Die Sommersaison ist zu Ende und damit auch das Veranstaltungsprogramm der Kurverwaltung. Es endete am vergangenen Wochenende mit einem hervorragenden Konzert, zu dem leider viel zu wenig Zuhörer kamen. Doch wer dabei war, der war begeistert vom Programm mit dem Titel "Klassische Momente - Klassik für Sie".
Geplant war eh alles anders, so Veranstaltungsleiter Thomas Vodde bei der Begrüßung. Eigentlich sollte das "Juister Gästeorchester" an dem Abend sein Abschusskonzert geben und dabei zeigen, was sie gemeinsam mit Profis erarbeitet hatten. Doch nur rund zwanzig Anmeldungen gab es in diesem Jahr, die doppelte Anzahl von Musikern wäre für ein Symphoniekonzert nötig. Deshalb kam es zu diesem Konzert mit Klarinette, Geige und Cello. Eigentlich, doch der Violinistin Uta Kunert wurde am Nachmittag eine Blutvergiftung diagnostiziert, und mit dem Rettungsboot "Woltera" wurde sie zum Festland ins Krankenhaus gebracht.
Umso größer ist die Leistung von Sabine Grofmeier (Klarinette) und Ramon Jaffé (Cello) vor diesem Hintergrund zu bewerten, denn das sorgsam erarbeitete und für die Zuhörer gedruckte Programm musste weitestgehend über den Haufen geworfen und durch geigenlose Werke ersetzt werden. Was dabei herauskam, konnte sich wirklich sehen beziehungsweise hören lassen.
Wie geplant begann der Abend mit dem Trio B-Dur (KV 266) von Mozart, allerdings eher als Duo. Doch samtweiche Klarinettentöne und ein singendes Cello sowie ein einfühlsames Zusammenspiel machten die beiden Sätze Adagio und Menuetto zu einem Hörgenuss.
Es folgte die Suite Nr. 1 (BWV 1066) von Bach, die Ramon Jaffé alleine auf seinem Cello vortrug. Jaffés Stärke ist seine überwältigende Ausdrucksfähigkeit, gepaart mit blendender Technik; zudem brauchte er bei dieser Suite Ausdauer, denn immerhin sechs Sätze brachte er zu Gehör. Jaffé ist auf Juist kein Unbekannter, schon oft trat er hier auf. Als Sohn einer Musikerfamilie im lettischen Riga geboren, wanderte er mit seiner Familie zunächst nach Israel aus, bevor er nach Deutschland kam. Seinen ersten Unterricht erhielt Ramon Jaffé bei seinem Vater Don Jaffé, der ihm bis zu seinem Diplom als Wegweiser zur Seite stand. Neben seinen Studien bei David Geringas und Boris Pergamenschikow dienten ihm Daniel Schafran und Sandor Végh als musikalische Leitbilder.
Jaffé spielt öfters und gerne mit Sabine Grofmeier zusammen, doch auf Juist war die Klarinettistin zum ersten Mal dabei. Grofmeier, geboren im westfälischen Marl, absolvierte ihr Klarinettenstudium bei Hans-Dietrich Klaus und Frits Hauser in Detmold, bei Stefan Schilling in Graz und bei Eduard Brunner in Saarbrücken. Zusätzliche künstlerische Anregungen erhielt die junge Musikerin von renommierten Solisten wie Sabine Meyer, Wolfgang Meyer, Ralph Manno, Ulf Rodenhäuser, Kjell. Sie zählt zu den herausragenden Künstlerinnen ihres Fachs und wird mittlerweile von der Presse in einem Atemzug mit den Star- Klarinettistinnen Sabine Meyer und Sharon Kam genannt.
Bei den "Stimmungen eines Fauns" der deutschen Komponistin Ilse Fromm-Michaels (1888 - 1986) glänzte ihr Klarinettenspiel von Schönheit, lebt durch einen blühenden Ton und imposante Ausdruckskraft. Mit ihren langen blonden Haaren und dem hellblauen Kleid war ihr Auftritt nicht nur eine Wohltat für die Ohren, sondern auch für die Augen.
Zwei gemeinsam aufgeführte neuere Stücke gab es danach, nämlich "Summertime" aus der Oper "Porgy and Bess" von George Gershwin (1898 - 1937) und der Libertango von Astor Piazzolla (1921 - 1992). Ein zufriedenes Publikum ging in die Pause.
Danach noch einmal Mozart, diesmal mit einem Divertimento. Geradezu behaglich breiteten sich hierbei die getragenen Töne des Cellos und der zauberhafte Klang des Holzblasinstrumentes bei allen vier Sätzen in perfekter Harmonie aus.
Eine der künstlerisch aufregendsten Begegnungen war für Ramon Jaffé die mit dem 1997 verstorbenen Flamenco-Gitarristen Pedro Bacan. Dieser weihte ihn in die Geheimnisse der faszinierenden Welt des Flamencos ein. Deshalb ist der Flamenco neben der Klassik die große Liebe des Cellisten, und eben ein solcher durfte an dem Abend nicht fehlen. Das Publikum war begeistert von dieser gesteigerten Dynamik und Leidenschaft.
Die Schlussstücke wurden wieder gemeinsam von Klarinette und Cello bestritten und machten viel Freude, besonders das bekannte "Moon River" aus dem Film "Frühstück bei Tiffany" von Henry Mancini (1924 - 1994) und der rasante und flotte "Hummelflug" aus der Oper "Das Märchen vom Zaren Saltan" von Nikolai Rimski-Korsakow (1844 - 1908). Trotz der wenigen Zuschauer gaben die beiden Musiker nach dem begeisterten Schlussbeifall noch eine Zugabe, die ebenfalls begeisterte, nämlich das bekannte Jazz-Musikstück "Take five" von Paul Desmond (1924 - 1977). Zu einem immer wieder gern gehörten Evergreen wurde dieses Stück durch das Dave-Brubeck-Quartett.
Das Konzert wurde durch die Juist-Stiftung unterstützt, ebenso durch Annegret Coordes vom Bio-Hotel "Haus AnNatur". Hier waren die beiden Künstler untergebracht und nach dem Konzert fand dort noch eine kleine Feierstunde statt, die von Annegret und ihrer Mitarbeiterin Magdalena mit sehr viel Liebe ausgerichtet wurde. Immerhin gab es gleich zwei Anlässe, nicht nur das Konzert auf Juist, sondern um Mitternacht hatte Ramon Jaffé zudem Geburtstag. JNN gratuliert dazu nachträglich noch ganz herzlich.
Unser Foto zeigt Sabine Grofmeier und Ramon Jaffé bei ihrem Auftritt auf Juist.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN