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Aus der Region: MSC ZOE gerät nicht in Vergessenheit

Beigetragen von JNN am 07. Jan 2022 - 10:08 Uhr

Bild 0 von MSC ZOE gerät nicht in Vergessenheit [2]

„Die Jahre gehen ins Land seit dem riesigen Containerverlust der MSC ZOE vor unserer Nordseeküste”, ärgert sich SDN-Vorsitzender Gerd-Christian Wagner, zugleich Bürgermeister der Stadt Varel „Ganz zu schweigen von den teilweise noch größeren Ladungsverlusten weltweit.” Viele gute Worte seien immer wieder gefallen, aber konkrete Maßnahmen ließen, zumindest an der deutschen Küste, immer noch auf sich warten.

„Hier ist noch immer kein höheres Maß an Sicherheit in Sicht.” Ganz im Gegenteil sogar, erinnert er aufs Neue an die stetig bestehende Gefahr durch immer größer werdende Schiffe und deren Container sowie besonders auch deren Inhalt. Zudem wiesen gerade Containerschiffe, im Unterschied zu den meisten anderen Frachtschiffen, den Umstand auf, dass selbst die Schiffsleitungen meist nicht wüssten, was in den von ihnen transportierten Containern wirklich geladen ist.

Offensichtlich wurden bisher weder Regelwerke, die lediglich auf einem 100 Meter langen Schiff basieren und mit einer Korrekturformel für Schiffe bis 300 Meter rechnerisch erweitert wurden, noch Laschsysteme oder die Stabilität der Boxen an die extrem größer werdenden Schiffe angepasst. Galt die EMMA MAERSK vor nur eineinhalb Jahrzehnten mit ihren rund 15.000 TEU Ladekapazität als Entwicklungssprung und Ende des Größenwachstums, erreichten moderne Schiffe heute schon gut 25.000 TEU. Und die 30.000 sei planerisch auch schon keine Utopie mehr. „Dieser technische Gigantismus ist geprägt von einer Art Natur und Kostenignoranz.” Denn alles, außer reine Betriebskosten für die Schiffe, würde von anderen „Kassen” beglichen, wie Steuerzahlern, Küstenbewohnern, Hafenbetreibern, Versicherungen und letztlich der Natur.

So erweise sich insbesondere die Beladung an Deck von Containerschiffen als ein Thema, das besonders kritisch zu bewerten sei. Galten aus Sicht der SDN vor gar nicht einmal so vielen Jahren schon fünf bis sechs Container-Lagen an Deck als äußerst kritische Ladehöhe und acht Lagen übereinander aus Winddruck-, Seeschlags-, Stabilitäts-, Gewichts- und Sicherungsgründen als deutlich zu viel, sind es heute nicht selten sogar zehn bis elf Container an freier Luft zum Turm gestapelt. Und das auch noch, ohne stabilisierende Verbindung zu den bis zu 23 Nachbartürmen. Oder die einzelnen Container in ihrer eigenen Stabilität verbessert zu haben; geschweige denn die verwendeten Haltetechniken und -praktiken. Dem Container würde ganz offensichtlich eine Schutzhüllenfunktion zugeschrieben, die der seit Jahrzehnten unveränderte Stahlblechbehälter gar nicht erfüllen könne, ist sich Wagner sicher.

„Es ist einfach an der Zeit wirklich umzudenken!“, appelliert der SDN-Vorsitzende an die politische Vernunft. „Wir müssen sofort damit anfangen und nicht nur immer kurzfristige Wirtschaftsziele zum alleinigen Maß aller Dinge machen.“ Vielmehr müssten mögliche Auswirkungen auf die Sicherheit von Nordsee, Natur und Mensch immer mit bedacht und einbezogen werden. Ebenso wie eine stete Minimierung des Gefährdungspotentials durch den Schiffsverkehr. „Und wenn ein Containerschiff sogar mal brennt, ist es fast schon verloren und es droht ein Totalverlust mit allen negativen Konsequenzen, die die Küste nur befürchten kann.”

Grundsätzlich sei das Bestreben in der Frachtschifffahrt wohl eher beherrscht von dem Anspruch, den möglichst großen Laderaum möglichst vollständig und damit effizient sowie weitestgehend kostengünstig auszunutzen. Dabei schienen Kriterien wie Sicherheit, Risikominimierung, Arbeits- und Umweltschutz sowie Kostenehrlichkeit oft nicht an oberster Stelle der Prioritäten zu stehen. „Dabei wäre es aus SDN-Sicht sinnvoll, die Vielfalt transportierter sowie gefährlicher Stoffe zu reduzieren, wie auch eine weltweite Transportverringerung durch eine Umorganisation der Teileproduktion.”

Aber der berechtigten Klage genug: „Besonders wichtig ist mir der Dialog zur Lösungsfindung,” blickt der SDN-Vorsitzende in die Zukunft. „Gerne würde ich, sofern es die Pandemie erlaubt, dem neuen HK-Leiter Dr. Renner meine Aufwartung machen. Mich würde eine Großübung reizen. Die Schadenslage: „Megafrachter havariert, drohender Ölunfall bei komplexer Schadenslage nach Zusammenstoß mit vier Offshore-Windenergieanlagen im Feld Nordergründe’.”

Für die Schutzgemeinschaft SDN gilt es folgendes zu fordern:

- Eine Ausstattung aller Container mit einem echtzeitnahen Meldesystem für die Überwachung wichtiger Parameter wie Erschütterungen, Öffnungs- und Schließvorgänge, Temperaturschwankungen, Position.

- Dem Stand der Technik entsprechende sensorische Überwachung des Zustandes von Ladung und Ladungssicherung an Bord.

- Dem Stand der Technik entsprechende Regelungen zum Stauen von Containern; insbesondere an Deck.

- Dem Stand der Technik entsprechende internationale technische Vorschriften und Standards für die Berechnung von Beschleunigungen.

- Eine anspruchsgerechte Stabilisierung der Container, insbesondere der äußeren Ecksäulen.
- Einsatz von Sicherheitscontainern, die hinsichtlich Stabilität und Ortung eine einfache Bergung ermöglichen und nicht aufgrund großer Fallhöhen zerbersten.

- Dem Stand der Technik entsprechende technische Möglichkeiten für die Besatzung, das Ausmaß der sich entwickelnden Wellen- und Ladungsbelastungen auf Containerschiffen von der Brücke aus zu beurteilen.

- Dem Stand der Technik entsprechende Wartungskontrollen der Lashings.

- Ladungstransparenz für alle unmittelbar beteiligten Stellen.

- Dem Stand der Technik entsprechende internationale Regelwerke zur Sicherung von Containern an Bord.

- Begrenzung der Stapelhöhe von Boxen an Deck.

- Eine Meldepflicht für auf See verlorene Container.

- Sicherstellung einer korrekten Beladung sowie Deklarierung der einzelnen Container.

- Planerischer Ausschluss zu eng getakteter Hafenzeiten.

- Reduzieren der Vielfalt gefährlicher Stoffe wie auch eine Umorganisation der Teileproduktion mit dem Ziel einer weltweiten Transportverringerung.

- Dem Stand der Technik entsprechende Fähigkeiten zur Branderkennung.

- Dem Stand der Technik entsprechende Löschkapazitäten im Verhältnis zur Größe des Schiffes.

- Verstärkte Kontrollen auf den Schiffen durch die entsprechenden Behörden; insbesondere in den Häfen.

- Einführen einer behördlichen Meldepflicht wie auch einer Datenbank für Gefahrguttransporte.

- Weltweit gezielte und qualifizierte Ausbildung der Seemannschaft, insbesondere im Gefahrgutbereich.

- Stete Weiterqualifizierung von Stauern, Crews und Inspektoren zum aktuellen Stand der Technik.

Unser Archivfoto zeigt den Abtransport des am Juister Strand angetriebenen Mülls aus Containern der MSC ZOE

TEXT: SCHUTZGEMEINSCHAFT DEUTSCHE NORDSEEKÜSTE E.V.

JNN-ARCHIVFOTO (aus Januar 2019): STEFAN ERDMANN

 
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