Juist/ert - Ab dem 1. April übernimmt der Landkreis Aurich im Zuge der Rekommunalisierung die Müllabfuhr auf der Insel Juist. Deshalb stattete Hans-Hermann Dörnath, Leiter des Amts für Abfallwirtschaft, Inka Munier, die von dem plötzlichen Aus sehr überrascht war, vor eineinhalb Wochen einen Besuch ab. Der Fuhrbetrieb Munier sammelt den Abfall auf der Insel seit 1974 für den Landkreis Aurich ein.
"Der Kreistag hat entschieden, dass rekommunalisiert wird - davon ist Juist in vollem Umfang betroffen", bedauert Inka Munier. Sie hat daraufhin ihren drei Mitarbeitern zum 31. März gekündigt, von denen nun einer die Insel verlassen will. Einer wird, auch das steht bereits fest, ab April Getränke für die Firma Altmanns fahren. Der Dritte könnte künftig als Müllwerker beim Landkreis arbeiten: Am morgigen Sonnabend wird eine entsprechende Stellenanzeige in den Tageszeitungen geschaltet, teilte Dörnath mit.
Er ist zuversichtlich, dass es genügend Bewerber geben wird, denn im vergangenen Jahr hatte er bereits die Müllabfuhr auf Baltrum übernommen, nachdem der Fuhrunternehmer Eduard Lüppen in den Ruhestand gegangen war. "Wir hatten damals acht bis neun Bewerber und sind daher optimistisch", sagt Dörnath. Die Bewerbungsfrist laufe am 25. Februar ab, und am 16. März werde der Personalrat des Landkreises entscheiden. "Frau Munier hat uns angeboten, ihre Pferde und Wagen zu übernehmen", informiert der Amtsleiter weiter.
Er habe sich ihren Fuhrpark angesehen und dabei festgestellt, dass viele Wagen reparaturbedürftig sind. Von daher habe sich der Landkreis entschlossen, die gesamten Wagen im Laufe des Jahres zu erneuern. Das gelte auch für die 1,1 Kubikmeter fassenden Container, in denen unter anderem die Bioabfälle aus den Restaurants gesammelt werden. Sie seien leck wie auch einige Sammelfahrzeuge, sodass beim Transport übelriechende Flüssigkeiten austräten. Deswegen habe es immer wieder Beschwerden gegeben.
Der Landkreis wollte auch den Stall des Juister Fuhrunternehmens mieten, doch dieses Angebot hat Inka Munier ausgeschlagen. "Wir wollen für die schlechte Bezahlung nicht das ganze Jahr über den vertraglichen Verpflichtungen unterliegen", sagt sie. Auch das Wohnhaus, das bislang für die Mitarbeiter vorgehalten wurde, die jeweils über eine eigene Wohnung verfügten, steht nicht mehr zu Verfügung. "Wir werden sie künftig als Ferienwohnungen vermieten, und mein Mann und ich werden Kutsche fahren", sagt die Juisterin, die ein Kutschenmuseum auf der Insel geschaffen hat.
Sie muss sich von daher keine Gedanken über ihre Zukunft machen, obwohl sie die Entwicklung bedauert. "Ich fürchte, bei der Müllgeschichte gibt es nur Verlierer", sagt sie. "Müll ist einfach eine undankbare Arbeit." Ihre Mitarbeiter fahren auch Kutsche und transportieren unter anderem ganze Hochzeitsgesellschaften; diese Abwechslung werde den Müllwerkern des Landkreises nicht geboten, gibt sie zu bedenken.
Dörnath hat allerdings keine Alternativen, wie er im KURIER-Gespräch erläutert. Der Rekommunalisierungsbeschluss verpflichte den Landkreis dazu, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. "Wir dürfen daher keine Dritten mit der Dienstleistung beauftragen." Er stehe wegen der Umstellung in Kontakt mit dem Juister Bürgermeister Dietmar Patron und werde sich wegen des fehlenden Stalles an die übrigen Juister Fuhrunternehmer wenden. Aber nach seinen Kenntnissen besteht deshalb kein akuter Handlungsbedarf, denn die Juister Pferde würden ab dem 1. April auf der Weide gehalten.
Das aber stimmt laut Munier nicht ganz: Auf Juist beginnt die Weidezeit erst am 1. Mai. Und auch dann müssten die beiden Kutschengespanne, die für die Müllentsorgung auf der Insel zuständig sind, einen Platz haben, auf dem sie unter anderem zugefüttert werden können. "Wir haben eine Werkstatt, in der die Pferde beschlagen werden", weist sie auf eine weitere Schwierigkeit hin.
Die Juisterin ist schon sehr gespannt auf den 5. April, wenn zum ersten Mal der Hausmüll auf Juist unter der Regie des Landkreises abgefahren wird. "Ich gehe davon aus, dass die Müllabfuhr am 1. April nahtlos weitergeht", zeigt sich der Juister Bürgermeister Dietmar Patron optimistisch. "Wir stehen vor einer Saison - sehr schnell ist Ostern, und da muss das reibungslos laufen."
Juist ist Vorreiter bei der Rekommunalisierung der Müllabfuhr - im wahrsten Sinne des Wortes: Ab dem 1. Juli übernimmt der Landkreis auch die Müllentsorgung auf dem Festland und der Insel Norderney. "Wir haben verabredet, dass die Firma Beekmann noch drei Monate weiter fährt, weil der Bescheid für die Rekommunalisierung erst sehr spät erfolgt ist", sagt Dörnath. Der Landkreis werde den gesamten Fuhrpark erneuern. "Wir haben die Euro-fünf-Norm von der Schadensklasse her ausgeschrieben - meines Wissens erfüllt Beekmann diese Voraussetzung nicht."
Für die Anschaffung der Müllfahrzeuge veranschlagt der Landkreis rund 2,5 Millionen Euro, die im Laufe von acht Jahren abgeschrieben werden. Nach der Jahreskalkulation sind jährlich 1,6 Millionen Euro für die Abfallbeseitigung unter der Regie des Landkreises Aurich vorgesehen. Er geht davon aus, dass der Kreis gegenüber den bisherigen Kosten jährlich rund 2,8 Millionen Euro einspart.
Quelle: Ostfriesischer Kurier vom 11. Februar 2011