Nach knapp eineinhalb Stunden hatte der Rat der Inselgemeinde Juist auf seiner öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend im Dorfgemeinschaftshaus "Alte Schule" eine ganze Reihe von Punkten abgehandelt. So beschloss man, dass die Verwaltung die Möglichkeiten zur Errichtung eines Multifunktionsplatzes prüfen wird. Auch werden die Kinder von Insulanern zukünftig nicht kostenlos ins Erlebnisbad gehen können.
Die Gruppe Bündnis Juist hatte einen entsprechenden Antrag eingereicht. Heike Heiken (Grüne) begründete diesen damit, dass Kinder und Jugendliche von Kurgästen ebenfalls freien Eintritt für 1,5 Stunden täglich erhielten, obwohl sie keinen Kurbeitrag zahlen. Durch die neue Regelung solle eine Gleichbehandlung der Gäste und Juister Kinder erreicht werden.
"Uns fehlen dann jedes Jahr 4.786 Euro an Einnahmen", rechnete Bürgermeister Dietmar Patron vor. Eine Umlegung auf die Erwachsenentarife zum Ausgleich sei nicht möglich. Die Vertreter der CDU fanden den Antrag von der Idee her gut, wollten aber dagegen stimmen, weil es für die Insulanerkinder eine Halbjahreskarte für 25 Euro gäbe. Damit sei das Schwimmen nach Meinung der Christdemokraten ohnehin stark subventioniert. Auch Ratsvorsitzender Jens Heyken (Grüne) empfahl, die Halbjahreskarte stärker zu bewerben; und Meint Habbinga (Pro Juist) tat sich ebenfalls angesichts der Haushaltslage schwer mit der zu erwartenden Verlustsumme. Lediglich Heike Heiken und Jan Doyen-Waldecker stimmten dem eigenen Gruppenantrag zu, womit er keine Mehrheit fand.
Der Rat folgte der Empfehlung vom Bausschuss, der Firma nature-consult aus Hildesheim den Auftrag zur Erstellung eines Vegetationsgutachtens zu erteilen. Dieses ist nötig, da die Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser alle zwanzig Jahre erneuert werden muss, jetzt wieder in 2018. Zur Neubeantragung ist ein solches Gutachten nötig, wo Daten von drei Jahren gesammelt werden. Der erste Nachtrag zur Betriebssatzung für den Eigenbetrieb "Wirtschaftsbetriebe der Inselgemeinde" beinhaltet nur einige redaktionelle Änderungen, deshalb wurde dieser schnell und einstimmig angenommen. Auch der Vertrag zur Finanzierung des Lesenestes auf Juist mit dem Kreisverband Norden der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ging zügig über die Bühne.
Auch über die Vertreter der Beschäftigten der Verwaltung im Bäderausschuss musste noch mal abgestimmt werden. Dieses war erforderlich, weil das gewählte Mitglied Peter Jansen ab Juni nicht mehr bei der Gemeinde tätig ist. Als Mitarbeitervertreter werden nun Carsten Werner und Annette Steinkrauß im Bäderausschuss sitzen. Auch die Reihenfolge der Vertreter/Nachrücker wurde festgesetzt. Dieses sind Stefan Siedelmann, Jochen Büsing und Tabea Kriesten.
Eine längere Diskussion um 100 Euro jährlich entwickelte sich bei dem Punkt, wo es um den Pachtvertrag mit dem Segelklub Juist (SKJ) ging, der seit 2008 die Flächen östlich seines Sanitärgebäudes am Hafen nutzt (Grillplatz, Aufstellung von Material- und Müllcontainer usw.) Für die rund 180 Quadratmeter soll der SKJ zukünftig pro Jahr 250 Euro Pacht zahlen. Diese Summe sei identisch mit den Erträgen anderer Flächen, die die Gemeinde verpachtet hat, so Patron. Björn Westermann (CDU) gab zu bedenken, dass er eine etwa gleich große Fläche vom Land für rund ein Drittel weniger gepachtet hätte; die Pachtsumme der Gemeinde hielt er für zu hoch. Er nannte 150 Euro als angemessene Summe. Nicht so sein Fraktionskollege Frank Endelmann, der sich dafür aussprach, die Gemeinde solle sich an den eigenen Pachtsätzen orientieren. Gerd Rinderhagen (CDU) befürchtete zudem, dass andere Pächter ebenfalls Widerspruch gegen ihre Pachthöhe einlegen würden, wenn der SKJ eine günstigere Summe bekäme. Neben Westermann stimmten auch Jan Doyen-Waldecker, Heike Heiken und Claas Stegmaier (alle Bündnis Juist) für den günstigeren Satz, was aber bei sechs Ablehnungen nicht durch kam. (Das elfte Ratsmitglied - Ralf Lüpkes - fehlte an diesem Abend).
Die Übernahme einer Schutzhütte am Kalfamer durch die Gemeinde sorgte ebenfalls für Gesprächsstoff. Bisher wurden hier abgängige Bauwagen vom NLWKN eingesetzt. Die Nationalparkverwaltung plant jetzt als Ersatz die Errichtung einer Schutz- und Informationshütte, nach Fertigstellung solle die Inselgemeinde diese übernehmen. Da sie sich auf Gebiet des Landes befindet, soll die Gemeinde dann 115 Euro jährlich an Pacht zahlen. Jens Heyken (Grüne) zeigte sich verwundert, dass hierfür Pacht gezahlt werden soll. Hierüber sei das letzte Wort noch nicht gefallen. Außerdem wurde festgestellt, dass man die Hütte nicht gegen von Hochwasser verursachte Schäden versichern kann. Daher wurde der Beschlussvorschlag dahingehend erweitert, dass die Gemeinde nicht für Schäden haftet, die durch Folgekosten aufgrund von Hochwasser entstünden.
Bürgermeister Patron bezifferte die jährlichen Kosten auf rund 1.200 Euro ohne Versicherungsgebühren. Frank Endelmann (CDU) wies auf den Personalmangel im Bauhof hin. Die Mitarbeiter müssen dann auch noch die Hütte hinten im Osten der Insel instand halten. "Warum binden wir uns das an?s Bein?" war seine Frage, die allerdings auch für die Zuschauer unbeantwortet blieb. Dem Beschlussvorschlag wurde schließlich mit der Stimmenthaltung von Endelmann zugestimmt.
Der Bürgermeister informierte darüber, dass Juist derzeit ohne zahnärztliche Versorgung sei. Nachdem Dr. Franz Steiner seine Praxis aus gesundheitlichen Gründen Ende März schließen musste, haben sich wohl einige Interessenten gemeldet, die auf dem Festland eine Praxis haben und auf Juist eine Niederlassung einrichten wollen. Dieses ist jetzt rechtlich möglich. Bisher sei aber noch nichts in trockenen Tüchern. Patron bedauerte, das die Zahnarztkassenärztliche Vereinigung Niedersachsen die Gemeinde im Regen stehen ließ und eine Mithilfe bei der Suche schlichtweg verweigerte; er dankte besonders Ratsmitglied Meint Habbinga (Pro Juist) für seinen Einsatz in dieser Sache.
Der Verwaltungsausschuss hat die Aufträge im Zusammenhang mit dem Wasserwerk wie auf der letzten Bauausschusssitzung beschlossen an das Bremer Fachbüro Lührs vergeben. Ebenso hat der VA eine Spende der Firma Poppinga-Pressehandel angenommen, welche einen Betrag für T-Shirts für sportliche Veranstaltungen der Kurverwaltung gegeben hat. Was den Kurbeitrag angeht, so
lag dieser im 1. Quartal dieses Jahres um 4,09 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. (Im vergangenen Jahr begannen die Osterferien erst im April). Der VA hat zudem zugestimmt, die Mieten für
Personalwohnungen der Gemeinde um einen Euro pro Quadratmeter auf nun 6,50 Euro zu erhöhen. Dieser Betrag käme aber nur bei komplett renovierten Wohnraum zum tragen.
Einem Bauunternehmer wurde ein Antrag abgelehnt, wonach dieser in der ersten Maiwoche lärm erzeugende Bauarbeiten durchführen wollte. Es liege hierfür
kein öffentlichen Interesse vor. Nelli Wilhelm vom Ordnungsamt berichtete, das man jetzt ein Messgerät zur Probe bekommen hat, um zukünftig Lärmpegel genau erfassen zu können.
Meint Habbinga wollte gerne über den Fortgang der Planungen für ein neues Feuerwehrhaus informiert werden. Der Bürgermeister erklärte, dass man sich an das NLWKN gewandt hatte, da der geplante Standort im Zwischendeichgelände in der so genannten Deichschutzzone liegt. Bisher habe man noch keine Genehmigung erhalten. Bei der Deichschau Anfang Mai will Patron dieses Thema noch mal mit den Vertretern vom NLWKN anschneiden.
Auch über den Fortgang in den Angelegenheiten Ober- und Ganztagsschule sowie der Krippenplätze informierte die Gemeinde auf Nachfrage. Patron geht davon aus, dass die entsprechenden Bestätigungen für die neuen Schulformen demnächst von der Landesschulbehörde kommen. Nelli Wilhelm wusste zu berichten, dass die Zusagen dort bereits vorliegen und nur noch getippt und versandt werden müssen.
Ebenso zeigte sich der Bürgermeister zuversichtlich, zum Januar 2013 bei den Krippenplätzen den Rechtsanspruch gewährleisten zu können. Sehr unzufrieden mit der derzeitigen Situation im Kindergarten zeigte sich Björn Westermann: "Derzeit werden wegen Personalmangel und Krankenstand wir als Eltern gebeten, die Kinder zuhause zu lassen." Angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde im Vorjahr alleine einen Verlust von 140.000 Euro abzudecken hatte, regte Heike Heiken an, sich generell über die Trägerschaft Gedanken zu machen: "Die Inselgemeinde zahlt ohnehin fast alles, warum soll dann statt der Kirche nicht sie selbst als Träger fungieren?" Auf die Frage des Bürgermeisters, was sich dann ändern würde, entgegnete Heiken, sie erhoffe sich eine bessere Personalpolitik. Patron sei grundsätzlich bereit, hierüber zu sprechen; es würde sich aber seiner Ansicht nach nicht viel ändern, denn alleine in Ostfriesland fehlen in den evangelischen Kindergärten rund 80 Betreuerinnen.
Unser Foto zeigt den Bereich östlich vom Sanitärgebäude am Hafen, der vom Segelklub genutzt wird und für den zukünftig Pacht an die Gemeinde gezahlt werden soll.
JNN-Foto: S. Erdmann