Viele Vermieter auf den Inseln und an der Küste sind sauer. Die Zeichen standen gut, um noch einen erfolg- und ertragreichen November zu haben. Denn zum einen haben Kurverwaltungen, Tourismusverbände, Einzelhandel und Gastronomie gemeinsam attraktive Programme und Konzepte mit passenden Hygieneregelungen erarbeitet, um den sonst so ruhigen Monat mit touristischem Leben zu erfüllen. Zum anderen gab es viele Buchungen, insbesondere von Gästen, die nicht in den Ferien in den Urlaub fahren und deren Aufenthalt im Frühjahr ausgefallen ist. Und auch der Jahreswechsel hätte sehr gut werden können.
„Alleine in unserem Betriebe haben wir im November wegen dem neuen Lockdown einen Ausfall von rund 7.500 Euro“, schimpft Olaf Weers, der auf Juist eine große Zahl von Ferienwohnungen in seinen drei Albatros-Häusern vermietet. Damit ließe sich zumindest ein Teil der entgangenen Ostereinnahmen wieder aufholen, aber was ihn vielmehr ärgert sind die vielen ortsfremden Personen, die er auf Juist überall sieht. Weers: „Das Beherbergungsverbot betrifft ja nur unsere Inselgäste, nicht die Eigentümer von Zweitwohnungen.“ Im Gegensatz zum Frühjahrslockdown, als sich nur Einwohner mit erstem Wohnsitz auf der Insel aufhalten durften, also auch keine Gäste, Handwerker oder Zweitwohnungsbesitzer, dürfen letztgenannte jetzt ihre eigenen Wohnungen nutzen. Es sei für ihn offensichtlich, dass sich auf Juist Gäste aufhalten, die nicht im Besitz einer Eigentumswohnung sind. Und wenn diese sich dort aufhalten, ist das nichts anderes als Touristenbeherbergung. Weers weiter: „Da bei Anreise überhaupt nicht kontrolliert wird, ob es sich um den Besitzer der Zweitwohnung handelt oder um dessen Bruder, Nachbar, Freund, Arbeitskollegen, Bekannten, Eltern, Kinder, usw. fragt man sich ja zu Recht, wie denn sicher gestellt wird, dass hier das Beherbergungsverbot nicht gezielt umgangen wird?“
Der Vermieter steht mit dieser Frage nicht alleine da. „Ja, beobachten wir auch“, stellt Sabine Hinrichs, die auf Baltrum im Haus „Oase“ ebenfalls Ferienwohnungen vermietet und ihren Novembergästen absagen musste. Das Problem sei, dass es in den Verordnungen nur explizit heißt "Vermietung von Ferienwohnungen", nicht aber "Vermietung von Zweitwohnungen" (die aber als Ferienwohnungen genutzt werden). Wer da wirklich anreist und in den Wohnungen sitzt, weiß niemand, denn es werde weder in Neßmersiel noch auf Baltrum kontrolliert, wer da hin und her fahre. Hinrichs: „Ich fürchte zudem, dass unsere Verwaltungsriege die Zweitwohnungbesitzer gar nicht mit angeschrieben hat wegen des Beherbergungsverbotes zu touristischen Zwecken.“
Eine Ansicht, die auch ihr Juister Vermieterkollege Olaf Weers teilt: „Ich habe bemerkt, dass viele gar nicht wissen, dass sie ihre Wohnungen im Moment auch nicht für touristische Beherbergungen nehmen dürfen.“ Nachdem der November-Lockdown erst bis zum 20. Dezember und jetzt bis zum 10. Januar 2021 verlängert wurde, sehen viele Vermieter die immer realer werdenden Gefahr, dass Juist zur Weihnachtszeit und Jahreswende allein den Gästen der vielen Zweitwohnungen vorbehalten bleibt.
„Tagesgäste und Zweitwohnungsbesitzer können kommen. Im rechtlichen Zweifel können sogar „selbstständige“ Berufe (Rechtsanwälte, Ingenieure etc.) hierher kommen und von Juist aus arbeiten. Das wäre beruflich bedingt“, so Bürgermeister Dr. Tjark Goerges, nachdem er auf das Problem angesprochen wurde. Gegenwärtig gibt es keine Kontrollen am Hafen. Er regte Stichproben an und man wolle die Anzahl der Gäste prüfen, da diese ja auch Gästebeitrag zahlen müssen. Letztlich verantwortlich sei aber der Vermieter.
Damit nicht genug, denn diese Woche machte dann ein Bericht auf der Homepage vom NDR die Runde, wonach die Nieders. Staatskanzlei die Auskunft gab, dass bei den Zweitwohnungsbesitzern auch Freunde und Bekannte übernachten dürfen, sofern es nicht mehr als zehn Personen sind. JNN hatte beim Landkreis Aurich nachgefragt, wie man sich das vorstellt, und Pressesprecher Rainer Müller-Gummels bestätigte, dass das Problem schon von den Vermietbetrieben an den Kreis herangetragen wurde. Man wolle dieses im Corona-Krisenstab besprechen, allerdings war von dort bisher noch nicht zu hören.
Auch Juist Bürgermeister Dr. Tjark Georges ging auf der letzten öffentlichen Ratssitzung auf das Thema ein, nachdem seine Mitteilung, die auch auf JNN veröffentlicht wurde, für eine kontroverse Diskussion gesorgt hatte. Dieses besonders im Hinblick darauf, weil er den Zweitwohnungsbesitzern einen Dank aussprach, da für diese die Situation auch nicht einfach sei. Dieses sei so gemeint, dass sie zwar anreisen dürften, aber noch unklar ist, wie es mit dem Familien geregelt wird. Eine Kontrolle wird schwierig werden, dennoch sind Stichprobenkontrollen vorgesehen. Wie das laufen soll, muss aber noch gemeinsam mit dem Kreis ausgearbeitet werden. Der Verwaltungschef hofft, auf der nächsten Sitzung am Montag (07. Dezember) mehr dazu sagen zu können. (Siehe hierzu auch unser Kommentar „Effektive Lösungsmodelle müssen her“ unterhalb von diesem Beitrag).
Unser Foto zeigt eine Ansammlung von Zweitwohnungen an der Flugplatzstraße. Wir möchten darauf hinweisen, dass sich dieser Beitrag nicht explizit auf diese Häuser und ihre Eigentümer bezieht, sondern wir haben nur als Fotomotiv eine Ecke auf Juist ausgewählt, wo eine gehäufte Zahl von Zweitwohnungen zu finden ist.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN
JUIST NET NEWS – DER KOMMENTAR:
Effektive Lösungsmodelle müssen her
Von Stefan Erdmann
Im November – und auch weiterhin, nach derzeitigem Stand mindestens bis 10. Januar 2021 – überall geschlossene Hotels, Restaurants, Pensionen, Bäder, Kurhäuser und Museen auf den Inseln und an der Küste. Und trotzdem überall Fremde, denn im Gegensatz zum Frühjahrslockdown dürfen Tagesgäste und Besitzer von Zweitwohnungen diesmal anreisen. Ob es aber tatsächlich die Wohnungsinhaber sind oder aber hier an Bekannte, Verwandte oder sonstige Gäste munter weiter vermietet wird, dazu finden keinerlei Kontrollen statt, und kaum einer kann erkennen, ob berechtigte Besitzer oder unberechtigte Gäste dort ein- und ausgehen.
Seit dieser Woche steht nun fest, dass das Weihnachts- und Jahreswechselgeschäft auf den Inseln und überall in Niedersachsen – wie schon Ostern - wieder eine Nullnummer wird für die Gastronomie und Hotellerie, die letztlich die Infrastruktur vor Ort aufrecht erhält. Das ist wieder mit hohen finanziellen Einbußen verbunden, und nach dem Ende der Pandemie wird man sehen, wie viele Firmen das nicht überlebt haben. Die Notwendigkeit der getroffenen Maßnahmen stößt trotzdem beim Großteil der Betriebe in der Branche auf ein gewisses Verständnis und wird von diesen mitgetragen. Aber nur, wenn ALLE gemeinsam das tun.
Wenn also Inseln und Küsten zum Jahreswechsel dicht sind, dann kann die Aussage des Bürgermeisters und Kurdirektors, der Vermieter ist letztlich verantwortlich, nicht die Lösung sein. Der Jahreswechsel kann nicht zum Exklusivgeschäft für Zweitwohnungsbesitzer mit vielen „Freunden“ werden. Betroffene Landkreise und Kommunen sind gut beraten, für den Fall effektive Lösungsmodelle zu erarbeiten und dann auch konsequent umzusetzen.