2013 war ein weiteres Rekordjahr für die Seehundzahlen im Wattenmeer. Die trilaterale Seehundexpertengruppe (Trilateral Seal Expert Group) teilte mit, dass noch nie seit Beginn der Seehundzählungen 1975 so viel Tiere erfasst wurden. Seit dem letzten großen Seehundsterben im Jahr 2002, dem fast die Hälfte der Population zum Opfer fiel, nehmen die Bestände kontinuierlich zu, nun bereits im zehnten Jahr in Folge. Allerdings blieb der Zuwachs mit 2% unter dem der Vorjahre zurück. Die Experten schließen somit eine generelle Verlangsamung des Populationswachstums nicht aus.
"Die Seehunde im Wattenmeer bilden eine stabile Population und wir sind, wie in den vorherigen Jahren, begeistert von dieser positiven Entwicklung", folgerte Jens Enemark, Leiter des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats in Wilhelmshaven, verantwortlich für die Koordination des Seehundmonitorings. "Die Stabilisierung der Seehundbestände ist eine Erfolgsgeschichte und ein wunderbares Beispiel für die gemeinsamen Bemühungen diese populären Bewohner des Weltnaturerbes Wattenmeer zu schützen."
Der erfassbare Bestand aus dem deutschen, dänischen und niederländischen Wattenmeer belief sich zum Zeitpunkt der Zählungen auf 26.788 Seehunde. Im Einzelnen konnten in Dänemark 2.759 (bei 613 Jungtieren), in Schleswig-Holstein 8.342 (3600), in Niedersachsen und Hamburg 8.082 (1.373) und in den Niederlanden 7.605 (1.403) Tiere gezählt werden. Obwohl die Gesamtzahl der Seehunde im Wattenmeer somit um 2% anstieg, wurden insgesamt 4% weniger Jungtiere gezählt.
Vergleicht man die ermittelten Zahlen in den einzelnen Regionen, stellt man fest, dass in Dänemark eine Abnahme von 30% und in Schleswig-Holstein von 10% zu verzeichnen war. Dem gegenüber stehen Zunahmen von 25% und 16% in Niedersachsen/Hamburg und in den Niederlanden. Die diesjährig beobachtete Tendenz einer Verlagerung der Seehundbestände nach Westen, untermalt die hohe Mobilität der Tiere, die so vermutlich auf Einflüsse wie verfügbare Nahrung, Fortpflanzungsbedingungen und etwaige Störungen reagieren. "Diese beobachtete Mobilität unterstreicht die Notwendigkeit von koordinierten Zählungen innerhalb eines abgestimmten Zeitfensters, um die tatsächliche Anzahl der Seehunde im gesamten Wattenmeer erfassen zu können" fügt Jens Enemark hinzu. Berücksichtigt man die Tatsache, dass sich Seehunde viel im Wasser aufhalten und rechnet diese Tiere in die Zählergebnisse mit ein, korrigiert sich die Gesamtzahl auf 39.400 Tiere in 2013.
Für die Kegelrobben stellt sich die Situation etwas anders dar: Obwohl ein Zuwachs an Jungtieren verzeichnet werden konnte, war die Zahlen der adulten Tiere, die während des Fellwechsel gezählt werden konnten, deutlich geringer als im Vorjahr. Die diesjährigen Zählungen der Kegelrobben während der Periode des Fellwechsels im März und April, ergaben einen Bestand 2.785 Tieren, was einem Rückgang von 31 % im Vergleich zum Vorjahr entspräche. Die Zahl der Jungtiere hingegen stieg vor allem durch Zuwächse in den Niederlanden und auf Helgoland an. Der gezählte Rückgang der Kegelrobbenpopulation hat laut den Mitgliedern der Expertengruppe vermutlich mehrere Gründe: Zum einen war der Winter 2013 außergewöhnlich lang und hart, was den Fellwechsel verschoben hat und sich deshalb zum Zeitpunkt der Zählflüge vermutlich viele Tiere im Wasser aufgehalten haben. Ferne könnte das schlechte Wetter einhergehend mit eingeschränkter Sicht während der diesjährigen Zählflüge die Zählungen beeinflusst haben. Die niedrigen Temperaturen könnten außerdem die alljährlich beobachtete Zuwanderung von Tieren, vor allem aus britischen Gewässern, verzögert haben. Nach Einschätzung der Experten ist der Rückgang der Gesamtzahlen weniger dramatisch als die aktuellen Zähldaten belegen, da der Bestand der Jungtiere kontinuierlich zunimmt.
Bild: © Svend Tougaard