Das „Inselhaus Vielfalt“, bekannter unter dem alten Namen „Inselhospiz“, soll verkauft werden. Eigentümer ist die Lippische Landeskirche in Detmold, dessen Landessynode hat auf ihrer Tagung am vergangenen Wochenende die Schließung und den Verkauf der Begegnungsstätte im Ostdorf der Insel Juist beschlossen hat. Das teilte die Landeskirche nun in einer Pressemitteilung mit. Der Pachtvertrag mit der Stiftung Eben-Ezer läuft Ende November aus, solange soll das Haus, dass in diesem Sommer wieder gut ausgelastet ist, noch weiter betrieben werden.
Zur Alternative stand ein Weiterbetrieb des Hauses in Kooperation mit der Stiftung Eben-Ezer. Beide Möglichkeiten wurden intensiv in der Synode diskutiert. Letztlich folgten die Synodalen dem Vorschlag des Finanzausschusses, der einstimmig für den Verkauf votiert hatte. Zwar sei bei einer Kooperation der Erhalt des beliebten Übernachtungs- und Tagungshauses möglich gewesen, aber die Landeskirche hätte hier weniger Einfluss auf die Entwicklung und Belegung des Hauses gehabt und weitere finanzielle Risiken einkalkulieren müssen. Das Haus selber weiterzuführen, stand nicht mehr zur Debatte. Für die notwendige Modernisierung des Hauses hätten mindestens sechs Millionen Euro aufgebracht werden müssen. Zudem musste bereits in den letzten Jahren viel Geld in eine neue Heizungsanlage und Brandschutzeinrichtungen investiert werden.
Nach der Schließung des Jugendfreizeithauses „Seeferienheim“ ist der geplante Verkauf vom „Inselhospiz“ die nächste Hiobsbotschaft für die Inselvertreter. Bürgermeister Dr. Tjark Goerges zeigte sich verstimmt darüber, dass man bisher mit der Gemeinde noch gar nicht gesprochen hat: „Ich kläre nun als erstes, wie wir rechtlich sicherstellen können, dass dort kein Hotel oder eine Ferienhaussiedlung hinkommt.“ Sicherlich wird über das Thema auf der Ratssitzung am Donnerstagabend informiert und gesprochen.
Juristischer Kirchenrat Dr. Arno Schillberg geht von einem Grundstücks- und Hauswert von 3,5 Millionen Euro aus. Gegenüber der „Lippischen Landeszeitung“ betonte er aber, dass es sich dabei um einen fiktiven Wert handelt. Immerhin sehe der Bebauungsplan der Gemeinde in dem Bereich nur Gebäude mit ausschließlich kirchlicher Nutzung vor. Möglicherweise mache die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, vermutet der Vertreter der Landeskirche. Bekannt ist in Detmold auch der Dortmunder Fall „Seeferienheim“, wo die Gebäude verfallen, weil eine gerichtliche Entscheidung immer noch aussteht. Schillberg: „So etwas wollen wir unbedingt vermeiden.“
Am 1. April 1928 begann die Geschichte des „Inselhospizes“, als der Verband Christlicher Hospize aus Berlin-Dahlem das Grundstück in der Dünenstraße kaufte und zwei Häuser baute. Anfänglich sollte es „Haus Daheim – Christliches Hospiz auf Juist“ heißen, aber ein Haus „Daheim“ gab es bereits. Zu der Zeit stand das Wort „Hospiz“ – anders als heute - noch für „Herberge“. Im Krieg wohnten Soldaten der Jaguar-Nachrichtengruppe im Haus, danach Flüchtlinge aus dem Osten. Ab 1949 führte man die Häuser wieder im eigentlichen Betrieb, jetzt vom Evang. Hilfsverein Bielefeld, der später Johanniswerk hieß.
Am 1. Januar 1982 übernahm die Lippische Landeskirche Detmold die beiden Gebäude, wobei das Haus „Eckart“, welches zuvor die Jugend- und Kindergruppen beherbergte, an die Evang. Kirchengemeinde Juist ging, die dort altengerechte Wohnungen einrichtete. Geleitet wurde das verbliebene Haus von Evelyn und Rolf Schaar.
Als sie in den Ruhestand gingen, übernahm Thea Lange am 1. Januar 1999 die Leitung, in ihrer Zeit lernten dort zahlreiche Auszubildende den Beruf der Hauswirtschafterin, aus den 68 Betten wurden die heutigen 90 Schlafplätze, ein Anbau entstand, unter anderem mit einem Tages- und Seminarraum.
2005 übernahm die Evang. Kirchengemeinde Detmold-West den Betrieb als Pächterin. Vor sechs Jahren gab Detmold-West das Haus wieder ab, nicht weil es nicht lief, so Thea Lange, „sondern weil in Detmold alles ehrenamtlich gemacht wurde, was einfach zu viel wurde“. Die Stiftung Eben-Ezer übernahm nun das Haus, Lange führte es auch hier weiter.
Die Stiftung änderten den Traditionsnamen nun in „Inselhaus Vielfalt“, weil man heute mit dem Begriff „Inselhospiz“ andere Dinge als Urlaub, Erholung und Freizeit verbindet. Neue Ideen wie z.B. ein öffentliches Café im Haus waren indes von wenig Erfolg gekrönt. „Der Sanierungsstau ist zweifelsohne vorhanden, es gibt immer noch zahlreiche Zimmer nur mit Waschbecken, die Duschen und Toiletten sind am Ende des Ganges“, so Thea Lange. Allerdings habe sie nicht vermutet, dass es zum Verkauf kommen würde, denn immer wieder wurde zu ihrer Zeit nach anderen Lösungs- und Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, zumal sich das Haus im Kirchenkreis Detmold bei den zahlreichen Gäste immer großer Beliebtheit erfreute.
Seit kurzem konnte sie krankheitsbedingt in Rente gehen. Ihre bisherige Stellvertreterin Manuela Krey hat bis zur Schließung im November die Hausleitung übernommen. Besonders hart trifft es die Mitarbeiterinnen, die ihren Arbeitsplatz im „Seeferienheim“ nach der Schließung im Herbst 2019 verloren haben, beim „Inselhaus Vielfalt“ eine neue Stellung fanden und für die sich jetzt alles wiederholt. Aber auch die anderen Mitarbeiterinnen treffen die Pläne sehr, denn auch diese sind zum Teil zwanzig Jahre und länger dort tätig.
TEXT UND FOTO: STEFAN ERDMANN