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Rat und Verwaltung: Neujahrsempfang mit neuem Bürgermeister und Orgelmusik

Beigetragen von S.Erdmann am 18. Jan 2017 - 21:23 Uhr

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Sehr viel mehr Zuhörer als in den Vorjahren kamen in diesem Jahr zum Neujahrsempfang der Inselgemeinde Juist. Der Trausaal war rappelvoll und für viele Teilnehmer gab es nur Stehplätze. Wahrscheinlich waren viele Bürger neugierig darauf, dass der neue Bürgermeister Dr. Tjark Goerges zu sagen hatte, bzw. wollen ihn überhaupt kennenlernen.

Erstmalig musste der Empfang ohne die jungen Mädchen der Cheerleader-Gruppe stattfinden, nachdem deren Leiterin Bettina Suk-Langbein die Insel zwischenzeitlich verlassen hat. Im Anschluss an den Empfang bestand die Möglichkeit, in der evangelischen Kirche ein Orgelwerk von Dieterich Buxtehude zu hören, womit Kantor Stephan Reiß zeigen wollte, wie die Orgel nach einer umfangreichen Renovierung im vergangenen Jahr jetzt klingt. Dadurch löste sich der Empfang im alten Warmbad sehr schnell auf, und weitere Gespräche fanden nicht mehr statt.

In seiner Ansprache ließ Goerges noch mal die Höhepunkte des abgelaufenen Jahres Revue passieren. Dabei ging er auf folgende Punkte ein: Eröffnung neuer Kindergarten mit Wohnungen, Afrikatag, Stiftermahl mit Tag der Bürgerstiftung und Benefiz-Konzert der Luftwaffe, Renovierung der Orgel der evangelischen Kirche, Gewinn des Preises „Juist unplugged – Nachhaltigkeit hinter den Kulissen“ und das 60jährige Jubiläum der Jugendbildungsstätte Theodor Wuppermann. Neu war auch eine Totenehrung für ehemalige Ratsmitglieder und Mitarbeiter der Gemeinde, die im Vorjahr verstorben sind.

Hier die komplette Ansprache von Bürgermeister Dr. Tjark Goerges:

Liebe Juisterinnen, liebe Juister, meine sehr geehrten Damen und Herren,

„Wir haben gelernt, wie die Vögel zu fliegen, wie die Fische zu schwimmen, doch wir haben die einfache Kunst verlernt, wie Brüder zu leben.“ An diesen Satz des amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King fühle ich mich erinnert, wenn ich auf die dramatischen Ereignisse des abgelaufenen Jahres zurückblicke - weltweit, aber auch vor unserer Haustür. Wenn wir die letzten zwölf Monate in Gedanken an uns vorbeiziehen lassen, kommt uns vieles in den Sinn: Anregende und aufregende Zeiten liegen hinter uns, Geschehnisse voller Dramatik und Tragik bestimmten die Tage. Gutes und Schlimmes lag, wie oft im Leben, nahe beieinander.

Wie gut, dass wir auf einer Insel leben: Hier ist alles etwas anders. Trotzdem sind bei vielen Menschen Zweifel gewachsen. Zweifel daran, ob alles „Machbare“ auch richtig und sinnvoll ist und Zweifel daran, ob alles Wünschenswerte auch tatsächlich geleistet werden kann. Viele unter uns fragen sich auch, ob der einzig richtige Weg zu einer menschengerechten Gesellschaft die Vermehrung wirtschaftlicher Güter ist. Ob uns jeglicher Fortschritt weiterbringt, ob es manchmal nicht nur vermeintlich ein Fortschritt ist, wenn wir stets den Maßstab „größer weiter, mehr“ gelten lassen. Die Zweifel daran wachsen. Deshalb sehen immer mehr Menschen es als richtig und notwendig an, dass wir uns auf die Werte besinnen, die das Zusammenleben für uns alle menschlicher und damit im besten Sinn wertvoller machen. Weniger Eigensinn und mehr Verantwortung sowie Stärkung des Gemeinsinns ist ein Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Die Einsicht alleine reicht allerdings nicht aus. Wir müssen uns aktiv zu unseren Werten bekennen und uns für sie einsetzen.

Deshalb müssen wir unseren Blick dorthin lenken, wo unser Einsatz und unser Engagement dringend gebraucht werden. Dorthin, wo wir klar und unmissverständlich erkennen, was wir mit unseren Möglichkeiten erreichen können. Und das ist nicht wenig. Manchmal sind es die Menschen in unserer nächsten Umgebung, die wir allzu leicht übersehen, deren Not und Hilfsbedürftigkeit wir vielleicht auch gar nicht sehen wollen. Denn es ist nicht immer ganz einfach, dort anzupacken, wo wir persönlich gefordert sind, wo wir vielleicht auch den Mut und die Standfestigkeit zeigen müssen, sich für eine Sache einzusetzen.

Optimistisch darf uns aber stimmen, wie sehr die Bereitschaft zur Hilfe am Nächsten wächst. Es ist nicht zu übersehen, dass Solidarität und Verantwortungsbereitschaft kein Fremdwort in unserer lnselgemeinschaft sind. Gerade in unserem Gemeinwesen gibt es immer wieder erfreuliche Beispiele gelebter nachbarschaftlicher Hilfen. Nicht nur Organisationen fühlen sich zur Hilfe aufgerufen. Auch Einzelpersonen packen mit an, wenn es darum geht, Mitmenschen beizustehen. So entsteht im besten Sinn eine Bürgergesellschaft, die nicht von Egoismus, sondern von gegenseitiger Zuwendung gekennzeichnet ist. Dieser Gedanke führt mich zurück in das letzte Jahr und die mir präsenten Ereignisse.

Bevor wir uns den schönen Momenten des letzten Jahres widmen, möchte ich mit ihnen einen Moment innehalten und den der Gemeindeverwaltung und dem Rat Verbundenen gedenken.

Bereits am 8. Januar 2016 verließ uns Herr Harm Freese im Alter von 77 Jahren. Der Vollbluthotelier, engagierte sich nicht nur als Ratsmitglied langjährig für die Insel und prägte viele Entscheidungen auf der Insel.

Am 22. Februar 2016 ging Herr Onno Folkerts nach siebenundsiebzig Jahren von uns. Er unterstützte zweiundzwanzig Jahre lang mit seinem Fachwissen die Tätigkeiten des Bauhofes.

Am 30. April 2016 verstarb der ehemalige stellvertretende Kurdirektor, Veranstaltungsleiter und Standesbeamte Herr Karl Pilz im Alter von 96 Jahren. Er gehörte zu den Menschen, die Juist nach dem Krieg wiederaufbauten und als Seebad entwickelten. Auch ich gehöre zu denjenigen, deren Geburtsurkunde von ihm gezeichnet wurde.

Am 29. November 2016 entschwand Herr Günther Orth im Alter von 88 Jahren. Während seiner fünfundzwanzigjährigen Tätigkeit in der Gemeinde lernten wir seine Fähigkeiten als Strandvogt und Badestrandaufsicht kennen und schätzen.

Wir trauern mit den Angehörigen und werden allen Genannten ein ehrendes Andenken bewahren.

Trotz der tragischen Momente im letzten Jahr gab es Highlights des Jahres, die ich mit lhnen aufwerfen möchte. So wurde am 22. Mai 2016 nach mehr als zweijähriger Bautätigkeit der Kindergarten eingeweiht. Zuvor wanderten alle Beteiligten mit einer Prozession von der evangelischen Kirche zum Kindergarten. Der Kindertagesstättenverband unter der Regie des evangelisch-lutherischen Kirchenamtes ist der Träger der Kindertagestätte. Insgesamt kann der neue Kindergarten fünfzig Kinder aufnehmen. Das Gebäude neben der Inselschule beinhaltet einen Krippen-, einen Aufenthalts-, einen Sport-, einen Kreativ- und einen Gruppenraum für ältere Kinder, eine geräumige Küche, einen großzügigen Waschraum und ein tolles Freigelände. Frau Linkenheil leitet den Kindergarten und strahlt mit Ihrem Team sympathische Freude aus, die sich direkt auf die Kinder überträgt. Wir wünschen lhnen viel Erfolg und immer eine Handbreit Windel in den Kinderhosen. lm Dach des Kindergartens ist Platz für vier Wohnungen, so dass wir im Vergleich zum alten „Schwalbennest“ keinen Wohnraum verlieren. Das alte „Schwalbennest“ ist Anfang Dezember 2016 endgültig veräußert worden. Ja, mir tut es im Herzen weh, diesen Schritt zu begleiten. Allerdings wäre der Neubau ohne die Veräußerung nicht möglich gewesen. Das Thema Wohnungsnot ist ganz oben auf unserer To-Do Liste. Wir werden den geschaffenen Dauerwohnraum quantifizieren und in diesem Jahr weitere Schritte einleiten.

Am 8. August 2016 fand bereits zum sechsten Mal der sogenannte "Afrikatag" auf dem Kurplatz der Insel Juist statt. Dieses Event stellt zum einen eine große Bereicherung im Veranstaltungsangebot der Insel dar, zum anderen wird hierdurch immer ein nennenswerter Erlös für einen guten Zweck erwirtschaftet. Mit Angeboten für Klein und Groß geht der Erlös dieses Festes wie immer an die "Naume-Kinderstiftung" in Gulu, Norduganda. Langfristiges Ziel dieser Stiftung ist der Bau und Betrieb einer Schule, um den Kindern eine gute Zukunft zu sichern. Das Afrikafest ist eine Kooperation der Kurverwaltung Juist, Abteilung Strandsport sowie des lnselarztes Dr. med. Paul Okot-Opiro. Dieser hat die Naume-Stiftung nicht nur ins Leben gerufen, sondern er wirkt darin - wie auch seine Ehefrau, Frau Dr. Heike Göttlicher - im Stiftungsvorstand mit. Ich kann nur sagen: Weiter so!

Das traditionelle Stiftermahl der JUIST-Stiftung fand am 17. September 2016 in der Strandhalle statt, zu dem sich einhundert Stifter einfanden. Die Besonderheit in diesem Jahr war das zehnjährige Jubiläum der JUIST-STIFTUNG. Hauptredner war der Regionalkurator der „lnitiative Bürgerstiftungen für Niedersachsen“, Herr Gebhard Hitzemann. Neben vielen Gesprächen über das Thema Stiftung sowie Anregungen und ldeen, konnten fast 3.000,00 Euro dem Stiftungs- vermögen zugeführt werden. Zum zweiten Mal erreicht die JUIST-STIFTUNG in der Statistik der „Stiftung Aktive Bürgerschaft“ einen Platz unter den „Top Ten“ aller 400 Bürgerstiftungen in Deutschland. Diese Bewertung freut alle Beteiligten, weil sie die gute Arbeit der Stiftungsorgane von neutraler Seite bestätigt.

An den Folgetagen fand der Tag der JUIST-STIFTUNG auf dem Kurplatz statt. Dies war auch gleichzeitig der Juister Beitrag zum alljährlich bundesweit stattfindenden „Tag der Stiftungen.“ Wie in den Vorjahren traten viele Juister Tanz- und Musikgruppen sowie Chöre auf. Außerdem präsentierten sich viele Juister Vereine, wie z. B. der Heimatverein und das DRK und berichteten aus der Vereinsarbeit und über die Kooperation mit der JUIST-STIFTUNG. Weitere Höhepunkte waren die Vorführung der Juister Feuerwehr, die ihr Sprungkissen und das neue Rettungszelt präsentierten. Beide Projekte wurden zusammen im letzten Jahr mit 7.000,00 Euro von der Stiftung gefördert.

Dank des Engagements der Feuerwehr spielte das Luftwaffenmusikkorps aus Münster zu einem Benefizkonzert zu Gunsten der JUIST-STIFTUNG auf. Auch hier kamen über 2.600,00 Euro zusammen, die das Stiftungsvermögen erhöhen. Wie Sie sehen, kann engagiertes Handeln richtig Spaß machen.

Ein weiteres Highlight des letzten Jahres war die Renovierung der Orgel in der evangelisch-lutherischen Kirche. Mitte September wurde durch Herrn Reiss mit einem Eröffnungskonzert nach neunmonatiger Renovierung die Orgel der evangelischen Kirche wieder zum Leben erweckt. Die Finanzierung erfolgte unter dem Motto: 1000 mal 30,00 EURO. Die Landeskirche, die EWE-Stiftung und der Kirchenkreis legten zusammen und konnten den hohen fünfstelligen Betrag aufbringen. Herr Reiss wird uns heute im Anschluss einen Eindruck vermitteln und extra für uns ein Orgelwerk von Dietrich Buxtehude kredenzen.

Am 25. September fand als Herbsthighlight das ökumenische Erntedankfest statt. Es war gut besucht und untermalt die Wichtigkeit, ein Dankfest zu zelebrieren. Den Erlös teilten sich zu je einem Drittel die Naume Kinderstiftung in Uganda, ein Drittel wird zu Gunsten der Friedhofsmauer aufgewendet und ein letztes Drittel ging an den Kirchenförderkreis. Allen Engagierten und Beteiligten gilt ein großes Lob. Vielen Dank.

Am 21. September 2016 überreichte Olaf Lies als Tourismusminister dem zu dieser Zeit amtierenden Bürgermeister Herrn Dietmar Patron den Preis für nachhaltige Konzepte zur Tourismusförderung für das Projekt „Juist unplugged - Nachhaltigkeit hinter den Kulissen“. Impulsgeber für „Juist unplugged“ war das Ergebnis von Gästebefragungen: Das Nachhaltigkeitsengagement der Insel sei für Besucher zu wenig erlebbar. Die Kurverwaltung nimmt diese Anregung auf und plant einen „Blick hinter die Kulissen": Nachhaltigkeit soll an sieben Stationen für den Gast beispielhaft erfahrbar und nachvollziehbar werden. So werden die autarke Wasserversorgung der Insel am Wasserwerk thematisiert, die Solarthermie am Meerwasser- Erlebnisbad, die Abfallreduktion und das Recycling an der Müllstation, soziale Aspekte, wie Bildung und Arbeit in Kindergarten und Schule sowie die Geschichte und Biodiversität der Insel am „Otto-Leege-Lehrpfad“. An der Station „Rathaus“ werden das Gesamtkonzept und die wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit vermittelt. Das geplante Angebot umfasst eine dreieinhalbstündige Fahrradtour, die den Gast emotional und über „Storytelling“ für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren und begeistern soll. „Juist unplugged“ richtet sich an Besucher, die an einem nachhaltigen Urlaub interessiert sind, aber auch an Stammgäste, die neue Seiten der Insel erkunden wollen. Ziel ist es, Besucher zur Nachhaltigkeit zu informieren und konkrete Lösungsansätze zu zeigen; nach- und mitmachen sind erwünscht! Zur Umsetzung der Projektidee erhält der Preisträger ein Preisgeld von 15.000,00 EURO.

Anlässlich des sechzigjährigen Bestehens der Jugendbildungsstätte Theodor Wuppermann e.V. (JUBI) war das Wochenende des 1. und 2. Oktobers 2016 geprägt durch Festreden, Rundflüge, den Live-Auftritt der "Rockhouse Brothers", essen, trinken, klönen und vielfältige Informationen über die Geschichte und heutige Angebote der JUBI. So konnten Einblicke in die Programme für Jugendwerkstätten, Schülerkurse und in das Seminar "Perspektive Juist" für Auszubildende und duale Studenten erzeugt werden. Der Bratschist Francis Norman und das Kinderprogramm rundeten das Jubiläumswochenende ab. Herr Jörg Kutzim, Personalchef von Airbus Deutschland, lies es sich nicht nehmen, bei strahlendem Sonnenschein persönlich auf der Insel vorbeizuschauen. So betont er, dass neben den fachlichen Qualifikationen, Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Selbstlern-fähigkeit in den Mittelpunkt treten. "Fliegen bedeutet Freiheit und Disziplin, es geht also um Gelassenheit und Konzentration. Man wechselt die Perspektive, lernt, planvoll, umsichtig und schnell zu handeln und übernimmt Verantwortung.“ Und obendrein hat man eine Menge Spaß auf Juist, denn neben Fliegen bietet das zwanzigköpfige JUBI-Team in den jeweils zweiwöchigen Kursen weitere Arbeitsgemeinschaften an: Klettern, Segeln, Fotografieren, Bogenschießen, Video, Kunsthandwerk, Ökologie und Musik. Zum Strand sind es 150 Meter. Ein Kurs auf der lnsel schweißt zusammen. So haben in mehr als dreißig Jahren tausende Azubis an den Seminaren teilgenommen. Jedes Jahr kommen bis zu 750 Airbus-Azubis nach Juist. Das Juister Konzept- Erlebnispädagogik mit integriertem Flugunterricht - entstand vor einem halben Jahrhundert, als der Reformpädagoge und Segelflug-Fan Hans Kolde mit dem Leverkusener Industriellen Theodor Wuppermann in Darmstadt zusammentraf. Herr Kolde, der die JUBI später vierzig Jahre geleitet hat, besuchte als Schüler eine Lietz-Schule. lhm schwebte eine Art Fortsetzung dessen vor, was von 1925 bis 1933 als private "Schule am Meer" auf Juist schon einmal als reformpädagogisches Experiment existiert hatte. ln der ganzheitlichen Bildungseinrichtung sollten "gemeinschaftsbildende Kräfte" durch das kameradschaftliche Zusammenleben von Schülern und Lehrern entstehen. Wir drücken dem Team die Daumen, dass sich die Konzepte und neue Ansätze zukunftsgerichtet umsetzen lassen.

Wenn Sie sich diese Veranstaltungen, das damit verbundene Engagement und den Geist, der daraus erwächst, auf der Zunge zergehen lassen, dann wissen Sie, dass Sie auf Juist „mehrgängige Sternemenüs“ serviert bekommen - aber eben nur dann, wenn Sie mitkochen.

Deshalb gebührt Respekt und Dankbarkeit all denen, die diesen Zusammenhalt stärken und sich dafür einsetzen. Es ist eine Kunst, Menschen zu ermuntern ihr Schicksal zu meistern und selbst in die Hand zu nehmen. Diese Kunst ist jeden von uns gegeben, muss aber erkannt und gelebt werden.

Dieser Punkt bringt mich zu einem meiner Lieblingsthemen: „Nudging - sanftes Anstupsen“. Nudge, so heißt die Formel, mit der man andere dazu bewegt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn Menschen verhalten sich von Natur aus nicht rational. Nur mit einer Portion List können sie dazu gebracht werden, vernünftig zu handeln. Aber wie schafft man das, ohne sie zu bevormunden? Wie erreicht man zum Beispiel, dass sie sich um ihre Altervorsorge kümmern, umweltbewusst leben oder sich gesund ernähren? Darauf gibt Nudge die Antwort. Das Konzept hat bereits viele Entscheidungsträger überzeugt, darunter den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Ein konkretes Beispiel gibt uns eine Idee, was damit gemeint ist. Die ruhigste Fliege der Welt, ein kleiner Anwendungsfall: „Wenn Du männlich bist, dann kennst Du das vielleicht schon. Es ist eine unangenehme Wahrheit, aber Männer pinkeln häufig daneben. Nun bringt es nichts, Schilder über den Pissoirs zu befestigen, auf denen steht: Bitte achten Sie, dass sie in und nicht außerhalb der Toilette pinkeln!“. Wie gesagt, vieles geschieht unbewusst. Was aber am Schipol in Amsterdam geholfen und sich seitdem über die ganze Welt verbreitet hat, klingt ulkig. Ja irgendwie schon lächerlich, wenn man bedenkt, dass es funktioniert. An der lnnenseite der Toilette wurde ein Bild von einer Fliege aufgeklebt. Der Ökonom Kieboom untersuchte, ob es zur vermuteten Veränderung kam. Das Ergebnis: 85% weniger geht daneben. Das ist Nudging in ihrer Reinform! Seit ein paar Jahren finden Sie diesen Ansatz häufiger, denn dieser Trick ist mittlerweile weit verbreitet.

Was hat das nun mit uns zu tun? Es gibt mindestens zwei Herausforderungen, die wir in diesem Kontext auf Juist anschauen müssen: Wie können wir unsere Mitmenschen motivieren, sich ehrenamtlich zu engagieren? Wie können wir die Entscheidungsfindung eine Familienimmobilie weiterzuführen, beeinflussen? Nicht dass ich Ihnen jetzt eine Antwort anbieten kann, denn ich arbeite noch daran. Aber, ich bin überzeugt davon, dass wir ein Teil unserer Herausforderungen nicht mit konventionellen Ansätzen lösen können.

Was habe ich noch gelernt? Ja, unsere Gesellschaft ist im Wandel. Das Leben wird schneller und die Ziele ändern sich ständig. Dieser Wertekanon wird jährlich von unterschiedlichsten Marktforschern untersucht und ich möchte Sie mitnehmen in den Werte-Index 2016, der uns zeigt, was in den Sozialen Netzen diskutiert und verarbeitet wird.

Für uns Juister bedeutet dies auch zu verstehen, was unsere Gäste, besser gesagt unsere Zielgruppen berührt und vorantreibt. Wir wissen, dass wir dem Gast ein Urlaubserlebnis anbieten wollen und können. Doch müssen wir auch verstehen, inwieweit gesellschaftliche Veränderungen einen Effekt auf unser erfolgreiches Angebot haben werden. Aus dieser Studie werden die drei wichtigsten Werte herausgestellt: Gesundheit, Freiheit und Erfolg. Abgeleitet heißt dies für uns: Fördern der Möglichkeiten, sich gesund und sportlich zu betätigen. Der Gast ist selbstbestimmt und möchte sich besinnen. Antworten sind sicherlich Thalasso und Wellness. Aber der Geist will berührt werden. Aus meiner Sicht sollten wir deshalb die kulturellen Angebote optimieren und „Mitmachkonzepte“ fördern.

Ein weiteres Ergebnis dieser Studie ist die Erkenntnis, dass die Menschen, je unsicherer sie ihre Umwelt erleben, sich desto stärker an dem orientieren, was sie kennen. Das ist ein ganz starker Ansatz: Juist ist einzigartig und die Elemente müssen hierfür gestärkt werden. Bislang geht dieser Ansatz auch auf und wir, nein Sie, die Sie sich in allen Bereichen engagieren, können mit Stolz auf ein Ergebnis des letzten Jahres von mehr als eine Millionen Übernach- tungen zurückschauen. Die Herausforderung ist es jetzt, dieses Niveau auch in 2017 zu erreichen. Ableitend, allerdings historisch so nicht belegbar, verfolgte auch ein Theologe Namens Martin Luther im Mittelalter den Ansatz mit seinen 95 Thesen gegen den Ablass das Schicksal anders zu interpretieren als es durch die dominierende katholische Kirche im Mittelalter vorgegeben war. Letztendlich resultiert hieraus das Motto: Nimm Dein Schicksal selbst in Hand. Viele Legenden ranken sich um Martin Luther und die Bäume. Er liebte sie und erfreute sich an ihnen, so sah er im frischen Grün der ausschlagenden Bäume im Frühling ein Sinnbild für die Auferstehung der Toten. In den Bäumen soll er die göttliche Gnade im irdischen Leben gesehen haben. „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther einst gesagt haben.

Dieser Ansatz führt mich zu einem Thema, welches uns in 2017 weiter begleiten wird. Wie kann Juist weiterhin eine Pferdeinsel bleiben? ldealerweise sollten sich die Fuhr- und Speditionsunternehmen ein gemeinsames Ziel setzen, um sich dadurch von den treibenden Kräften zu lösen, die versuchen, aus der Entfernung gesetzliche Rahmenbedingungen umzusetzen. Auch hier gilt es, gemeinsam ein Ziel zu formulieren und umzusetzen.

Lassen Sie mich daher am Anfang dieses Jahres ein Dankeschön sagen an alle Bürgerinnen und Bürger dieser Insel, die zu dieser Gemeinschaft ihren Teil beigetragen. An alle, die nicht fragen, was ihre Insel und ihr Land für sie tut, sondern für die im Vordergrund ihres Handels steht, was sie für ihr Gemeinwesen tun können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen den notwendigen Optimismus und Glück für die vor uns liegende Zeit.

Ihr Tjark Goerges

Unser Foto zeigt Bürgermeister Goerges bei seiner Neujahrsansprache.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN

 
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