Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hat die wasserrechtliche Genehmigung zur Verlegung eines Unterseekabels zwischen der geplanten Gasplattform nordwestlich von Borkum und dem Windpark Riffgat trotz heftiger Kritik erteilt. Das teilt der NLWKN-Geschäftsbereich Naturschutz am Freitag, dem 19. Juli mit. Zugleich ordnete er für alle Genehmigungen die sofortige Vollziehbarkeit an. Umweltverbände und die Stadt Borkum kritisieren diese Entscheidung scharf.
Gasförderung soll noch im Dezember beginnen
Der niederländische Konzern ONE-Dyas bezeichnete die Entscheidung des NLWKN als „gute Nachricht“ für die Versorgungssicherheit, die Wirtschaft und das Klima. Dank der Förderung aus dem Gasfeld N05-A müssten Deutschland und die Niederlande weniger Erdgas importieren. ONE-Dyas will noch im Dezember 2024 mit der Gasproduktion unweit des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer beginnen, wie Geschäftsführer Chris de Ruyter van Steveninck betonte. Die Plattform soll bald an ihren Standort geschleppt werden.
Die Deutsche Umwelthilfe, der BUND Niedersachsen und die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland hatten gegen die Kabelverlegung Widerspruch eingelegt, da sie die dauerhafte Zerstörung geschützter Riffe befürchten. Der Widerspruch hatte die Arbeiten bisher gestoppt. Die drei Organisationen kündigten an, weiter rechtlich gegen die geplanten Gasbohrungen vorzugehen. BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner: „Die rot-grüne Landesregierung ist vor dem Konzern eingeknickt. Für die Nordsee und das Wattenmeer ist das eine Katastrophe.“ Erst 2023 hatte Greenpeace in dem Gebiet wertvolle Riffbiotope entdeckt. Die Umweltverbände sehen den Hinweis des Umweltministeriums kritisch, der den Einsatz von Fräsen untersagt und eine schonende Verlegetechnik vorschreibt. Felsen und Steine, die für die Trasse verschoben werden, müssen im Nahbereich bleiben, um dort neue Riffbiotope entstehen zu lassen. Mit der Genehmigung verbunden ist die Auflage, dass ONE-Dyas deutlich höhere Ersatzzahlungen zu leisten hat. Die Frage, ob die Gasförderung im deutschen Gebietsteil mit dem Umweltrecht vereinbar ist, sei laut Umweltministerium kein Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für das Seekabel gewesen. Die Entscheidung über Erdgasbohrungen seitens des Landesbergamtes (LBEG) steht noch aus, so das Ministerium.
„An meiner kritischen Sicht auf das Gesamtprojekt aus Klimaschutzgründen neue fossile Gas- oder Ölförderungen abzulehnen, ändert sich aber nichts“, betonte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne). Niedersachsen setze bei der Energiewende auch künftig auf den Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee. Die Borkumer Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz (Grüne) bedauerte die Entscheidung des Landesbetriebs: „Jetzt bleibt nur noch der Klageweg gegen die erteilte Genehmigung des NLWKN.“
Stadt Borkum zeigt großes Unverständnis:
Das NLWKN hat die Genehmigung zur Verlegung eines Kabels von der Erdgasplattform zum Offshore-Windpark Riffgat erteilt. Die Stadt Borkum, Juist und Umweltorganisationen hatten gegen die ursprüngliche Genehmigung aus 2022 Widerspruch eingelegt, da damals keine Hinweise auf Steinriffe vorlagen. Nach Untersuchungen von Greenpeace wurden diese jedoch bestätigt.
Die Stadt Borkum zeigt großes Unverständnis über die Wiederaufnahme der Genehmigung, die es ONE-Dyas erlaubt, Teile der Riffe gegen Ausgleichszahlungen zu zerstören. Rechtliche Schritte werden derzeit geprüft, heißt es von Seiten der Borkumer Stadtverwaltung.
Übte Konzern Druck auf die Regierung aus?
Erst am Montag hat die Deutsche Umwelthilfe ein Schreiben öffentlich gemacht, in dem ONE-Dyas die Landesregierung angeblich unter Druck setzen wollte. Der Konzern droht darin mit Klagen und hohen Schadensersatzforderungen, sollte der Weg für die Gasförderung nicht frei gemacht werden.
Um den Bau der Förderplattform wird schon seit längerer Zeit gestritten. Der vorgesehene Standort befindet sich rund 20 Kilometer vor Borkum etwa 500 Meter hinter der deutschen Grenze auf niederländischem Gebiet zwischen den Inseln Schiermonnikoog und Borkum. In der Nähe liegt das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer, dessen Welterbekomitee die Situation weiterer Öl- oder Gasförderungen auf ihrer Agenda hat. Die Bohrung soll auf niederländischem Gebiet erfolgen und horizontal auf deutsches Territorium weitergeführt werden.
TEXT: BORKUM ERLEBEN/ANDREAS BEHR
ARCHIVFOTO: STEFAN ERDMANN