Einstimmig votierte der Rat der Inselgemeinde Juist am Mittwochabend auf seiner öffentlichen Sitzung für die Anschaffung eines Drehleiterwagens. Für das Fahrzeug des Typs DLA(K) 23-12, das 2008 gebaut wurde, muss die Gemeinde 452.200 Euro brutto bezahlen. Die Finanzierung soll durch die Aufnahme eines Kommunaldarlehens erfolgen.
Bereits seit längerem stand eine Neubeschaffung auf dem Wunschzettel der Gemeinde und besonders der Freiwilligen Feuerwehr. Da bei der bisherigen Drehleiter eine große und kostspielige Reparatur ansteht, entschlossen sich Bürgermeister und Rat in Abstimmung mit der Feuerwehr, schnellstmöglich ein Ersatzgerät zu beschaffen. Weil ein Neufahrzeug ungleich teurer ist und zudem fast ein Jahr Lieferzeit hat, soll nun ein "guter Gebrauchter" her.
Bürgermeister Dietmar Patron führte noch einmal den bisherigen Werdegang aus. Die bisherige Drehleiter wurde im Jahr 2002 angeschafft, es war ebenfalls ein gebrauchtes Fahrzeug, das vorher in der Stadt Rotenburg/Wümme stationiert war. Baurechtliche Verpflichtungen machten damals die Anschaffung notwenig, denn Häuser müssen, insbesondere wenn sie zudem gewerblich genutzt werden (Vermietbetriebe), von jedem Geschoss aus mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege besitzen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Rettung über einen durch besondere Vorkehrungen gegen Feuer und Rauch geschützten Treppenraum (Sicherheitstreppenraum) möglich ist. Ein solches zweites Treppenhaus haben lediglich die große Hotels, die meisten anderen Häuser nicht. Wenn die Gemeinde ein Drehleiterwagen vorhält, dann gilt dieser als zweiter Rettungsweg.
Da die Drehleiter zwischenzeitlich 23 Jahre alt ist, hatte die Feuerwehr bereits vor einiger Zeit die Neuanschaffung beantragt. Der Bürgermeister war auch beim Niedersächsischen Innenminister wegen der Finanzierung vorstellig geworden, dieser hatte jedoch nur an den Landkreis verwiesen, da diese aus Hannover die Mittel aus der Feuerschutzsteuer erhielten. Landrat Weber hatte aber auch keine zusätzlichen Mittel, da die Gelder aus der Feuerschutzsteuer regelmäßig an die Gemeinden verteilt würden, diese erfolge anhand der Einwohnerzahl. Somit habe Juist nicht mehr als 4.000 Euro im Jahr zu erwarten. Er schlug vor, die alte Leiter der Feuerwehr Aurich zu übernehmen, dieses wurde aber von der Wehrführung abgelehnt. Das Fahrzeug sei ebenfalls zwanzig Jahre in Betrieb gewesen, wenn im Einsatz hieran ein technischer Defekt auftrete, dann hätte man aufgrund der Insellage keine Möglichkeit, eine Ersatzleiter zu bekommen.
Nachdem die bisherige Drehleiter nach einem Unfall nicht mehr einsatzbereit war, wurde der Schaden von einem Gutachter untersucht. Dieser hielt eine Reparatur für nicht wirtschaftlich. Der kommunale Schadensausgleich, die Versicherung für solche Fahrzeuge, will lediglich 12.500 Euro erstattet, was in etwa dem derzeitigen Wert des Fahrzeuges wiederspiegelt. Derzeit befindet sich das Fahrzeug beim Hersteller Metz in Karlsruhe. Dieser bot an, beim Verkauf behilflich zu sein, denn neben Feuerwehren gäbe es auch Handwerksbetriebe, die solche Geräte für Außenarbeiten als Hubbühne einsetzen. Die Firma Metz hat der Gemeinde erst einmal ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt, was allerdings mit 238 Euro Leihgebühren pro Tag zubuche schlägt. Das Ersatzfahrzeug wurde aufgrund seiner Größe im Bauhof untergebracht.
Der Gemeinde lagen jetzt zwei Angebote vor, ein Magirus-Iveco für 345.000 Euro und ein Gerät von Metz auf einem Mercedes-Fahrgestell für 452.200 Euro. Der teuere Wagen sei komplett ausgerüstet und entspreche den Wünschen der Feuerwehr, bei dem günstigeren Fahrzeug müsse man zudem rund 20.000 Euro für fehlende Ausrüstung investieren, so der Bürgermeister.
Zur Sitzung hatte die Verwaltung auch Gemeindebrandmeister Thomas Breeden eingeladen, der die Sache aus Sicht der Feuerwehr darstellte. Er nannte es eine gute und richtige Entscheidung, dass man sich 2002 zur Anschaffung eines Drehleiterfahrzeuges entschloss. Mit den auf den Löschfahrzeugen befindlichen Steckleitern käme man lediglich ins zweite Obergeschoss, viele Häuser haben darüber hinaus noch Etagen. Zudem hätten ältere Häuser größere Deckenhöhen, da würden die Steckleitern schon nicht mal mehr bis ins 2. OG reichen.
Die bisherige Leiter sei allerdings in Anbetracht der großen Hotels von der Länge (18 Meter) nicht ausreichend, man müsse das Fahrzeug ganz an die Gebäude ranstellen und hätte keinerlei Reserven. Deshalb habe man ohnehin dafür plädiert, ein größeres Fahrzeug, wo die Länge des Leiterparks 23 Meter beträgt, anzuschaffen. Er und das Kommando hätten sich intensiv mit beiden Angeboten beschäftigt, zudem war der Gemeindebrandmeister in der vergangenen Woche nach Karlsruhe gefahren. Die Wehr möchte gerne das teuere Fahrzeug der Firma Metz haben, was Breeden auch begründen konnte: Dieses Fahrzeug hat ein so genanntes Knickgelenk im Leiterpark, was die Wehr aufgrund der Bebauung auf der Insel als unbedingt notwendig erachtet. Viele Häuser, insbesondere im Ortskern, könnten nur von der Vorderseite über die Straße angefahren werden, an die Rückseite käme man nicht mit dem Fahrzeug. Mit dem Knickgelenk könne man über den Dachgiebel das obere Leiterteil nach unten abknicken und so auch dort den Dachbereich erreichen. Auch könne man mit dieser Einrichtung Hilfeleistung am Hafen bieten, wenn jemand bei Ebbe in den Schlick gefallen ist. Ohne Knickgelenk sei es nicht möglich, mit dem Leiterpark dorthin runter zu fahren. Einen weiteren Vorteil sieht Breeden in der Tatsache, dass das Fahrzeug zusätzlich mit einem Stromgenerator und umfangreichen Scheinwerfern versehen ist, hiermit könne man nachts Einsatzstellen optimal ausleuchten.
Für das Fahrzeug spreche zudem, dass es in den ersten fünf Jahren nicht in einer Großstadt mit einer Berufsfeuerwehr stationiert und somit ewig im Einsatz war, sondern in einer kleinere Kommune, was sich positiv auf den bisherigen Verschleiß ausgewirkt hätte. Für ein Schmunzeln bei den Ratsmitgliedern sorgte die Bemerkung Breedens "es gibt noch Kommunen mit Geld", denn diese habe das Fahrzeug nach nur fünf Jahren in Zahlung gegeben, weil man dort ein neueres und verbessertes Modell anschaffen wollte.
Der Rat schloss sich, nachdem noch einige technische Fragen erörtert und beantwortet wurden, der Meinung des obersten Brandschützers der Insel an. Jan Doyen-Waldecker (Gruppe Bündnis Juist) bemängelte, dass der Kreis es nicht berücksichtige, dass die Inseln aufgrund ihrer Lage mehr Ausrüstung für die Wehren vorhalten müsse. Auf dem Festland würde keine Gemeinde mit 1.700 Einwohnern ein Drehleiterfahrzeug kaufen und finanzieren müssen. Auch Gerd Rinderhagen (CDU), der sich als Kreistagsabgeordneter in Aurich noch mal sachkundig gemacht hatte, bedauerte, dass es keinen anderen Schlüssel zur Verteilung der Mittel aus der Feuerschutzsteuer gäbe.
Nach nur vierzig Minuten stimmt der Rat der Anschaffung und Finanzierung des Fahrzeuges zu. Über die Konditionen des Verkaufs des alten Fahrzeugs soll noch mit dem Hersteller verhandelt werden; in Abstimmung mit der Wehr muss auch noch eine Übergangslösung gefunden werden, wo und wie das Fahrzeug bis zum Bau eines neuen Feuerwehrgebäudes eingestellt wird. Die derzeitige Hallengröße ist nicht ausreichend. Mit dieser Frage will sich das Kommando in Kürze beschäftigen. Der Bürgermeister sprach Thomas Breeden Dank für seine Arbeit aus, er habe die Arbeit der Verwaltung sehr unterstützt, und es verdiene auch Anerkennung, dass er in seiner Freizeit die Fahrt nach Karlsruhe unternommen habe.
Weitere Punkte gab es im öffentlichen Teil nicht, da es auch keine Kenntnisgaben der Verwaltung gab. Außer dem Pressevertreter waren keine Zuschauer vor Ort.
Ein Feuerwehrfahrzeug mit Karlsruher Kennzeichen bei der Juister Feuerwehr. Unser Foto zeigt das Ersatzfahrzeug der Firma Metz, welches als Leihfahrzeug auf der Insel ist. Aufgrund seiner Länge musste es im Bauhof untergebracht werden. Es kam kürzlich bereits bei einer Hilfeleistung in der Friesenstraße, als ein Baugerüst umgekippt war, zum Einsatz.
JNN-Foto: S. Erdmann