Obwohl Uwe Menge nie auf Juist gewohnt hat, zählt er zu den Urgesteinen der Jugendbildungsstätte Theodor Wuppermann (nachfolgend JUBI genannt). Vor 60 Jahren saß er hier zum ersten Mal in einem Segelflieger, zehn Jahre später begann er als Gastfluglehrer, was er dann genau 50 Jahre machte. Doch jetzt muss aus Altersgründen Schluss sein, kürzlich wurde der Gifhorner mit einer großen Feier verabschiedet.
Uwe Menge wurde 1948 in Celle geboren und lebte ab seinem 5. Lebensjahr in Wilsche, was zu Gifhorn gehört. Nach Ende seiner Schulzeit machte er eine Lehre bei VW im nahen Wolfsburg, und diese Firma verließ er erst 2004, als er in den Vorruhestand gehen konnte.
Fliegen wurde schon früh seine Leidenschaft und blieb es bis heute. 1964 kam er zum ersten Mal auf den damaligen Segelflughorst Juist, wie die JUBI damals noch hieß und absolvierte hier seinen ersten Alleinflug. Einer seiner Fluglehrer war damals der im Frühjahr dieses Jahren verstorbene Hans Kolde. Zehn Jahre später machte Menge auf Juist seinen Fluglehrerlehrgang und JUBI-Leiter Kolde holte ihn ins Team der sogenannten Gastfluglehrer.
„Wir Gastfluglehrer fliegen alle in Vereinen,“ so Menge. Er selbst hat eine eigene Maschine und ist Mitglied im Luftsportverein Gifhorn, der seinen Flugplatz in Wilsche (ICAO-Code: EDVQ) hat. „Und wir fliegen alle gerne und ehrenamtlich,“ so Menge weiter. D. h. auf Juist bekommen die Gastfluglehrer und Familienangehörige Unterkunft und Verpflegung, dafür leisten sie eine gewisse Anzahl von Flugstunden als Ausbilder für die Lehrgangsteilnehmer, zumeist Auszubildende von großen Firma.
Wobei „gewisse Flugstunden“ relativ zu sehen ist, Uwe Menge opferte seit 1974 jedes Jahr zwei Wochen von seinem sechswöchigen Jahresurlaub für einen fliegerischen Kurs auf Juist, und als er 2004 als Vorruheständler mehr Zeit hatte, wurden es zwei bis vier Kurse pro Jahr. Zudem kam er oft im Frühjahr und Herbst, um die Motorsegler wieder mit aufzubauen bzw. einzulagern. Alleine in 2023 war er sieben Mal auf Juist, zusammengerechnet drei Monate.
Insgesamt hat Menge in den fünfzig Jahren knapp 90 Kurse gegeben, dabei war er rund 2.700 Stunden mit Schülern in Motorseglern in der Luft über Juist und ist ca. 7.500 Starts und Landungen geflogen. Es gibt eine interne Regelung bei der JUBI, dass Fluglehrer mit 75 Jahren nicht mehr fliegen. Für Menge wurde eine Ausnahme gemacht, der durfte in diesem Sommer noch mit 75 Jahren fliegen, damit er die 50 Jahre zum Abschied voll bekam. JUBI-Chef Jörg Bohn, Mitarbeiter, Gastflugkollegen und der letzte Kurs bereiteten ihm einen unvergesslichen Abschiedsabend.
Uwe Menge wird auch wohl weiterhin zusammen mit seiner Lebensgefährtin Inge Leppin zur JUBI kommen, um in der Werkstatt die Motorsegler zusammenzubauen, zu warten und im Herbst einzumotten: „Aber das ist was anderes als Fluglehrer,“ sagt Menge mit etwas Wehmut in der Stimme, „und es war ein bewegender Moment mit zugeschnürter Kehle, als die letzte Landung mit einem Flugschüler auf Juist stattfand.“ Dennoch wird er weiter in der Luft sein: „So lange ich den medizinischen Check beim Fliegerarzt bestehe, darf und werde ich selbstverständlich in Wilsche weiter fliegen.“
Im übrigens freue er sich, so viel Nachwuchs die Fliegerei näher gebracht zu haben. Er bedauert es, dass die Bereitschaft, einen Fluglehrerschein zu machen, allgemein abgenommen hat. Immerhin benötigt alleine die JUBI bei jedem fliegerischen Kurs rund zehn Piloten mit Fluglehrerlizenz.
Uwe Menge ist wohl auch der letzte Gastfluglehrer/freier Mitarbeiter, der die gesamte Zeit des Bestehens der JUBI mit allen Höhen und Tiefen, sämtlichen Geschäftsführern, dem alten Holztower, die Umstellung von Segelflug auf Motorsegler, den zahlreichen baulichen Erweiterungen und Stammmitarbeitern, die Jahrzehnte dort waren, aktiv miterlebt hat. Gerne erinnert er sich zurück an die Zeiten mit Menschen, von denen die meisten zwischenzeitlich verstorben sind, so wie Hans und Renate Kolde, Walter Pilgrim, Thilo Mannewitz, Helga und Eugen Werner, Georg Lange, Gerd Ahrends, Gabriele Borscz, Theo Konertz oder Heinz Francke.
Aber nun sind Uwe Menge und Inge Leppin erst mal über den Winter nach Wilsche zurück. Natürlich verließen sie die Insel per Flugzeug, denn das Schiff benutzte Menge 50 Jahre lang nur im äußersten Notfall.
TEXT: STEFAN ERDMANN
FOTOS: JUBI JUIST (3), STEFAN ERDMANN (1)