Seit 1896 gibt es in der Hellerstraße das Haus „Seemannstreu“, und die ganzen 125 Jahre im Besitz der Familie Heiken. Seit 1992 wird es von Heike Heiken geleitet, deren Ur-Großvater Johann Jürgens Wäcken (1866-1928) und dessen Frau Gesine Hermine Johanne es erbauten. Heute besteht es aus einer gut ausgebauten Pension, dem Bistro „Störtebeker´s Stuv“ und der Fahrradvermietung "Bei Heike". Ebenfalls zum Betrieb gehören das Eiscafé Heiken in der Wilhelmstraße mit dem Shop „7.Längengrad“ und das Haus „Daniela“ in der Mittelstraße.
Bereits im Jahre 1840 wurde Juist offiziell als Seebad anerkannt. Die vormals vom Fischfang lebende, verarmte Inselbevölkerung erhofft sich davon wirtschaftlichen Aufschwung nach den Vorbildern der touristischen Erschließung anderer Seebäder - allem voran des immer vor Augen liegenden Nachbarn Norderney, das sich bereits seit 1797 Seebad nennen durfte. Der erwünschte Aufschwung bleibt jedoch auf Juist vorerst aus, was unter anderem an der schlechten Verkehrsanbindung zum Eiland lag. 1894 wurde ein hölzerner Anleger gebaut, vier Jahre später nahm die Inselbahn als Pferdebahn ihren Betrieb auf, so erlebte auch Juist endlich einen Aufschwung. Zahlreiche große Hotels wurden ebenfalls in dieser Zeit errichtet.
Der Seemannstreu-Gründer Johann Wäcken war Steuermann und Tischler. Er fuhr zur See und brachte viel Pitch-Pine-Holz aus Südamerika für die Fenster und Treppen im Haus mit. So wurde vieles in eigener Anfertigung hergestellt. Sein Bruder Benno Wäcken wohnte nebenan und hat ihm das Grundstück überlassen, um seinem Bruder für seine Familie den Hausbau zu ermöglichen.
Bis dahin standen um das Grundstück herum nur kleine Inselhäuschen. Von Anfang an war geplant, einen Pensionsbetrieb zu eröffnen und Johann Wäcken hatte mit den siebzehn Gästezimmern (Zimmer 13 gab es nicht) für diese Zeit einen Großbetrieb gebaut. Da musste er sich manche Witzelei gefallen lassen, dass so ein großes Haus beim nächsten Sturm direkt weggeweht wird. Doch als gelernter Schreiner kannte er sich mit Bauarbeiten aus; allen Unkenrufen zum Trotz steht das „Seemannstreu“ seit 125 Jahren sicher an seinem Platz.
Von 1896 – 1950 hat Gesine Hermine Johanne mit ihrer Tochter Johanne Gesine Adriane und ihrer Schwester Hermine Adriane das Haus dann geführt.
Das Ehepaar Wäcken hatte sechs Kinder, Tochter Johanne (1901-1992) heiratete 1937 den Seemann, Milchbarbetreiber (jetzt Restaurant „In`t Veerhues“) Daniel-Geden Heiken aus einer Juister Großfamilie mit 12 Kindern. Die Hochzeit der Großeltern der heutigen Inhaberin als auch die Trauung fand im Haus statt; in der Veranda wurde das Ehepaar getraut und auch gefeiert.
Von 1950-1965 hat Hermine Juliane Duhm, die Schwester von Johanne, das Haus „Seemannstreu“ geführt. Sie wurde früh Witwe, ihr Mann ist an den Folgen einer Lungenentzündung beim Bau des Wasserturms 1928 verstorben, und beide Söhne Gerhard und Hans-Georg (geboren 1920 und 1925) sind jung eingezogen worden und im 2. Weltkrieg gefallen.1952 ist die Hausgründerin verstorben. Hermine Duhm, die auf Juist nur „Tante Mimmi“ genannt wurde, führte das Haus dann alleine bis 1965.
Die Pension (früher gab es noch Frühstück und warmes Abendessen im Haus) von Hans-Heinrich Heiken (1939-2000) und seiner Frau Ingrid übernommen. Hans-Heinrich war der mittlere Sohn von Daniel-Geden und Johanne Gesine, der ältestes Sohn Jakob „Jacky“ (1937) führte später gleich um die Ecke das Restaurant „In´t Veerhues“, welches heute von dessen Sohn Jack betrieben wird. Der jüngste Sohn Johann (1941) führte – um die andere Ecke – das Haus „Daniela“.
Unter Ingrid und Hans-Heinrich Heiken tat sich allerhand im und am "Seemannstreu". Er war ein guter Handwerker (Klempner und Installateur); so entstand gleich im ersten Jahr ein Heizungskeller unter der Küche, eine Heizung und Duschen wurden eingebaut und die Gästezimmer renoviert.
Die jetzige Inhaberin Heike Heiken ist im Haus „Seemannstreu“ aufgewachsen, absolvierte dann in den 80er Jahren eine Ausbildung zur Bürokauffrau in Wanne-Eickel. Hier lebte sie weiterhin, war aber jeweils zu den Sommersaisons 1985 bis 1987 immer wieder auf Juist und hat im elterlichen Betrieb geholfen.
Als sich bei Hans-Heinrich 1992 die gesundheitlichen Probleme häuften, kehrte Heike Heiken zusammen mit Sohn Jan-Daniel (geb. 1988) endgültig zur Insel zurück, um den Fortbestand des Familienbetriebes zu sichern. Bis zum Tod ihres Vaters am 5. April 2000 führten die Heikens den Betrieb gemeinsam, auch wurden die Kinder Katharina (1998) und Simon-Maria (2000) in dieser Zeit geboren.
In diesen Jahren fanden auch weitere Sanierungen und Modernisierungen statt. Heike Heiken hat dabei den Spagat zwischen Moderne und altem Charme super gemeistert. Viele historische Stücke, wie die zauberhafte Wanduhr aus dunklem Teakholz mit handgeschnitztem „Seemannstreu“ Schriftzug, fügen sich heute harmonisch in das helle, maritime Ambiente ein. Zudem engagiert sie sich in ihrer Freizeit auch stark für ihre Insel. Sie ist als Mitglied im Gemeinderat vertreten, ebenso gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des Vereines „Kinner un Lü e.V.“, der sich um die Belange der jungen Insulaner kümmert.
1997 überschrieb Heikes Onkel Johann Heiken, ein eingefleischter Junggeselle, seiner Nichte das Haus „Daniela“ aus Altersgründen. Er lebt weiterhin im Haus, aber die Vermietung der vier Ferienwohnungen erfolgt seitdem über das Haus „Seemannstreu“. Dort selbst befinden sich heute zehn Zimmer, darunter vier Familienapartments mit mehreren Schlafzimmern
2005 kam der Fahrradverleih dazu und 2011 die „Störtebeker´s Stuv“. Hans-Heinrich hatte schon zu Lebzeiten den Wunsch, in der Veranda ein Cafe zu betreiben. Diese Idee nahm Tochter Heike nun in Angriff und erweiterte ihr Angebot um ein „friesisches Bistro“ mit regionalen Produkten.
2015 dann die Chance, den ehemaligen Eisladen/Bäckerei Behring zu kaufen. Die Erbengemeinschaft hat ihr das Haus von Fritz Behring verkauft, denn sie war mit Wattführer Heino Behring verheiratet. Damit blieb es in der Familie. Entstanden ist ein Eiscafe mit vielen regionalen Eis-Produkten. Ebenfalls entstand in dem Gebäude auf der Insel dringend benötigter Wohnraum mit sieben Wohnungen für Mitarbeiter.
Sohn Jan-Daniel Heiken hat 2020 den Eisladen „EisCafeBar“ Heiken von seiner Mutter übernommen. Dieser kann sich auch vorstellen, später Haus Seemannstreu in 5. Generation zu übernehmen, so dass man bei den Heikens guter Dinge ist, dass der Betrieb weiterhin in Familienhänden bleibt.
Zu unseren Fotos:
Das Foto oben auf der Startseite zeigt das Haus „Seemannstreu“ und wurde in diesem Jahr aufgenommen.
Das zweite Bild ist ebenfalls aktuell, darauf ist der Imbiß „Störtebeker´s Stuv“ zu sehen.
Foto Nr. 3 zeigt Heike Heiken, die heutige Inhaberin vom Haus „Seemannstreu“ in 4. Generation
Das historische Foto Nr. 4 wurde um 1900 aufgenommen und zeigt das Haus „Seemannstreu“ zu der damaligen Zeit.
Foto Nr. 5 ist das Repro einer alten Ansichtkarte von Juist. Das Haus „Seemannstreu“ ist genau in der Bildmitte. Jahr der Aufnahme ist leider nicht bekannt.
Foto Nr. 6 ist die Anzeige des Hauses im Prospekt von 1928
Foto Nr. 7 zeigt Hermine Duhm („Tante Mimmi“), die das Haus „Seemannstreu“ von 1950 bis 1965 führte.
Foto Nr. 8 Hier ist Hans-Heinrich Heiken (rechts), der Vater der heutigen Inhaberin Heike bei einem Umzug des Schützenvereines zu sehen. Im Hintergrund das Haus „Daniela“ von seinem Bruder Johann, welches heute ebenfalls mit zum „Seemannstreu“ gehört.
Foto Nr. 9 entstand im Winter 1967/68 und zeigt Johann (links) und Hans-Heinrich Heiken bei der Sanierung der Veranda vom „Seemannstreu“
JNN-FOTOS: STEFAN ERDMANN (3), ARCHIV HEIMATVEREIN JUIST (1), ARCHIV JOACHIM RUST (2), FAMILIENSAMMLUNG HEIKEN (3)