Schnell und ohne Diskussion hatte Bürgermeister Dietmar Patron auf der öffentlichen Ratssitzung am Donnerstagabend im Dorfgemeinschaftshaus das derzeitige Nummer-Eins-Thema auf Juist erst einmal vom Tisch, nämlich die Case Study, die von Daniel Sukowski vom MCI Mangement Center im Februar auf Juist vorgestellt wurde und von der danach die komplette Studie auf Juist einigen Bürgern vorlag (wir berichteten).
Die kompletten Auswertungen wurden "aus unerfindlichen Gründen und ohne seine Zustimmung" verbreitet. Er und sein allgemeiner Stellvertreter Thomas Vodde hätten nun Strafanzeige wegen unbefugter Weitergabe von Daten bei der Staatsanwaltschaft Aurich gestellt. Da hierdurch ein laufendes Verfahren in Gang käme, würde er deswegen nunmehr keinerlei Auskünfte mehr erteilen.
Unklarheiten bei der Vorlage des Berichtes über eine Kassenprüfung bei der Gemeinde im Vorjahr warfen einige Fragen bei den Ratsmitgliedern auf. Kassenleiter Peter Jansen erläuterte diese Punkte, wobei es insbesondere darum ging, dass es im Bereich der Schiffsfahrkarten, welche die Kurverwaltung auf Vorbestellung für die Reederei in einem Gesamtpaket versendet, eine Differenz von mehr als 4.000 Euro aufgelaufen war. Jansen erklärte dazu, dass es sich hierbei um durchlaufende Posten handelt, die kassenmäßig nicht erfasst würden. Zudem würden im Bereich der Kasse nur die Konten geprüft; eine Feststellung der tatsächlichen Bestände von Fahrkarten, Material oder anderen Dingen obliege den jeweiligen Abteilungen, in diesem Fall der Service-Stelle der Kurverwaltung.
Bereits seit 2004 würden diese Differenzen ungeklärt sein, die Wirtschaftsprüfer hätten bisher nur mündlich diesen Mangel beanstandet, aber nie in ihrem Bericht aufgeführt. Auch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises habe erst jetzt im Prüfungsbereich die Sache beanstandet. Jansen erklärte, es gäbe eine Reihe von Aktenvermerken, man habe im Laufe der Jahre mehrfach, aber leider immer erfolglos, um Klärung der Sache bei der Service-Stelle gebeten.
Ralf Lüpkes (Pro Juist) zeigte sich verwundert darüber, dass es seit acht Jahren eine Differenz von 2.500 Euro gäbe, die im Laufe der Jahre auf über 4.000 Euro angewachsen sei und bisher immer noch nicht bereinigt worden sei. Sehr kritisch sah auch Björn Westermann (CDU) den Vorgang. Er bedauerte, dass die Leiterin der Service-Stelle nicht zugegen war, um hierzu Stellung zu beziehen. Auch stellte er die Frage, ob die Leiterin nicht in einem Interessenskonflikt stände, da sie einen Beratervertrag mit der Reederei Norden-Frisia habe. Bürgermeister Patron wehrte sich dagegen, diese Bestandsdifferenz an einer Person festmachen zu wollen, selbstverständlich sei auch er an einer Klärung interessiert. Die Sache würde derzeit von ihm geprüft.
Ansonsten erlebten die rund zwanzig Zuhörer, unter denen sich auch die frühere Kämmerin Anke Rönneper befand, eine unspektakuläre Sitzung; sehr schnell konnten die restlichen Punkte abgehandelt werden, da sie allesamt bereits ausführlich in den Ausschüssen vorbereitet waren, ebenso wurden drei Punkte abgesetzt: So solle die Ausschreibung über die Vergabe der Gastronomie am Kurplatz erst einmal erneut ausgeschrieben werden, das Thema Bahnhof Norddeich Mole wurde im Verwaltungsausschuss abgehandelt und wegen des Antrages des Segelklubs auf Aussetzung der Pacht will man dort erst weitere Zahlen einholen.
So wurde der Umwandlung der Inselschule in eine Oberschule zum 1. August 2012 einstimmig zugestimmt. Zuvor informierte Nelli Wilhelm von der Verwaltung darüber, dass der Antrag auf Errichtung einer Ganztagsschule vom Kultusministerium zurück sei und derzeit beim Kreis geprüft werde. Patron wies auf die Personalprobleme im Kindergarten hin, dort sei eine Stelle vakant und man suche dringend eine Erzieherin in Vollzeit.
Die Vereinbarung mit dem Landkreis über die Errichtung eines Lesenestes (hier erhalten schreibschwache Grundschüler zusätzlichen Unterricht) wurde ebenso angenommen wie der Vertragsabschluss über die Durchführung einer Gefahrenanalyse des Badestrandes. Auch die vom Bäderausschuss befürworteten Möglichkeiten, zukünftig Kindergeburtstagsfeiern im "Haus des Kurgastes" durchführen zu können und technische Geräte dort auszuleihen, winkte man einstimmig durch. Die CDU wünscht hierzu jeweils am Jahresende einen Bericht, wie diese Dinge angenommen wurden und ob es Probleme dabei gab.
Zur Schiedsperson für Juist wurde Hannelore Ehmen-Behring einstimmig gewählt, auch der Posten eines Stellvertreters konnte mit Matthias Jentsch besetzt werden. Weiter wurde die Satzung über die Rechtsstellung der Gleichstellungsbeauftragten beschlossen. Hier musste einige Dinge der aktuellen Gesetzeslage angepasst werden. Gerd Rinderhagen (CDU) möchte gerne zukünftig einen jährlichen Bericht über die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten vorgelegt bekommen. Annette Moritz erklärte, sie müsse zwar nur alle drei Jahre einen Bericht gemeinsam mit dem Bürgermeister erstellen, aber sie wäre auch bereit, dieses jährlich abzuliefern. Sabine Weers vom Hauptamt wies darauf hin, dass die Ratsmitglieder berechtigt seien, den Bericht jährlich einzufordern.
Ein großes Ärgernis auf Juist konnte beseitigt werden, nachdem der Rat dem Antrag der Deutschen Post zustimmte, dass sie zukünftig Postpakete mit einem Gewicht bis 31,5 Kilo mithilfe von Elektrofahrzeugen zustellen kann. Durch einen früheren Ratsbeschluss war dieses auf 20 Kilo begrenzt, und kaum einem Juister war es verständlich, warum er schwerere Pakete selbst bei der Post abholen musste. Jan Doyen-Waldecker freute sich, dass durch diesen Beschluss die zusätzlichen Transporte vom Postgebäude zur Agentur Abel entfielen, wo diese Pakete bisher abgeholt werden mussten.
Ansonsten gab es eine Reihe von Kenntnisgaben, so berichtete Patron, dass die Entfernung des Asbest im Untergeschoss vom Rathaus abgeschlossen sei. Neue Messungen haben keine Belastungen mehr angezeigt. Die zusätzlichen Mehrkosten bezifferte der Verwaltungschef auf 15.000 Euro brutto.
Die Telekom habe der Verwaltung mitgeteilt, dass man mangels Auslastung an der Katholischen Kirche und am Ende vom Rosengang je eine Telefonzelle abbauen werde. An beiden Standorten bleibt damit dann nur noch eine Zelle stehen. Strittig sei indes der geplante Abbau der Telefonzelle am Flugplatz. Der Bürgermeister möchte in diesem außerhalb liegenden Bereich gerne ein Telefon behalten: "Insbesondere in den Wintermonaten, wenn das Flughafenrestaurant geschlossen ist, gehört dort ein Nottelefon hin."
Nur eine Einzelhändlerin sei bei einem Gespräch zwischen Einzelhandel und Gemeinde erschienen, wobei es um einen Wochenmarkt gehen sollte. Jetzt will die Verwaltung ein Konzept dafür erstellen und den Kaufleuten zukommen lassen. Vorrangig will man den örtlichen Einzelhandel ansprechen, es sei aber auch Interesse vonseiten auswärtiger Händler vorhanden.
Das Thema Norddeich Mole darf auf keiner Juister Sitzung fehlen. Patron zitierte Auszüge aus seinem letzten Schreiben an Nordens Bürgermeisterin Barbara Schlag, worin er sein Unverständnis darüber ausdrückte, dass es für die sich jetzt abzeichnende Zwischenlösung nach dem Willen der Stadt Norden auch wieder nur eine auf ein Jahr begrenzte Ausnahmegenehmigung gäbe. Das sich bei diesen Notlösungen ergebende Gefahrenpotential würde von den Stadtoberen völlig außer Acht gelassen. Eine Antwort stehe bisher noch aus. Auch finde nach Ostern wegen dieser Angelegenheit ein weiteres Gespräch mit der Reederei statt.
Patron verlas ebenfalls zwei Anträge der Gruppe Bündnis Juist, die demnächst auf die Tagesordnung kämen. So möchte man gerne eine Gleichstellung zwischen Gäste- und Insulanerkindern erreichen, indem auch Juister Kinder zukünftig freien Eintritt für 1,5 Stunden täglich im Erlebnisbad erhalten sollen. Außerdem stellt die Gruppe die Errichtung eines Multifunktionsplatzes auf dem Zwischendeichgelände zur Diskussion. Der Bürgermeister hofft auf eine gute Beteiligung bei einem Info-Gespräch, das am 22. März um 20 Uhr im Terrassensaal der evangelischen Kirchengemeinde stattfinden soll. Neben dem neuen TöwerCard-System gibt es auch Gelegenheit, über andere wichtige Angelegenheiten zu diskutieren.
Unser Foto zeigt die beiden Telefonzellen am Ende vom Rosengang (gegenüber Bäckerei Remmers). Wie auch an der Katholischen Kirche soll hier bald eine Zelle abgebaut werden, was wegen der verstärkten Nutzung des Handys auch ohne weiteres möglich ist. Die Telefonzelle am Flugplatz soll aber als Nottelefon bestehen bleiben, so will es die Gemeindeverwaltung.
JNN-Foto: Stefan Erdmann