Nie waren die Zeiten günstiger, um über Geld zu sprechen, als heute! - Und über Geld zu reden, das kann trotz Finanzkrise und Rettungsschirmen viel Freude machen - zumindest, wenn man eine Vorstellung des Finanzkabarettisten Chin Meyer besucht. Rund einhundert Zuschauer taten dieses jetzt auf Juist, wo der Künstler sein Programm "Der Jubel rollt" im großen Saal vom "Haus des Kurgastes" präsentierte.
Und sie jubelten am Schluss tatsächlich, denn Chin Meyer schaffte es, das Publikum fast zweieinhalb Stunden vortrefflich und kurzweilig zu unterhalten. Viele Comedians gelingt das nicht, Meyer - oder besser "Steuerfahnder Siegmund von Treiber" - präsentierte sich temperamentvoll, witzig, schlagfertig und brillant. Um den anwesenden Steuerflüchtlingen die erste Million zu erleichtern, erklärt er mit intelligentem Witz und sprühenden Humor komplexe fiskalische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Dabei wird das Publikum mit eingebunden, so verteilt er Formulare für die Selbstanzeige genauso wie Anträge auf Hartz 5 und stellte anhand von Fragen fest, dass bei den Arten des Geldverdienens auf Juist die Arbeit erst an siebenter Stelle kommt. Und auch dafür, dass die Gäste aus Nordrhein-Westfalen im Saal überwiegend in den hinteren Reihen saßen, wusste Meyer zu begründen: "Sie gehen schon mal in Deckung wegen der CD."
Mit Hornbrille und biederem grauen Anzug berichtet von Treiber davon, dass nicht nur Steuerhinterzieher der Feind des Steuerfahnders sind, sondern das Finanzamt selbst ebenso. Verlesene Auszüge aus seinem Tagebuch zeugen von den Unbilden mit Kollegen und Vorgesetzten: "Als Osama bin Laden vor Jahren erklärte, er würde alle Schäfer wecken, sie glauben nicht, was da los war bei uns im Amt."
Gemischt mit kurzen musikalischen Einlagen und Verwandlungen, z.B. in die Rolle des amerikanischen Marketinggenies Jack, ging es flott weiter. Da wird das gute alte Finanzamt in eine moderne "Cash Agency" umgewandelt oder die Steuererklärung mit "Science Fiction Document" neu betitelt.
Multitalent Meyer ging auch auf andere Themen ein, so die vielen Kochshows im TV ("Jeder, der eine Polizeikelle vom Kochlöffel unterscheiden kann, darf heute im Fernsehen kochen") oder die vielen Magazine, die sich nur mit der Frage beschäftigen, wie alt die Neue von Lothar Matthäus ist. Er stellte fest, das Norderney die Insel für Leute ist, die es nicht bis Sylt geschafft haben und bemängelte mangelndes Kundenvertrauen bei den Banken: "Wir sollen all unser Geld den Banken anvertrauen, aber ihre Kundenkugelschreiber werden mit einer Kette und einem Gewicht gesichert." Auch die Politiker mussten herhalten, besonders die FDP, und natürlich bot auch Christian Wulff reichlich Gesprächsstoff.
Auch die beiden Zugaben hatten es in sich: Der in Berlin lebende Kabarettist, Schauspieler und Kolumnist, der eigentlich Christian Meyer heißt, besang das Liebesleben eines Zuschauerpärchens, die diese Geschichte erst zuvor erzählten, und er rockte bei einem Song von "Karl-Heinz". Unablässiges Lachen und viel Zwischenapplaus füllten den Raum, dankbar wurden die "Steuererklärungsbierdeckel" in Empfang genommen, die lang anhalten Ovationen am Ende eines gelungenen Abends waren mehr als verdient.
Unser Foto zeigt Chin Meyer während seines Auftrittes im "Haus des Kurgastes".
JNN-Foto: Stefan Erdmann