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News: Viel Ärger um Verkauf vom „Seeferienheim“ an Privatinvestor

Beigetragen von S.Erdmann am 06. Dez 2019 - 08:45 Uhr

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Nachdem der evangelische Kirchenkreis Dortmund bereits im Juni 2018 vor dem Juister Bauausschuss verkündete, dass ihr Jugendferienhaus „Seeferienheim“ auf der Insel nur noch rote Zahlen schreibt und größerer Sanierungsbedarf besteht, wurde nun ein Schlussstrich gezogen. Das Jugendfreizeit- und Ferienheim wird es in seiner bisherigen Form nicht mehr geben.

In einer Sitzung am 7. November hat der Kreissynodalvorstand (KSV) des Kirchenkreises Dortmund als bisheriger Eigentümer und Betreiber einen Kaufvertrag mit der Firma Moorkamp Projektbau GmbH aus Steinfeld beschlossen, fünf Tage später wurde dieser dann unterzeichnet. Mit 3,2 Millionen Euro hatte sich die Firma Moorkamp gegen andere Interessenten – auch kirchliche Träger - durchgesetzt.

Der Verkauf wurde JNN durch die stellvertretende Superintendentin Andrea Auras-Reiffen vom ev. Kirchenkreis Dortmund und von Dipl.Ing. Jörg Moorkamp bestätigt. (Die Firma Moorkamp ist auf Juist nicht unbekannt, diese hat das „Achterhus“ (früher Bracht) mit zahlreichen Wohnungen in der Gräfin-Theda-Straße gebaut und vermarktet.) Hinsichtlich weiterer Vertragsbestandteile will die Firma Moorkamp keine weiteren Auskünfte erteilen. „Im Hinblick auf eine mögliche Entwicklung der Liegenschaft können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Informationen geben, da diesseits die Planungen erst begonnen haben und noch keine konkrete oder abschließende Nutzungsidee vorliegt“, teilte Jörg Moorkamp auf Anfrage schriftlich mit. Zudem bat er höflich, aber bestimmt, darum, derzeit von weiteren Anfragen bezüglich des „Seeferienheims“ abzusehen.

„Der Beschluss der Synode sah vor, kirchliche Interessenten bei der Verwertung des Seeferienheimes bevorzugt zu berücksichtigen“, so Auras-Reiffen. Auf einer Bauausschusssitzung, die im Juni 2018 auf Juist stattfand, teilte sie mit, dass unter Umständen die kirchlichen Versorgungskassen VKPB und KZVK das Objekt übernehmen würden. Diese hatte aber lediglich eine grundsätzliche Bereitschaft zur Prüfung einer Übernahme signalisiert und bereits im März 2019 mitgeteilt, dass sie kein Kaufangebot abgeben werden. Auch das Grundstück im Rahmen eines Erbbaurechtes zu nutzen, kam nicht infrage.

In einem Informationsbrief des Kirchenkreises an die Mitglieder der Synode vom 13. November 2019, der JNN vorliegt, heißt es weiter: „Bis Anfang Juli 2019 lagen schließlich fünf Kaufangebote vor. Zwei der Angebote kamen von kirchlichen Trägern, eines davon bezog sich jedoch lediglich auf den Kauf des Dünenhauses. Drei weitere Angebote unterbreiteten private Investoren. Die Angebote beliefen sich für den Gesamtkomplex auf Kaufsummen zwischen einer und drei Mio. Euro. Das Angebot des kirchlichen Trägers, das letztlich in Frage kam, lag dabei weit unter den übrigen Angeboten.“

Dabei handelte es sich bei dem kirchlichen Träger um die Evangelisch-reformierte Kirche in Leer. „Wir betreiben ein Haus mit ähnlicher Zielsetzung auf Borkum, daher haben wir auch über die Übernahme des Seeferienheimes nachgedacht, als wir hörten, dass es zum Verkauf stand“, so Ulf Preuß, Pressesprecher der reformierten Kirche Leer, auf JNN-Nachfrage. Das Haus hätte man in der bisherigen oder ähnlichen Form weiterlaufen lassen, genauere Planungen gab es aber noch nicht. Man habe lediglich die finanzielle Machbarkeit geprüft, wobei man die zu tätigen Investitionen für Erwerb und die notwendigen baulichen Maßnahmen ermittelte. „Für uns war klar, dass es nur läuft, wenn am Ende zumindest eine schwarze Null bei rauskommt“, so Preuß. Auf dieser Grundlage habe man eine Summe für den Erwerb ermittelt und diese als Angebot in Dortmund abgegeben. Preuß: „Allerdings gab es höhere Angebote, womit das Projekt hier in Leer wieder vom Tisch ist.“

In Dortmund hat der Verkauf an einen privaten Investor für viel Ärger und großes Medieninteresse gesorgt, denn es war Wunsch und Empfehlung der Synode, dass ein kirchlicher Träger immer den Vorzug bekommt. „Wir sehen die Umsetzung des Beschlusses kritisch. Das Angebot des kirchlichen Interessenten wurde abgelehnt, der Kirche ging es um den höheren Gewinn“, ärgert sich Irmgard Grupe, eine der Sprecherinnen der Gruppe „Rettet das Seeferienheim“, die unter anderem eine Petition gestartet hatte und sich an vielen Stellen vehement für eine Weiterführung des Angebotes auf Juist eingesetzt hatte.

Bekannt wurde in der Gruppe außerdem, dass die Landeskirche Westfalen in Bielefeld dem KSV auftrug, zu prüfen, ob nicht noch ein höherer Betrag aus dem Verkauf erzielt werden könnte. Das wird auch aus dem Infoschreiben an die Synode deutlich, wo es heißt „Auf Grundlage der landeskirchlichen Vorgaben und Beratung wurden Gespräche mit zwei möglichen Investoren geführt.“ In jedem Fall sind die Initiatoren der Gruppe der Überzeugung, dass der Kirchenkreis nicht korrekt gehandelt und die Empfehlung, einen kirchlichen Träger zu bevorzugen, ignoriert hatte, um den höheren Gewinn zu erzielen.

Der Ball liegt nun bei der Gemeinde Juist. Die Inselgemeinde Juist wurde zwischenzeitlich über den Verkauf informiert, so Auras-Reiffen. Das bestätigte auch Bürgermeister Dr. Tjark Goerges auf der letzten Sitzung des Bauausschusses. Der Gemeinde liegt eine Verzichtserklärung auf ihr Vorkaufsrecht vor, denn auf Juist hat die Kommune bei allen Grundstücksverkäufen ein grundsätzliches Recht auf den ersten Zugriff. „Derzeit werden alle Optionen geprüft und dann dem Rat zur Entscheidung vorgelegt“, so der Chef der Inselverwaltung.

Zudem werden sich Verwaltung, Bauausschuss und Rat genau damit beschäftigten müssen, was auf dem Grundstück passieren soll. „Zuzüglich bietet dieser Partner (Anmerkung: Moorkamp) an, die Entsorgung des Inventars zu übernehmen, was angesichts der Insellage zusätzlich einen geldrelevanten Vorteil für den Kirchenkreis bietet“, heißt es in dem Informationsschreiben von Auras-Reiffen. Auch wenn man sich bei der Firma Moorkamp noch bedeckt hält, was da nun werden soll, lässt die „Entsorgung des Inventars“ schon erkennen, dass dort neue Dinge entstehen sollen.

Auf dem Grundstück des Seeferienheimes liegt allerdings eine Zweckbestimmung, es handelt sich dabei um Flächen für den Gemeinbedarf, wie Karoline Engel, Leiterin vom Bauamt der Inselgemeinde, auf Nachfrage bestätigte: „Im derzeitig rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 10 ist die Fläche als Gemeinbedarfsfläche festgesetzt. Für die Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 4 ist dies bisher ebenso vorgesehen.“ Und weiter stellt sie fest: „Als Stadtplanerin würde ich es sehr begrüßen, wenn die Politik im Sinne der Inselgemeinde auch daran festhält.“

„Der Beschluss der Synode, den Gebäudekomplex mit Grundstück zu verkaufen, ist nicht mehr umkehrbar“, stellt Irmgard Grupe in Dortmund traurig fest: „Aber wird diese Zweckbestimmung aufgehoben, ist für alle Zeiten die Nutzung der Anlage für Kinder- und Jugendfreizeiten sowie Senioren und Familien nach fast 90 Jahren verloren“.

In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es auf Juist eine Unzahl von Heimen und Herbergen mit rund 2.000 Kinderheimplätzen, wo Jugend- und Kindergruppen zu Ferienfreizeiten oder Klassenfahrten kamen. Viele davon kommen heute noch mit ihren Familien als Urlauber zur Insel. Da diese jungen Menschen also die Gäste von Morgen sind, hätte man es auf Juist am liebsten gesehen, wenn mit dem „Seeferienheim“ als eines der letzten Objekte dieser Art alles so weiter gelaufen wäre wie bisher. Auch bot das Heim immer eine gewisse Zahl von Dauer- und Saisonarbeitsplätzen auf der Insel, die nun ebenfalls wegfallen.

Unser Foto zeigt das Dellerthaus im Westen des Grundstücks, es ist das größere der beiden Unterkunftshäuser.
JNN-ARCHIVFOTO: STEFAN ERDMANN

 
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