Der Juister Gemeinderat tagte am Donnerstagabend im Dorfgemeinschaftshaus. Das neue Tarifsystem für Bad und Sauna wurde zu Beginn von der Tagesordnung abgesetzt. Mehrfach pendelte dieser Punkt zwischen Rat, Verwaltungs- und Bäderausschuss hin und her, zuletzt gab es ein Ratsinfogespräch dazu. Dort sei man schließlich nach einer Grundsatzdiskussion überein gekommen, die neue Kalkulation im Herbst abzuwarten, um dann aufgrund der aktuellen Zahlen zu entscheiden, ob die Preise angepasst werden müssen.
Mit den Stimmen vom Bündnis Juist und des Bürgermeisters wurde beschlossen, im Untergeschoss des TöwerVital-Bades einen Fitnessraum einzurichten. Zudem soll geprüft werden, ob in dem Gebäude auch die Möglichkeit des Einbaus eines Sportraumes möglich ist. (Anmerkung der Redaktion: Den bisherigen Sportraum im Haus des Kurgastes möchte man gerne anderweitig nutzen) Mit dem Beschluss ist sichergestellt, dass im kommenden Jahr zumindest ein Fitnessraum angeboten werden kann. CDU-Fraktionssprecher Frank Endelmann begründete die Ablehnung damit, dass die Kellerräume zu unattraktiv für ein solches Angebot seien: „Da unten kommt niemand hin.“
Bürgermeister Dr. Tjark Goerges und CDU-Ratsmitglied Hans-Ludwig de Vries wurden zu Vertretern in der Gesellschafterversammlung der kommunalen Netzbeteiligung Nordwest (KNN) , über die die Inselgemeinde an der EWE Netz GmbH beteiligt ist, gewählt. Goerges stand als Hauptverwaltungsbeamter eh ein solcher Platz zu, die CDU schlug de Vries vor, da dieser beruflich viel auf dem Festland sei und dort Termine wahrnehmen könne. Das Bündnis Juist sah die Sache ähnlich und unterstütze den Vorschlag.
Der Rat musste noch die Jahresrechnung der Inselgemeinde 2011 beschließen und den (damaligen) Bürgermeister entlasten. Wie Kämmerer Peter Jansen dazu ausführte, wurde das Jahr 2011 im Jahr 2013 vom Rechnungsprüfungsamt geprüft, bei der Prüfung von 2012 im Jahr 2018 wurde festgestellt, dass eine entsprechender Beschluss ebenso fehle wie die Stellungnahme des Bürgermeisters. Björn Westermann (Pro Juist) stimmte gegen den Beschlussvorschlag, zudem gab es vier Enthaltungen von Ratsmitgliedern, die 2011 gar nicht im Rat vertreten waren.
Der Rat nahm zudem die Aufnahme eines Kommunaldarlehens in Höhe von 543.400 Euro zur Kenntnis, dieses wird für den Gemeindehaushalt sowie den Eigenbetrieben Kurverwaltung und Wirtschaftsbetriebe verwendet. Ebenso wurde nach einer Diskussion über die Deichschutzzone der Beschluss über die Änderung des Bebauungsplanes „Zwischen den Deichen“ mit zwei Gegenstimmen aus CDU-Reihen entschieden. Ziel der Änderung ist die Einrichtung eines Minigolfplatzes auf dem Deichzwischengelände. Dieser wird teilweise in der Deichschutzzone (sie erstreckt sich 50 Meter von der Deichumgehungsstraße nach Norden) erbaut, wofür der NLWKN eine Sondergenehmigung erteilen musste. Die Anlage muss zwar abbaubar sein, so Goerges, aber keinesfalls in den Wintermonaten abgebaut werden, was fälschlicherweise auf Juist kommuniziert wurde.
Wie bereits im Bäderausschuss fiel der Beschlussvorschlag, wonach die Kurverwaltung eine Ausschreibung eines Strategie- und Reorganisationsprozesses für die Kurverwaltung erarbeiten und Kostennoten einholen soll, auch beim Rat durch. Nur drei Fürsprecher fanden sich, die restlichen acht Ratsmitglieder sprachen sich dagegen aus. Frank Endelmann (CDU) schlug eine Projektgruppe vor, man lehne es zudem ab, dass die Kurverwaltung bei dieser Maßnahme federführend sei. Heike Heiken (Grüne) wies darauf hin, dass viele Dinge aus dem Leitbild, welches 2010 für viel Geld erstellt wurde, noch nicht umgesetzt seien, man müsse jetzt kein Geld ausgeben, um eine neue Strategie zu erarbeiten, in der es zwangsläufig viele Überlappungen mit dem Leitbild geben würde.
Bericht des Bürgermeisters, Einwohnerfragestunde und die Behandlung von Fragen und Anregungen, diese Punkte waren auch diesmal wieder die „Renner“ bei den Zuschauern, die in letzter Zeit die Sitzungen wieder verstärkt besuchen. So berichtete der Bürgermeister darüber, dass in der abgelaufenen Woche wieder Baggerarbeiten im Hafen mit den Schiffen „Seekrabbe“ und „Utlandshörn“ durchgeführt werden, davon erhofft man sich positive Effekte. Zudem habe die Gemeinde den Förderantrag für die Veränderung der Zufahrt zum Sportboothafen gestellt, dieser liege bei der N-Bank vor. Von der Hauptversammlung der Reederei Norden-Frisia brachte Goerges die Info mit, dass ein Förderantrag für den Umbau des Alten Bahnhofes nicht bewilligt wurde.
Der Juister Andreas Arneke, der in einem Laden im Pavillon am Kurplatz arbeitet, meldete sich als Einwohner zu Wort. Er wollte sich über den Mitarbeiter „Mister Fill“ beschweren. Dabei handelt es sich um den solarbetriebenen Mülleimer auf dem Kurplatz, der den eingeworfenen Abfall gleich vor Ort zusammenpressen soll. Dieser wurde am 22. Mai aufgebaut, seit dem 25. Mai hat er seinen Dienst bereits wieder quittiert, nur ein Schild mit der Bitte um „Service“ und eine rotes Warnzeichen sind nun seit Wochen an dem Gerät noch zu sehen. Vorhandene konventionelle Ersatzpapierkörbe (im Pavillon stehen fünf Stück) würden nicht aufgestellt. Man solle „Mr. Fill“ entweder reparieren oder entfernen. Zudem sieht es im Pavillon, wo er zu seiner Arbeitsstelle durch muss, aus wie in einer Rumpelkammer, so würden rund 100 Meter Starkstromkabel dort rum liegen, so Arneke weiter. Außerdem sei der Sicherungskasten seit Mai offen, so dass jeder dort den Strom für die ganze Insel abstellen könnte. Weiter erinnerte Arneke die Ratsmitglieder daran, dass sie keine Angestellten des Bürgermeisters seien, sondern für ihre Arbeit vom Bürger gewählt wurden. Den Bürgermeister fragte er direkt, ob dieser sich seiner Aufgabe noch gewachsen sieht, vor allem vor dem Hintergrund auf die noch anstehenden acht Jahre seiner Amtszeit.
Der Mülleimer ist nicht reparierbar, das System sei wohl „zu wartungsintensiv und technisch nicht ausgereift“, so Goerges. Der Hersteller will nun ein Ersatzgerät liefern. Um den Raum im Pavillon und vor allem um den Sicherungskasten wolle man sich gleich am nächsten Tag kümmern.
Ausführlich ging Goerges auf die Frage, ob er seiner Aufgabe gewachsen sei, ein. Die Insel selbst befinde sich in einer Transformationsphase, zudem gäbe es in vielen Bereichen einen Generationswechsel. Daher ständen viele Dinge und Projekte an, leider wurde auch in der Vergangenheit vieles vernachlässigt. Goerges: „Wir arbeiten das ab, aber alles auf einmal geht nicht.“ Zudem werde zu oft nach der Gemeinde gerufen, man könne aber nicht alles auf die Verwaltung schieben, wenn etwas nicht laufen würde. Er bedauerte, dass der Ton untereinander immer weiter „verwildert“, da auch die Gäste ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt hätten. Bei Probleme wie unangeleinte Hunde oder Pedelecs, die zum E-Bike ummanipuliert wurden und nun viel zu schell sind, müsse die Gemeinde indes stärker kontrollieren, leider sei man personell dazu nicht in der Lage.
Auch bei dem Anfragen und Anregungen ging es um den massiven Zuwachs von Fahrrädern und Pedelecs auf Juist. Der für die Straßen zuständige Landkreis sieht derzeit keine Handhabe, weil ein Pedelec mit einem Fahrrad gleich gestellt ist und es bisher (noch) keine nennenswerte Unfälle gegeben habe. Für Ratsvorsitzenden Björn Westermann war das Thema indes schnell abgehandelt: „Unsere Straßen sind für Pferdegespanne und Fahrräder gewidmet, Pedelecs sind Fahrräder. E-Roller und andere Fahrzeuge sind nicht zugelassen, es ist also alles geregelt und der Rest Sache der Polizei.“
Martina Poppinga (SPD) sprach die Möglichkeit einer Teilsperrung der Ortsmitte an. Dieses würde derzeit vom Landkreis geprüft, so der Bürgermeister, die Umwidmung dieser Straßen obliege dann wieder der Kommune.
Was den Flugplatzzubringer angeht, so sei die Gemeinde derzeit im Gespräch mit den Spediteuren der Insel, anschließend soll ein Ratsinformationsgespräch folgen, so Georges. Es soll weiterhin mit Pferden durchgeführt werden, sollte das aber nicht mehr möglich sein, müsse über andere Möglichkeiten nachgedacht werden.
Auch eine Anfrage nach ruhestörenden Bauarbeiten auf der Strandpromenade wurde vom Verwaltungschef beantwortet. Hier gab es einen Antrag auf eine Ausnahme, da man den Boden unter der abgebrannten „Sturmklause“ untersuchen wollte. Da das alte Fundament noch vorhanden ist, wären lärmintensive Kernbohrungen erforderlich. Das wurde aber abgelehnt, um keinen Präzedenzfall zu schaffen, denn das würde auch bei anderen Bauwilligen entsprechende Begehrlichkeiten wecken, während des Baustopps Baugrunderkundungen und andere vorbereitende Arbeiten durchführen zu wollen.
Und auch der Aufreger aus der letzten Bäderausschusssitzung, nämlich der Verkauf der im Vorjahr angeschafften Stand-up-Paddeling-Bretter, wurde wieder erörtert, da nun der Bürgermeister zugegen war. Ratsfrau Poppinga nannte es befremdlich, dass die Dinger nach so kurzer Laufzeit verkauft wurden, der Ratsvorsitzende bemängelte, dass diese Bretter im Vorjahr am Hauptbadestand zu bekommen waren, jetzt müsse man deswegen zum Westbad. Ratsfrau Angela Engel übte ebenfalls Kritik über diese „weitere einsame Entscheidung“ des Bürgermeisters.
Dieser gab den Ratsmitgliedern insofern recht, dass es ein Fehler von ihm war, den Rat oder zumindest den Bäderausschuss über den geplanten Verkauf nicht vorher informiert zu haben. Ansonsten sprach er aber von einer richtigen Entscheidung, denn die Bretter wurden im Vorjahr durch die Kurverwaltung nur gekauft, weil es keine andere Lösung gab und man dieses Angebot für die Gäste vorhalten wollte. Nachdem jetzt im Westbad eine zertifizierte Wassersportschule mit diversen Geräten wie Windsurfing, Kajaks, Cats usw. den Betrieb aufnimmt, würde es keinen Sinn machen, wenn den Gast wieder zur Kurverwaltung müsste, um Stand-up-Paddelbretter auszuleihen. Zudem gab es im Vorjahr Einnahmen aus den Leihgebühren von acht- bis neunhundert Euro, dem standen an Ausgaben aber alleine Leihgebühren für die mobilen Zahlungsgeräte am Strand in Höhe von 270 Euro gegenüber, alleine dieses zeige die Sinnlosigkeit, das Projekt weiter über die Rettungsschwimmer abzuwickeln.
Ratsfrau Engel forderte er auf, statt der von ihr pauschal geäußerten Polemik über einsame Entscheidungen doch konkrete Beispiele zu nennen. Das Zuständigkeitsverzeichnis der Gemeinde berechtigte ihn zudem zum Verkauf, auch wenn er die Info an den Rat versäumt hätte.
Zudem informierte der Bürgermeister darüber, dass der langjährige Mitarbeiter vom Ordnungs- und Einwohnermeldeamt sowie Standesbeamte Ingo Steinkrauß befördert wurde und seit Monatsanfang die Stelle des Ordnungsamtsleiters besetzt.
JNN-FOTOS (2): STEFAN ERDMANN