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News: Schüler aus Gelsenkirchen erlebte Müllabfuhr mit Pferden auf Juist

Beigetragen von S.Erdmann am 07. Jul 2022 - 11:58 Uhr

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„Einen Tag bei der Juister Müllabfuhr mitmachen“, das war schon lange der Wunsch des zehnjährigen Jannis Kottkamp. Für den absoluten Pferdefreak aus Gelsenkirchen-Bismarck ging dieser Traum bei seinem jetzigen Juist-Aufenthalt endlich in Erfüllung Möglich machte es der Landkreis Aurich und die fünf Mitarbeiter der Juister Müllumschlagstation und Müllabfuhr. Eine Schicht lang war Dennis dabei, angefangen morgens in der Frühe mit Pferdestriegeln, Müllfahrten durch Dorf und Ostdorf, Entladen an der Umschlagstation und Versorgung der Pferde zum Feierabend, alles machte er mit.

Wie es dazu kam, erzählte Mutter Desiree Kottkamp, die zusammen mit ihrem Mann Andre schon immer im Urlaub nach Juist kam: „Jannis sein erster Juisturlaub war noch im Mutterleib, dann kamen wir zweimal, seit der Schulzeit einmal pro Jahr nach Juist. Jannis war immer begeistert, weil hier alles mit Pferd und Wagen erledigt wird.“ Obwohl er zuhause auch reitet, ist dieser besonders davon angetan, die Tiere auch für andere Tätigkeiten einzusetzen. „Ich will später mit Pferden arbeiten. Entweder als Kutscher oder auch als Pferdefuhrunternehmer,“ so formuliert Jannis schon jetzt seine berufliche Zukunft.

Auch die Müllabfuhr gehört auf Juist dazu und gerne wollte er hier gerne mal reinschnuppern. „Mein Mann und ich sind in der Verwaltung tätig, daher waren wir überrascht, wie schnell und unkompliziert unsere Bitte von der damaligen Landkreis-Mitarbeiterin Sarah Janssen behandelt wurde“, so Desiree Kottkamp weiter. „Eine Freistellungserklärung unterschreiben, die den Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises von jeglicher Haftung ausschließt, falls etwas passierte, dann konnte es schon losgehen.“ - Oder auch nicht. Zwar bekam der Sohn zum achten Geburtstag Anfang März 2020 einen entsprechenden Gutschein, aber 14 Tage später war dann Corona und der Lockdown da, und es war erst einmal lange Zeit nichts mehr möglich.

„Kann ich wohl in diesem Jahr den Gutschein endlich einlösen,“ fragte Jannis, und wieder wurde in Aurich nachgefragt. Inzwischen hatte die Sachbearbeiterin gewechselt, aber auch bei Saskia Röhrig und Günther König stieß die Gelsenkirchenerin auf offene Ohren. Die vor zwei Jahren erteilte Ausnahmegenehmigung wurde erneuert. Bei dieser einzigen Genehmigung soll es auch bleiben. Anfang Juli ging es für die fünf Kottkamps – neben Jannis gibt es noch zwei kleinere Schwestern - nach Juist und man nahm Kontakt mit Klaus Rippe, dem Leiter der Müllumschlagstation auf, um Details und Termin abzusprechen.

Müllabfuhr auf autolosen Inseln mit Pferd und Wagen ist etwas ganz anderes als mit LKWs auf dem Festland. Abfuhrbeginn ist hier zwar auch wie überall, doch an seinem Tag als Müllwerker musste Jannis um fünf Uhr raus aus den Federn. Es ging ins Loog, wo sich Stall und Weide der vier Pferde befinden, die dem Landkreis gehören und die wechselweise eingesetzt werden. Füttern, tränken, pflegen (Jannis: „Ich habe Gustav gestriegelt“) und anspannen, erst dann geht geht es auf den Bock und los. Punkt acht Uhr wuchten am Anfang der Dellertstraße Andreas Pläsier und Cipzian Cotuno die ersten schweren Reststofftonnen in die Leervorrichtung am Wagen und ebenfalls von Hand werden sie nach oben geschwenkt und geleert, während Jannis die ersten Kartons – in dieser Woche ist Papier dran, nächste Woche wieder gelbe Säcke - auf den hinteren Wagen stellt, wo Abbo Bröckelmann sie fachmännisch und platzsparend stapelt. Abbo ist das große Vorbild für den jungen Gelsenkirchener, denn der Juister hat immer mit Pferden gearbeitet und gleich nach der Schule angefangen, Pferdegespanne zu fahren. Erst bei Privatunternehmern, und seit der Landkreis die Müllabfuhr auf den Inseln in Eigenregie durchführt, ist er dort angestellt.

Abbiegen in die Sonnenstraße, dann Carl-Stegmann-Straße, immer mehr Restmüll und Papier füllt die Wagen. Nach mehr als einer Stunde ist der erste Wagen voll, jetzt geht es zur Müllumschlagstation am Hafen, wo Olaf Hollwedel bereits die Müllpresse betriebsbereit hat. Er ist der jüngste Mitarbeiter im Team, erst im April kam er zum Landkreis. Vorher war der Juister viele Jahre im Getränke- und Warenumschlag tätig, womit ihm die Tätigkeiten mit Pferd und Wagen bereits bestens vertraut waren. Bereits um fünf Uhr war er heute schon am Hafen, denn wegen dem frühen Hochwasser war das Entsorgungsschiff schon so früh zur Insel, um 13 volle Container abzufahren, die Hollwedel mittels Verladekran an Bord bringen und Leercontainer entladen musste. Das speziell gebaute Entsorgungsschiff „Störtebeker“ ist derzeit zum jährlichen Werftauftenthalt in Oldersum, daher werden die Müllcontainer von den drei Inseln des Landkreises im Moment mit dem Frachtschiff „Frisia VII“ gefahren.

Vor der Umschlagstation wieder eine Besonderheit, die Pferde werden ausgespannt und der Wagen von Hand bis an die Umrandung der Presse geschoben. Durch eine Hydraulik, die Jannis bedienen durfte, wird der Restmüll dann in die Presse abgekippt. Anschließend wird wieder angespannt, in der Zwischenzeit wechselt Hollwedel den Container, denn Papiersäcke und Kartons müssen noch entladen werden. Von Hand, denn diese Wagen haben keine Kippvorrichtung.

Dann fahren die vier wieder los, nun geht es in der Herrenstrandstraße weiter. An den Mülltagen findet in der Regel zweimal, manchmal dreimal, die Entladung der Wagen am Hafen statt. „Im Sommer ist mehr Hausmüll, im Winter haben wir sehr viel Schutt von den Baustellen,“ erklärt Hollwedel. Und die Besonderheiten einer Insel merkt man auch an der Müllabfuhr: „Kurz vorm 1. Mai, wenn die Bausaison zu Ende ist, kommt unheimlich viel Zeug von den Baustellen. Wenn im Frühjahr die ganzen Bekleidungsgeschäfte und der Einzelhandel neue Waren bekommt, haben wir plötzlich unheimlich viel Papiermüll, sprich Kartons und Verpackungsmaterial.“

Während Hollwedel weiteren Müll von Hotelhausdienern, Privatpersonen oder den – meist polnischen - Hausmeisterdiensten annimmt, wird in den Nebenstraße vom Ostdorf wieder Restmüll und Papier aufgeladen. „Es ist schwer, hierfür Mitarbeiter zu finden,“ so Andreas Pläsier, „der Umgang mit den Pferden will gelernt sein, zudem ist es sehr viel körperliche Handarbeit hier. Mit einem Müll-LKW auf dem Festland ist das nicht zu vergleichen.“ - „Jannis, macht es immer noch Spaß.“ - „Ja, ganz toll,“ sagt er, strahlt dabei und stellt Bröckelmann zwei weitere Papiersäcke auf den Wagen. „Ob Schüler oder Erwachsener, es geht heute schneller, weil ein Mann mehr mit anpackt,“ lobt Abbo Bröckelmann den neuen Eintags-Kollegen.

Nachmittags dann Pferde wieder ins Loog und versorgen, dann ist Feierabend. War es so, wie Jannis sich das vorgestellt hatte? „Nein, es war viel toller,“ antwortet der Schüler. Was ihm am besten gefallen hatte, das konnte er im Anschluß noch nicht sagen, dazu waren es zu viele neue Eindrücke. Aber der spätere Berufswunsch zum Kutscher – heute heißt es übrigens Gespannführer – oder Fuhrunternehmer ist nach diesem Tag für den Gelsenkirchener stärker denn je.

JNN-FOTOS: STEFAN ERDMANN

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