Einstimmig befürwortete der Bäderausschuss auf seiner letzten öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend im Dorfgemeinschaftshaus einen Beschlussvorschlag der Kurverwaltung, wonach ein Fachausschuss zum Thema Saisonverlängerung eingerichtet werden soll. Diese soll unterhalb des Bäderausschusses angesiedelt sein; er kann keine Beschlüsse fassen, sondern nur Empfehlungen abgeben.
Insgesamt 16 Vertreter sollen zu der Institution gehören, so Vertreter des DEHOGA, Einzelhandelsverband, Bäderausschuss, die beiden Inselversorgungsreedereien, Vermieterbeirat und vier Personen aus den verschiedenen Bereichen der Kurverwaltung. Als wichtigstes Ziel nannte Marketingleiter Thomas Vodde die Möglichkeit, durch Saisonverlängerung verlorene Einnahmen aus dem Frühjahr dieses Jahres zumindest teilweise wieder einzufahren. Allerdings könne eine Saisonverlängerung nicht innerhalb eines Jahres umgesetzt werden, realistisch sei ein Zeitraum von fünf Jahren.
Vorausgegangen war eine Präsentation der Kampagne zur Saisonverlängerung. Oder besser „sollte vorausgehen“, doch schon nach 30 Sekunden brach dem Marketingleiter die Technik zusammen und es war nicht mehr möglich, ein paar Bilder und Folien über den Beamer auf die Leinwand zu werfen. So berichtete er nur mündlich über die bisher erfolgten Maßnahmen, die mit einem Arbeitstreffen (Workshop) im Frühjahr begann. Inzwischen wurde viel erarbeitet, allen voran sollen zukünftig Erlebnisse für die Wintersaison über die Internetplattform „Regiondo“ angeboten und verkauft werden. Dazu gehören unter anderem eine Teezeremonie mit Museumsrundgang, Kurse bei Inselmaler Friedrich Fäsing, wechselnden Gesundheitsaktionen, und weitere Angebote sollen von Gastronomie und Einzelhandel kommen.
Ein besonderer Dank ging an Joe Pütz, Geschäftsführer vom Nordseehotel-Freese, der sich nicht nur sehr stark bei diesem Projekt eingebracht hatte, sondern zudem habe das Hotel in Form einer Spende von 2.388 Euro den Mitgliedsbeitrag für das erste Jahr bei der Plattform Regiondo übernommen.
Pütz kam ebenfalls zu Wort und nannte es einen großen Schritt, dass man beim Workshop erstmalig alle Leistungsanbieter der Insel an einen Tisch bekam und diese quasi ein gemeinsames Leitbild für den Wintertourismus entwickelt haben. Im Vorfeld habe es große Gegenwehr von Vermietern bei gemeinsamen Aktionen gegeben, über die nun gefundene Internetplattform kann jetzt jeder Betrieb selbst inserieren und Angebot machen. Man sei jetzt auf dem richtigen Weg und Pütz prophezeite, dass Juist in zwei bis drei Jahren ein Ganzjahresbetrieb sei. Er verwies auch auf die großen Anstrengungen der Betriebe, die nicht nur einen großen Einnahmeausfall durch die Corona haben, sondern zudem große und zusätzliche Aufwendungen getätigt hätten, um wieder arbeiten zu können.
Ausschussmitglied Heike Heiken (Grüne) konnte sich nicht so recht mit dem Gast anfreunden, welchen Marketingleiter und Workshop entworfen hätten. Hier wurde ein gutsituiertes Paar angenommen, die Insel sei aber ein Familienbad und die Kinder vermisse sie in dem Konzept gänzlich. Vodde antwortete ihr, dass man Familien mit Kind nicht aus den Augen verliert und darüber auch intensiv diskutiert hätte. Allerdings sind Kinder in den Wintermonaten kaum im Urlaub, sondern in der Schule. Juist sei weiterhin im Sommer ein Familienbad, im Winter sie diese Zielgruppe aber nicht da, weshalb man die Bemühungen auf die Gewinnung von Erwachsenen in dieser Zeit legt.
Gerhard Jacobs (CDU) wollte nicht, dass sich auf einem Fünf-Jahres-Plan ausgeruht wird, gerade jetzt sei Wintertourismus in Deutschland wegen der Corona gefragt. Irgendwann sei Corona vorbei und die Betriebe würden zum normalen Geschäftsbetrieb zurückkehren. Corona bietet auch Chancen, antwortete Thomas Vodde, besonders in diesem Jahr sei es für viele Betriebe wichtig, dass auch im Winter etwas passiert, was man entsprechend angeschoben habe. Der Fünf-Jahres-Zeitraum mit dem neuen Ausschuss wurde gewählt, um auch langfristigen Erfolg zu sichern.
Bürgermeister Dr. Tjark Goerges berichtete von einem Gespräch mit Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, wo festgestellt wurde, dass alle Regionen in Niedersachsen den Winterbetrieb wünschen. Hierfür habe die N-Bank auch Gelder zur Verfügung gestellt, die genauen Voraussetzung würden die Betriebe dort erfahren. Zudem gäbe es ein Sonderprogramm „Inselversorger“, wonach auch die Reedereien Geld für entgangene Einnahmen beantragen können.
Vodde teilte bei der Behandlung des Punktes nebenbei auch mit, dass der „Juister Winterzauber“, ein kleiner Weihnachtsmarkt auf dem Kurplatz, auch in diesem Jahr laufen kann, denn dieser sei von der Größe her überschaubar. Man wolle darüber mit der Firma Fürstenberg, welche die Gastronomie auf dem Kurplatz für drei Jahre gepachtet hat, sprechen. Das der „Lebendige Adventskalender“ von den Initiatoren abgesagt wurde, nannte er verständlich, denn jedes Angebot an einem anderen Tag und Ort wäre eine eigene Veranstaltung, wofür ein eigenes Hygienekonzept erforderlich wäre.
Zudem teilte er mit, dass der Inselkatalog 2021 in Druck sei und pünktlich zum Beginn der Herbstferien auf der Insel erhältlich sei.
Der Bürgermeister wies zudem darauf hin, dass der Schiffsfahrplan der AG Reederei Norden-Frisia für das kommende Jahr fertig sei. Es seien 24 Tagesfahrten ab Norddeich eingeplant, was einem Plus von 14 Prozent entspricht, hinzu sollen weitere Tagesfahrten als Ausflugsfahrten durch die Frisia-Tochter Cassen-Tours erfolgen. Die sogenannten Kaffeefahrten (Ausflüge über eine Tide mit zwei bis drei Stunden Inselaufenthalt) hätten mit 71 das Niveau von diesem Jahr, ebenso die Zahl der Tagesfahrten ab Juist mit 83 (in diesem Jahr 82). Erfreulich sei, dass die Zahl der Spätanreisen an Donnerstagen und Freitagen von 35 in diesem Jahr auf 45 erhöht wurde, so dass Gäste von weiter entfernen Wohnorten besser anreisen könnten.
Björn Westermann (Pro Juist), verabschiedete sich nach dreieinhalb Jahren als Vorsitzender des Bäderausschusses aus diesem Amt. (In der kommenden Woche werden die Ausschüsse neu- und umbesetzt, weil sich durch das Ausscheiden von Martina Poppinga die Mehrheitsverhältnisse im Rat geändert haben). Goerges dankte Westermann für seine Arbeit in den abgelaufenen Jahren.
Zu unserem Foto: Juist hat auch im Winter seinen Reiz (auch wenn es lange keinen Schnee mehr gab wie auf dem Archivfoto), daher will man in dieser Jahreszeit mehr Gäste gewinnen.
JNN-ARCHIVFOTO: STEFAN ERDMANN