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News: Lebensraumkonzept soll nicht in der Schublade verschwinden

Beigetragen von S.Erdmann am 28. Jan 2018 - 10:30 Uhr

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Das sogenannte „Lebensraumkonzept“, welches im Vorjahr auf der Insel entwickelt wurde, ist inzwischen abgeschlossen, die Ergebnisse wurden kürzlich im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ vorgestellt. Rund dreißig Personen waren dazu erschienen, in der anschließenden Diskussion ging es vordringlich darum, wie man die Ergebnisse auch umsetzen könnte.

Alexander Seiz von der Kohl & Partner Hotel- und Tourismus Consulting war zur Insel gekommen, um das Werk vorzustellen. Das Lebensraumkonzept wurde im vergangenen Jahr mit großem Aufwand erstellt, gefördert wurde das Projekt über die Lokale Aktionsgruppe „Wattenmeer-Achter“ durch das EU-Förderprogramm LEADER. Es begann im vergangen März mit Gesprächsrunden von rund 60 Insulanern und 22 Gruppierungen. Denen folgte der öffentliche Auftakt mit 80 Teilnehmern (JNN berichtete), im Mai dann die sogenannte Zukunftswerkstatt an zwei Abenden mit wieder je 30 bis 40 Teilnehmern. Im Juni dann ein Redaktionsworkshop, die Vorstellung des Projektes im September wurde dann wegen der noch laufenden Saison aus verschoben auf jetzt verschoben.

Nach der Erstellung eines Leitbildes für Juist, welches sich in erster Linie mit dem Tourismus und den Urlaubern beschäftigt, ging es beim Lebensraumkonzept um die Belange und Sorgen der immer auf der Insel lebenden Einwohner. Bereits bei der Auftaktveranstaltung kristallisierten sich die Hauptthemen heraus, die die Insulaner bewegt. Wichtigstes Thema ist zweifelsohne das Wohnraumproblem und die nicht mehr für Normalbürger bezahlbaren Immobilienpreise. Die Abwanderung der Jugend – teilweise auch durch das Wohnungsproblem hervorgerufen – und die Probleme von Menschen im Alter (fehlende soziale Versorgung, kein altersgerechter Wohnraum, mangelnde Mobilität usw.) waren ebenfalls Hauptthemen. Auch Versorgung und Verkehr wird kritisch gesehen.

Auf das Wohnungsproblem ging Bürgermeister Dr. Tjark Goerges ebenfalls ein. Wenn man keine „Premiumbauten wie derzeit an der Billstraße“ erbaut, wo Mieten unbezahlbar seien, könne man auf der Insel bei einer einfacheren Bauweise durchaus Gebäude erstellen, wo Wohnen bezahlbar wäre. Derzeit sei aber einfach keine Fläche zur Bebauung vorhanden, unter anderem auch, weil der Landkreis eine Nutzungsänderung nicht genehmigen will. Goerges: „Der einfachste Weg funktioniert nicht.“ Unter Umständen müsse die Inselgemeinde bei einem Immobilienverkauf eines geeigneten Objektes von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Die Gemeinde selbst suche derzeit Mitarbeiterwohnraum. Goerges: „Wenn jemand bei der Gemeinde mit eigenen Wohnraum aufhört, haben wir Probleme bei der Neubesetzung von dessen Stelle“.

Breiten Raum nahm die Frage ein, wie man die Ergebnisse des Lebensraumkonzeptes weiterführen könnte. Seiz stellte dazu fest: „Nichts ist schlimmer, als wenn man etwas mit viel Energie anschiebt und dann passiert nix mehr.“ Das Konzept dürfe nun nicht in einer Schublade verschwinden.

Man war sich einig, dass die Schaffung von neuem Wohnraum bei der Gemeinde eventuell in Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugenossenschaft verbleiben sollte. Für die anderen Dinge sollte man sich unter Umständen „Hilfe von außen“ holen. Seiz berichtete davon, dass in Baden-Württemberg nicht so beliebte Stadtteile geradezu ausbluten, hier gäbe es einen „Quartiermeister“, eine Art Dreh- und Angelpunkt, der dort für die Dauer von drei Jahren bezuschusst würde.

Ehrenamt, kommunale Interessengemeinschaft oder ein Verein, alle Möglichkeiten wurden angeschnitten. Goerges wünscht sich eine Art „Insel-Koordinator“, allerdings würde hier keine 450-Euro-Kraft ausreichen, um Ideen und Projekte voranzubringen. Sein Rathaus-Stellvertreter Thomas Vodde sprach sich gegen eine ehrenamtliche Tätigkeit aus: „Es gibt hier genug Leute, die mehrere Jobs machen, um zu überleben. Es wird sehr schwer, jemanden zu finden.“ Thomas Koch, Vorsitzender vom Heimatverein, wies darauf hin, dass man die Idee verwerfen sollte, das Amt einem bestehenden Verein unterschieben zu wollen, denn dazu sei keiner finanziell in der Lage. Auch einen neuen Verein sah er kritisch: „Es sind immer dieselben Leute, die sich engagieren und Mitglieder in den Vereinen sind. Ein weiterer Verein bedeutet für diese nur, noch einmal mehr Mitgliedsbeitrag zahlen zu müssen.“

Anfang März will sich nun ein kleinerer Kreis treffen, dort sollen noch mal die Möglichkeiten durchgesprochen werden, ebenso müsse genauer festgelegt werden, was diese Person genau machen sollte. Angela Engel, die als eine der wenigen Ratsmitglieder bei der Veranstaltung dabei war, regte zudem an, der Sozialausschuss solle sich mal mit dem Thema beschäftigen, immerhin hätte dieser seit den Wahlen vor eineinhalb Jahren noch nicht einmal getagt.

Unser Foto zeigt einen derzeit laufenden Neubau an der Billstraße. Früher lebte hier in dem ehemaligen Haus „Edelweiß“ eine Juister Familie mit einem Elektrobetrieb, später ein Juister mit einem Fahrradverleih. Die neuen Wohnungen sorgen zwar für hochwertige Gästebetten, aber für den normalen Insulaner bringen diese Häuser keinen bezahlbaren Wohnraum, was bei der Abschlussveranstaltung zum Lebensraumkonzept als Manko für Juist empfunden wurde.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN

 
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