Seit unzähligen Jahren gehören die Kammerkonzerte des ungarischen Kurorchesters auf Juist zu einem unverzichtbaren Bestandteil im Veranstaltungsprogramm der Kurverwaltung, und diese erfreuen sich immer großer Beliebtheit. Dass beim letzten Konzert nur etwa fünfzig Zuhörer kamen, lag daher sicher nur an dem warmen Sommerwetter, dass mehr zum Biergarten oder Sonnenuntergang am Strand einlud, als in den großen Saal vom "Haus des Kurgastes". Diese erlebten indes einen Abend mit sieben hervorragenden Musikern und zahlreichen Programmhöhepunkten.
Der Abend begann mit Mozart, wovon der 1. Satz, ein Allegro, von dessen 4. Violinkonzert in D-Dur (KV 218) zu Gehör gebracht wurde. Das Kurorchester versteht es immer wieder, die Werke so mit ihren Instrumenten zu besetzen, wie man Musiker zur Verfügung hat. Hatte Mozart in seiner Komposition Oboen und Hörner vorgesehen, so setzte Orchesterleiter Gabor Bedö stattdessen Klarinette und Querflöte ein. Als Solist wirkte hierbei der Violinist Miklos Balog, der sich schon hier großen Achtungsapplaus sicherte.
Weiter ging es noch mal mit Mozart, diesmal dem B-Dur Divertimento (KV 229). Der Charme aller fünf Divertimenti, die Mozart zu Papier brachte, liegt in ihrer kompakten Form und in ihrem lichten, sozusagen schwerelosen Satz begründet. Gleich das erste Allegro erinnert an den Anfang bekannter Sinfoniesätze Mozarts und eröffnet doch ein um vieles kompakteres Stück. Als Solisten wirkten Zita Martos (Querflöte), Tibor Achim (Klarinette) und Zoltán Szabó (Violoncello). In allen fünf Sätzen zeigen die drei große Geschlossenheit und gutes Zusammenspiel, alle Stimmen wurden perfekt herausgespielt. Das Rondothema am Schluss hätte ein weniger großer Komponist für eine viel größere Sinfonie aufgespart. Mozart machte daraus ein Capriccio von haydneskem Witz, in dem sich kunstvolle Stimmführung, motivische Pointe und harmonische Überraschung die Waage halten.
Es folgte das Andante und Rondo Opus 25 des österreichischen-ungarischen Komponisten Franz Doppler (1821 – 1883). Neben Querflöte und Klarinette war hier das Klavier, gespielt von Csaba Kiss, als drittes Instrument zu hören. Letztes Stück vor der Pause schließlich Rossinis Sonate in C-Dur. Die drei Sätze wurden von den vier Musikern in der Besetzung Violine (Miklos Balog), Bratsche (Zoltán Kökényessy), Cello (Zoltán Szabó) und Márton Pazár (Kontrabass) mit großer Geschlossenheit und kammermusikalischer Disziplin zu Gehör gebracht. Mit großem und verdientem Applaus wurden die Musiker in die Pause entlassen.
Ein Konzerthöhepunkt stellte danach die Aufführung von drei Sätzen aus dem Forellen-Quintetts in A-Dur (Op. 114) von Franz Schubert dar. Es ist Schuberts einziges Klavierquintett. Den Beinamen erhielt das Quintett übrigens, weil Schubert dem Variationensatz sein Lied "Die Forelle" als Thema zugrunde legte (nach dem Gedicht von Christian Friedrich Daniel Schubart). Das Werk wurde vom Pianisten Czaba Kiss mit aller Souveränität der Technik und Leichtigkeit des Anschlages vorgetragen. Man konnte merken, dass hier ein Vollblutmusiker, der sein Instrument liebt, am Werke war. Begleitet wurde er in der Besetzung Violine, Bratsche, Cello und Kontrabass.
Beim ungarischen Orchester durfte der ungarische Komponist Bela Bartók (1881 – 1945) nicht fehlen. Hier waren noch einmal alle Musiker zum gemeinsamen Spiel auf der Bühne. Dargeboten wurden die "Rumänischen Volkstänze". Es war der rustikale Charme, die unverstellte Authentizität dieser Musik, die den Zuhörer noch einmal in seinen Bann zog. Der kräftige Schlussbeifall hätte eigentlich noch eine Zugabe verdient, doch bei der geringen Zuhörerzahl und der schwülwarmen Luft im Saal war es durchaus zu entschuldigen, dass die Musiker ihr Publikum nach dem regulären Programm entließen.
Unser Foto zeigt die Mitglieder vom Kurorchester am Ende des gelungenen Konzertes.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN