"Hier kann man alt werden", dachte der damals 27jährige Carl Haxsen, als er am 3. Januar 1973 nach Juist kam, um seine neue Stelle als Organist und Diakon bei der evangelischen Kirchengemeinde anzutreten. "Wer fünf Jahre bleibt, der bleibt ganz", sagte ihm damals der pensionierte Schulleiter Willi Troltenier, der auch die Orgel der Kirche spielte. Beide hatten recht. Die Inselpastoren kamen und gingen, Carl Haxsen blieb. Keine fünf Jahre, sondern bis zur Erreichung des Rentenalters. Das reichte nicht, er legte noch freiwillig zwei Jahre drauf. Doch jetzt endete eine Ära, nach genau 40 Jahren verließ Haxsen die Insel.
Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Terrassensaal bei seiner Verabschiedung. Zuvor spielte er noch zum letzten Mal beim Neujahrsgottesdienst, wo er sich zum Ausklang mit einem Stück von Henry Purcell verabschiedete. Die Gottesdienstbesucher dankten ihm mit stehenden Overationen.
Inselpastorin und Kirchenvorstandsvorsitzende Elisabeth Tobaben und der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Carsten Poppinga dankten dem scheidenden Organisten. Poppinga: "Die wahre Lücke wird sich erst ab morgen zeigen, denn Carl Haxsen war nicht nur Organist, sondern er hat noch viele andere Dinge gemacht wie zum Beispiel ein Friedhofskataster angelegt." Poppinga lobte besonders die Tatsache, dass er über seine Pensionierung hinaus noch für zwei weitere Jahre zur Verfügung stand. Sie überreichten ihn ein Fotoalbum, welches ein Abbild seiner umfangreichen Tätigkeiten gab, neben den vielen Gottesdiensten leitete er die Gästekantorei, den Gospelchor und die Kirchenbläser, er führte siebenmal jährlich das bei den Gästen sehr beliebte Dünensingen durch, und mehr als eintausend Konzertabende organisierte er im Laufe der vier Jahrzehnte, wobei er oft an der Orgel selbst mitwirkte. Elisabeth Tobaben: "Wir suchen noch einen Nachfolger, aber so einen vielseitigen Menschen werden wir wohl nicht mehr bekommen." Als besondere Erinnerung von der Kirchengemeinde erhielt er ein Bild von Kirche und Orgel, welches der auf Juist lebende Künstler Friedrich-Carl Fäsing ihm gemalt hatte.
"Wir Insulaner und unsere Gäste werden sie vermissen", versicherte Bürgermeister Dietmar Patron. Wann immer positive Gästeresonanz im Rathaus ankam, dann wurden stets Kirchenkonzerte oder Dünensingen mit genannt. Haxsen würde somit auch eine Lücke im Veranstaltungsprogramm der Insel hinterlassen.
"Auch wir werden ihn vermissen", sagte Schwester Michaela Wachendorfer von der Katholischen Kirchengemeinde, denn auch in dessen Gotteshaus half er oft an der Orgel aus. Sie lobte Haxsen seine angenehme und unkomplizierte Art. Weitere Wortes des Dankes sprachen auch Dieter Brübach von der Juist-Stiftung und Jan Doyen-Waldecker vom Shanty-Chor, dem er in dessen Anfangszeit wichtige Impulse verlieh.
Dankesworte gab es auch von den "Praktikern", so lobte Wilhelm Dopjans aus Schortens, der seit 1993 regelmäßig bei den Kirchenbläsern mitwirkt, die große Geduld, die Haxsen mit den Menschen hatte, die gerne mitwirkten, aber vielleicht nicht so perfekt waren. Elisabeth Eggerking schlug in dieselbe Kerbe, sie dankte Haxsen, weil er es immer verstand, auch die älteren Mitbürger/innen in der Gästekantorei zu integrieren. "Auch mit den plattdeutschen Kindern hat sich Carl viel Mühe gegeben", versicherte Erika Rump, die viele Jahre Kurse in plattdeutscher Sprache für Kinder und Jugendliche durchgeführt hatte. "Es hat immer Spaß gemacht, weil Carl so viele schöpferische Ideen hatte", meine Renate Nieter, die bereits seit Jahrzehnten als Sängerin in der Kantorei dabei ist.
Haxsen zählt als sehr bescheidener Mensch, weshalb er auch kein Freund großer Reden ist. Deshalb verzichtete er auch drauf, gab aber zwischendurch viele Bemerkungen, die seinen großen Humor kennzeichneten. So erhielt er ein "Buntes Verdienstkreuz" unter anderem für "klassische modische Linie", was er mit den Worten kommentierte: "Mein Anzug habe ich vor 37 Jahren bei Eva Heyken gekauft, jeden Sonntag getragen und er ist noch wie neu." Eine besondere Eigenart von ihm war die Zeit der Proben an der Orgel, diese führte er nämlich regelmäßig morgens von sechs bis sieben Uhr durch. Haxsen: "Dann war noch eine herrliche Ruhe im Ort."
Carl Haxsen wird zukünftig in Bücken, einem Flecken in der Samtgemeinde Grafschaft Hoya (Landkreis Nienburg) leben, wo noch Geschwister von ihm wohnen. Wie man hörte, hat er sich dort schon nach einer Orgel umgesehen. Mitte Januar werden sich die ersten Bewerber für seine Nachfolge auf Juist vorstellen.
Unsere Fotos zeigen die Kirchenbläser, die sich mit einem Ständchen verabschiedeten, ein weiteres Bild zeigt den scheidenden Organisten und Diakon Carl Haxsen, das dritte Foto zeigt die Übergabe es Bildes von Friedrich-Carl Fäsing. (V.l.n.r.) Dietmar Patron, Carl Haxsen, Carsten Poppinga und Elisabeth Tobaben.
JNN-FOTOS (3): STEFAN ERDMANN