Der Gottesdienst am letzten Sonntag in der evangelischen Inselkirche war ein ganz besonderer, was man schon an der ungewöhnlichen Uhrzeit (17:00 Uhr statt 10:00 Uhr) bemerken konnte. Nach 17jährigerm erfolgreichen Wirken als Pastorin auf Juist wurde Elisabeth Tobaben verabschiedet und von ihren Diensten entpflichtet. Eigentlich hätte sie längst in den Ruhestand gehen können, aber gleich zweimal bekam sie die von ihr gewünschte Verlängerung als Seelsorgerin auf Juist gewilligt.
Das Gottesdienstteam, Kirchenvorstand, Inselkantorei und Kirchenbläser, alle waren zur Verabschiedung gekommen, für den Akt der Entpflichtung war auch Superintendent Dr. Helmut Kirschstein vom Kirchenkreis Norden zur Insel gereist. Unter den Gottesdienstbesuchern befand sich auch Pastor Achim Kunze, der vor 17 Jahren das Amt an Elisabeth Tobaben abgegeben hatte, nachdem er zuvor elf Jahre auf Juist tätig war.
Die scheidende Inselpastorin hielt ihren letzten offiziellen Gottesdienst wie immer, im Predigtext ging es dabei um das Buch Genesis 8, also das Thema Sintflut und die Person Noah. Interessant hierbei auch die Geschichte, als seinerzeit das Lied „Wie mit grimmgen Unverstand“ aus dem Gesangbuch für Niedersachsen und Bremen verschwinden sollte, was ein Kirchenvertreter aus dem Kreis Cuxhaven verhindert hat.
Dann übernahm Superintendent Kirschstein am Ende das Zepter. Dieser verlas zuerst die Urkunde von Landesbischof Ralf Meister aus Hannover, wonach die bisherige Inselpastorin Ende Oktober vom Dienst entpflichtet ist. Kirschstein: „Das war die offizielle Formulierung, ist natürlich viel zu spröde.“
So folgten persönliche Worte, wobei Kirschstein aus einem älteren Visitationsbericht zitierte, welcher – würde es eine Note geben – eine Eins mit Sternchen für Tobaben gegeben hätte. Sie habe sehr viel über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus gemacht, ob es die Ausrichtung der Erntedankfeste, der redaktionellen Erstellung des gemeinsamen Gemeindebriefes von beiden Kirchengemeinden, den Gitarrenkursen, die Mitwirkung bei den Kirchenbläsern mit Querflöte oder Basstuba sowie ihre anspruchsvollen theologischen Vorträge waren. „Wir haben ihre Arbeit sehr geschätzt, sie war ein Segen für die Kirchengemeinde, die Gäste und für Juist“, schloss der Superintendent seinen Rückblick auf das Wirken von Elisabeth Tobaben.
Nachdem Elisabeth Tobaben mit tatkräftiger Unterstützung von Julia Reiß, Ehefrau des Kantors und gelernte Gärtnerin, an der Kirche einen Apfelbaum – der natürlich aus ihrer früheren Heimat, dem Alten Land kam - ging es rüber zum Empfang im Terrassensaal. Groß war hier die Reihe von Ansprachen und musikalischen Darbietungen. Inka Extra und Dirk Weeken vom Kirchenvorstand freuten sich in ihrem Grußwort besonders darüber, dass die scheidende Inselpastorin nur vom Pfarramt ins Gemeindehaus umzieht und weiterhin auf der Insel leben und wirken wird.
Für viel Heiterkeit sorgten Inkas Erinnerungen an die Anfangszeit vor 17 Jahren; man stellte sich hier die Frage bei der neuen Pastorin „Of de woll hier blivt?“ Nachdem sie dann eine Konfirmandenfahrt mit 19 Konfis, darunter ihr Sohn Aibo und ihr Neffe Hauke, erfolgreich hinter sich gebracht hatte, da stand fest „De schafft dat, de blivt hier.“
Inselbürgermeister Dr. Tjark Goerges ging noch mal auf zahlreiche Besonderheiten ein, so Konzerte im Pfarrgarten, Strandtaufen oder die Verlegung des Erntedankfestes vom Kurplatz in den Bereich zwischen Pfarramt, Gemeindehaus und Inselkirche. Ein besonders Zitat von Elisabeth Tobaben sei ihm im Kopf hängen geblieben: „Der Sozialneid untereinander ist hier viel zu groß, die Insulaner sollten sich selbst mehr Ruhe gönnen.“
„Ordeer, ordeer“ mit diesen Worten begann Kantor Stephan Reiß im Namen der Mitarbeiter seine sehr humorige Laudatio auf die scheidende Inselpastorin. Dabei bezog er sich darauf, dass der Parlamentspräsident des britischen House of Commons, John Bercow, am selben Tag ausschied wie Tobaben und zog einige Vergleiche: „Beides Insulaner, die es nicht einfach hatten und sich durchschlagen mussten.“ Es gebe aber durchaus Unterschiede: „Elisabeth trägt nie schrille Krawatten, dafür fährt John Bercow in London grundsätzlich links, was Elisabeth nur macht, denn ihr Navi den Hinweis gibt, sich rechts einzuordnen.“ Zum Schluss seiner launigen Ansprache stellte er fest, dass Remmers keine Nusskürbiskernbrötchen backt. Daher habe er das gemacht und die Neurentnerin sollte doch eben auf die Bühne kommen, um ihre Brötchentüte abzuholen, worüber sie sich sichtlich freute.
Angesichts der zahlreichen Lobreden meinte Schwester Dr. Michaela Wachendorfer von der katholischen Kirchengemeinde „In unserer Kirche würde man sagen, der Heiligsprechungsprozess hat begonnen.“ Sie lobte die gute und unkomplizierte Zusammenarbeit mit Tobaben, die sie schon länger kennt als die Juister, denn beide waren schon 1995 in Göttingen zwar in unterschiedlichen Kirchen, aber im selben Bereich tätig.
Weitere Gruß- und Dankesworte sprach auch Jan Doyen-Waldecker vom Shanty-Chor, denn dieser durfte oft den Konfirmandenraum im Pfarrhaus als Übungsraum nutzen. „Wir habe Dich dann selten gesehen, durften aber dort oft und gerne proben.“ Hierauf die spontane Antwort der Inselpastorin: „Ihr habt mich selten gesehen, aber ich habe euch oft gehört.“
Dieter Brübach von der Juist-Stiftung erinnerte in seiner Dankesrede an zahlreiche unvergessliche Konzerte, welche die Stiftung im Pfarrgarten und in der Kirche durchführen durfte und an die zwei Stiftermahle, die in der Inselkirche stattfanden. Elisabeth Tobaben habe das erste Stiftermahl erst mal gegen den Widerstand von Kirchenvorstandsmitgliedern durchsetzen müssen, erinnerte sich Brübach.
Pastorin Antje Wachtmann, Referentin für Kirche im Tourismus, stellte fest, dass Tobaben die Fahne der Urlauberseelsorge immer hoch gehalten hatte und sich dabei immer als eine kompetente Gesprächspartnerin für die vielen Inselgäste präsentiert hatte.
Ein Gedicht auf die Pastorin gab es von Gisela „Gisi“ Reuter und die 96jährigen Renate Nieter rezitierte die Ballade „Nis Randers“, womit sich der Kreis schloss, da es zu dem zuvor in der Kirche erwähnten und gesungenen „Wie mit grimmgen Unverstand“ passte. Musik kam vom Shanty-Chor, der Gruppe „Inselwind“, von Uda und Guido und von Elisabeth Tobaben selbst, die mit Gitarre und dem selbst verfassten Lied „Ja, auf Juist ist alles anders“ die letzten 17 Jahre Revue passieren ließ.
Nachfolgerin und neue Inselpastorin wird Stefanie Lohmann, die am 1. Dezember um 17:00 Uhr mit einem Gottesdienst in ihr neues Amt eingeführt und von Helmut Kirschstein verpflichtet wird. Für Vertretungspastoren wird die evangelische Inselkirche zudem bestens gerüstet werden, denn nicht nur Elisabeth Tobaben hat weiterhin Hilfe zugesagt, auch ihr Vorgänger Achim Kunze wird am 29. November in Hannover von seinen Diensten entpflichtet, und er will ebenfalls dann seinen Ruhestand auf Juist verbringen.
Unsere Fotos entstanden bei der Dienstpflichtentbindung und dem Segen in der Kirche und beim anschließenden Empfang im Terrassensaal.
JNN-FOTOS: STEFAN ERDMANN