattenmeer kann man noch sehen, dieser Bereich wurde verkleinert, weil er sehr aufwändig ist, zudem will man lieber die Tiere in ihrer natürlichen Umwelt bei Ausflügen mit den Nationalpark-Haus-Mitarbeitern in die Natur zeigen. Viele Infos kann man per Handhörer akustisch aufnehmen, neben Deutsch auch in Niederländisch und Englisch, zudem sind gedruckte Texte auch in Brailleschrift (Blindenschrift) zu lesen, damit Menschen mit einer Sehbehinderung auch die Ausstellung besuchen können. Weiter lädt eine Kinderecke zum Malen ein und wer eine Pause braucht, kann im Strandkorb einigen Geschichten lauschen.
Es gab nicht nur die neue Ausstellung, sondern auch noch ein Jubiläum in diesem Jahr: Jens Heyken ist seit 25 Jahren Leiter vom Juister Nationapark-Haus. Dabei war das eigentlich ganz anders geplant. Heyken, Jahrgang 1972, ist auf Juist aufgewachsen, es zog ihn aber in die Wälder, denn Förster war sein Berufswunsch. So studierte er Forstwissenschaft in Göttingen, allerdings waren die Berufsaussichten in der Zeit nicht so gut. So machte er im Sommer 1996 ein Praktikum im Juister Nationalpark-Haus bei dem damaligen langjährigen Leiter Walter Stubenrauch.
Zwei Jahre später war Jens Heyken wieder da, diesmal hatte er eine Saisonstelle bekommen. 1999 verließ Stubenrauch die Insel, Heyken übernahm die Leitung und blieb damit endgültig wieder auf seiner Heimatinsel. Damit ist er der zweit dienstälteste Hausleiter, nur Insa Steffens vom Nationalpark-Haus Greetsiel leitet dieses seit 1992 und ist noch länger dabei.
Aktuell bittet das Nationalpark-Haus Juist um Unterstützung. Heyken: „Wir suchen Personen, die uns bei der Anschaffung von 10 Mikroskopen für die Umweltbildungsarbeit unterstützen.“ Dazu gibt es das Crowdfunding-Projekt „Viele schaffen mehr“, dabei werden Projekte der Genossenschaftlichen FinanzGruppe über die regionalen Plattformen der teilnehmenden Genossenschaftsbanken, in diesem Fall die Raiffeisen-Volksbank Fresena eG (die hier „Juister Volksbank“ heißt) organisiert.
Wie das funktioniert und alle weiteren Infos unter: https://www.viele-schaffen-mehr.de/projekte/nlph-juist
TEXT UND FOTOS: STEFAN ERDMANN