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Rat und Verwaltung [1]

Rat und Verwaltung: Nur die Hälfte der Tagesordnung konnte abgearbeitet werden

Beigetragen von S.Erdmann am 07. Dez 2017 - 07:45 Uhr

Kaum Beschlussempfehlungen für den Rat, wütende Ausschussmitglieder, arg strapaziere Zuschauer und fast die Hälfte der Tagesordnungspunkte vom Ausschuss gar nicht behandelt, das waren die traurigen Ergebnisse der Sitzungen vom Wirtschaftsförderung- und Haushaltsausschuss sowie vom Bäderausschuss, die am Dienstagabend im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ stattfanden. Da man beide Sitzungen hintereinander auf einen Abend gelegt und die Tagesordnung mit siebzehn zum Teil sehr wichtigen Punkten hoffnungslos überladen hatten, brach Ausschussvorsitzende Heike Heiken (Grüne) die Sitzung nach drei Stunden ab. Laut Geschäftsordnung ist nach maximal drei Stunden Schicht.

Begonnen hatte man mit dem Wirtschaftsförderungs- und Haushaltsausschuss, zügig und einstimmig war der Wegenutzungsvertrag mit der EWE Netz abgehandelt, dann aber zog sich die Sache. Die Nachträge zur Satzung über die Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung waren eigentlich sehr unspektakulär, denn es gab leichte Senkungen, an anderen Stellen leichte Erhöhungen, teilweise im Cent-Bereich. Diplom-Betriebswirt Stefan Plaumann von der Kommuna-Treuhand aus Delmenhorst war zur Insel gekommen und erläuterte sehr ausführlich die Grundlagen der neuen Kalkulationen für die Bereiche. Dabei teilte er mit, dass im Bereich Wasserversorgung in den nächsten Jahren Gesamtinvestitionen von 3,1 Millionen Euro und beim Abwasser rund 3,5 Millionen Euro erforderlich sind.

Die neue Satzung, sprich Gebühren, für das Wasser wurde einstimmig angenommen, beim Abwasser stimmte Meint Habbinga (Pro Juist) gegen die Vorlage. Habbinga sieht in der Satzung keine Gerechtigkeit bei der Berechnung der Gebühren für das Niederschlagwasser, denn hier ist weiter eine Pauschale nach den versiegelten Quadratmetern auf den Grundstücken vorgesehen. Wenn Grundstückseigentümer Investitionen tätigen, um das Wasser nicht in die Kanalisation zu bekommen (z. B. Bau von Zisternen, von wo das Wasser zur Gartenbewässerung entnommen und dem Kreislauf wieder zugeführt wird) würde diese unberücksichtigt bleiben.

Dann kam der erste Knackpunkt, nämlich die Satzung über den Hafenbetrieb. Plaumann führte dazu die Kalkulation aus; hier war ersichtlich, dass eine erhebliche Unterdeckung bei den jetzigen Tarifen für Hafengeld und Kaigebühren vorhanden ist. Diese Unterdeckung ist zu einem Großteil den hohen Baggerkosten geschuldet. Um einen Ausgleich zu erreichen, müssten alle Einnahmen aus dem Hafen um einhundert Prozent erhöht werden. Dass dieses so nicht möglich ist, war allen Beteiligten klar. Die Reederei Norden-Frisia als Hauptkunde habe ihre Preise für das kommende Jahr bereits fertig und veröffentlicht, nun könne man nicht mit gewaltigen Erhöhungen kommen. Bürgermeister Dr. Tjark Goerges sprach von der Wichtigkeit der Gespräche mit dem Reederei, um deren privatwirtschaftliches Interesse und den Belangen der Insel in Einklang zu bekommen. Nicht festzustellen war an diesem Abend, warum eine bereits beschlossene Erhöhung der Gebühren um 15 Prozent im laufenden Jahr nicht umgesetzt wurde. Wegen der vielen Ungereimtheiten schlug Arend Janssen-Visser (CDU) vor, den Punkt abzusetzen und nach Klärung der Fragen im kommenden Jahr neu anzufassen. Über diesen Antrag wurde aber nicht abgestimmt, stattdessen wurde ein weiterer Antrag von Meint Habbinga mit großer Mehrheit angenommen. Dieser sprach sich dafür aus, der Rat solle darüber in der kommenden Woche befinden und der Ausschuss würde diesen Punkt ohne Beschlussempfehlung dorthin verweisen.

Nach der zügigen Auftragsvergabe für die Prüfung des Jahresabschlusses 2017 für den Eigenbetrieb Wirtschaftsbetriebe an die Kommuna-Treuhand schloss Ausschussvorsitzender Gerhard Jacobs (CDU) die Sitzung nach 1,5 Stunden.

Nach dem Wechsel einiger Mitglieder am Tisch begann die Bäderausschusssitzung. Auch hier wurde die Kommuna-Treuhand beauftragt, den Jahresabschluss 2017 für den Eigenbetrieb Kurverwaltung zu prüfen, das Protokoll der letzten Sitzung wurde genehmigt, und damit erschöpfte es sich schon, was der Bäderausschuss an diesem Tag auf den Weg brachte.

Als einer der Hauptpunkte der Sitzung stand der Gästebeitrag (bisher Kurbeitrag oder Kurtaxe) an, wo der Betriebwirt aus Delmenhorst wieder eine ausführliche Kalkulation vorlegte. Kernpunkt war schließlich, dass er eine Erhöhung von 0,45 Cent auf 3,95 Euro je Tag in der Hauptsaison errechnet hatte. Von der Verwaltung kam ein Gegenvorschlag, Kämmerer Peter Jansen kam auf einen Beitrag von 3,70 Euro, dafür wollte er aber den Beginn der Hauptsaison bereits ab Mitte März oder Anfang April vorziehen (bisher ab 1. Mai), ebenso die Zeit um den Jahreswechsel, zudem sollten Kinder ab 6 Jahren (bisher ab 13) zahlungspflichtig werden.

Nun war der Punkt erreicht, wo es Ausschussmitglied Björn Westermann (Pro Juist) reichte. Er war eh ziemlich angefasst, weil er rund eine Stunde im Zuschauerraum auf den Sitzungsbeginn warten musste, und mahnte nun die im Frühjahr beschlossenen Einsparpotentiale an: „Ich sitzen hier, um zu gestalten, nicht, um zu erhöhen!“ Die CDU hätte im Frühjahr viele Einsparungsvorschläge vorgestellt, hiervon seit nichts bearbeitet worden. Auch Angel Engel (CDU) schlug in dieser Kerbe, sie sei mit dieser Situation mehr als unzufrieden.

Der Bürgermeister gab Westermann und Engel im Prinzip recht, man müsse das Preis-Leistungsverhältnis kritisch beleuchten und überlegen, wo man Kosten senken könne, allerdings war dazu in den letzten zwölf Monaten keine Zeit. Ein neuer Rat, neuer Bürgermeister und starker Personalwechsel mit neuen Sachgebietsleitern waren eine große Herausforderung innerhalb der Verwaltung, nun würde der Laden aber rund laufen und im kommenden Jahr könnten diese Maßnahmen erarbeiten werden.

Marketingleiter Thomas Vodde sprach sich gegen einen Kurbeitrag für Kinder aus, die jetzige Regelung würde die Familienfreundlichkeit der Insel unterstreichen. Martina Poppinga (SPD) war auch dieser Ansicht, zudem müsse für Kinder mehr geboten werden. Gerhard Jacobs wies darauf hin, dass eine Ausweitung der Hauptsaison dazu führe, dass diese Abgabe für Erwachsene dann im April eine Preissteigerung von 60 Prozent ausmache, dieses sei nicht einsehbar.

Mitten in diese Diskussion brachte Westermann dann die Frage „Gleich um zehn Uhr ist Schluss, wie geht es dann weiter?“ Jacobs wollte den Antrag stellen, entgegen der Geschäftsordnung die Sitzung um eine halbe Stunde zu verlängern, was aber den Protest von Ausschussmitglied Poppinga und der Gleichstellungsbeauftragten Heike Ahrens hervorrief. Nach drei Stunden Sitzung ließe die Konzentration nach, zumal fast alle schon vorher einen vollen Arbeitstag hinter sich hätten. Außerdem käme man mit einer halben Stunde nicht hin, so Westermann, denn auch die Erhöhung des Fremdenverkehrsbeitrages, die Bereitstellung von Mitteln für den Katalog (Prospekt) 2019, der Gesellschaftervertrag der neuen Werbegemeinschaft der Ostfriesischen Inseln, die Verpachtung von Räumlichkeiten im „Loogster Huus“ und ein Antrag zur Einrichtung eines Kitesurf-Schulungsreviers sollten noch abgehandelt werden. Zwei weitere Punkte mit Anträgen der CDU wurden bereits zum Sitzungsbeginn abgesetzt, weil diese einen Tag zu spät eingegangen waren, sie sollten aber noch bei den Kenntnisgaben der Verwaltung behandelt werden.

Nach einem Vorschlag, die Bäderausschusssitzung am kommenden Montag fortzusetzen, die Sitzung des Verwaltungsausschusses auf Dienstag zu legen, damit der Rat am Mittwoch die Punkte behandeln könnte, wurde die Sitzung unterbrochen, damit Hauptamtsleiterin Sabine Weers, die im Zuschauerraum saß, dazu Stellung nehmen konnte. Sie führte aus, dass der Rat wohl entscheiden könnte, ohne dass der Bäderausschuss beraten hat, die VA-Sitzung sei vorher aber in jedem Fall erforderlich. Nun zog Gerhard Jacobs die Notbremse und beantragte, den Punkt zum Gäste/Kurbeitrag ebenfalls ohne Beschlussempfehlung an den Rat zu geben, danach wurde die Sitzung pünktlich nach drei Stunden abgebrochen und geschlossen.

„Ich wäre besser auf dem Sofa geblieben“, so im Anschluss das Fazit eines verärgerten CDU-Fraktionsvorsitzenden Frank Endelmann. Er ist in keinem der beiden Ausschüsse und hatte drei Stunden als Zuhörer gesessen, um für die Ratssitzung Klarheit zu haben, wie die Ausschüsse entschieden haben und auch die Argumente zu kennen, wie es zu diesen Entscheidungen kam.

 
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  1. http://juistnews.de/artikel/view/Main/Rat und Verwaltung/
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  3. http://juistnews.de/artikel/displaypdf/2017/12/7/nur-die-halfte-der-tagesordnung-konnte-abgearbeitet-werden/