Der Küstenschutz bleibt eine der wichtigsten Kernaufgaben der Niedersächsischen Umweltpolitik: Für 106 Projekte wurden im vergangenen Jahr 64,7 Millionen Euro an Landes- und Bundesmitteln bereitgestellt, wovon 45,2 Millionen in Vorhaben der Deichverbände flossen, 19,5 Millionen standen für landeseigene Maßnahmen - überwiegend auf den Inseln - zur Verfügung. Gefördert wurden vor allem Deicherhöhungen und -verstärkungen aber auch die Grundinstandsetzung und der Neubau von Sielbauwerken und Deckwerken.
„Wir stehen zu unserer Verantwortung für die Daueraufgabe Küstenschutz und werden 2018 mindestens wieder 61,6 Millionen Euro für vordringliche Maßnahmen bereitstellen. Nach jetzigem Stand profitieren davon 122 Vorhaben. Auch die Sturmfluten in 2017 haben gezeigt, dass diese Investitionen notwendig sind, um das hohe Schutzniveau zu erhalten", betonte der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Olaf Lies am vergangenen Freitag in Norden. Während der Vorstellung des Jahresberichtes des NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) erläuterte dessen Direktorin, Anne Rickmeyer, die Schwerpunkte des laufenden Jahres: „Zu den größeren Vorhaben zählen der Neubau der Hadelner Kanalschleuse, der dieses Jahr beauftragt werden soll und sich über mehrere Jahre erstrecken wird, die Deichverstärkungen auf Wangerooge sowie der Abschluss der Strandaufspülungen auf Langeoog".
Auf den Inseln Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge wurden 2017 insgesamt ca. 800.000 Kubikmeter Sand als Küstenschutzmaßnahmen aufgespült. Davon entfielen allein auf Langeoog ca. 600.000 Kubikmeter. Die Bewertung der Strandverhältnisse durch den NLWKN nach dem Winterhalbjahr 2016/2017 hatte ergeben, dass die Sturmflutsicherheit im Winterhalbjahr 2017/18 ohne Strandaufspülungen durch Dünenabbrüche gefährdet sein könnte. Die genannten Strandabschnitte werden seit einigen Jahren nicht ausreichend mit Sand versorgt. Durch Sandaufspülungen, die natürliche Prozesse und Materialien nutzen, werden die Defizite wirkungsvoll und naturnah ausgeglichen, um die Funktionsfähigkeit der Schutzdünen zu gewährleisten. Dieses Konzept wird international als „Building with Nature" bezeichnet", erklärte Professor Frank Thorenz als Leiter der zuständigen Betriebsstelle Norden-Norderney. Der NLWKN arbeitet über einen intensiven fachlichen Austausch und gemeinsame Projekte im Rahmen des Interreg Vb Förderprogramms der Europäischen Union in diesen Fragestellungen eng mit den Küstenschutzbehörden der Nordseeanrainerstaaten wie den Niederlanden, Schleswig-Holstein und Dänemark zusammen.
Um auch in Zeiten des Klimawandels ausreichend hohe Deiche zu haben, ist eine vorausschauende Berechnung der so genannten Bestickhöhen - auch unter veränderten Bedingungen - unerlässlich. Den größten Anteil an Wasserständen und Wellen bei einer Sturmflut hat der Sturm selbst. Um eine Vorhersagbarkeit zu ermöglichen, wurden in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben von NLWKN und dem Deutschen Wetterdienst die stärksten Stürme der letzten fünfzig Jahre rekonstruiert. Die Ergebnisse können zur Modellierung zukünftiger Stürme genutzt werden. Auch das mögliche Zusammenfallen eines Sturmereignisses mit einer Springtide und die Auswirkungen eines intensivierten Sturmtiefs fließen in die Berechnungen ein.
Darüber hinaus spielen Wellenauflauf, -höhe, - periode und -richtung für die Bemessung eine entscheidende Rolle. Um sie zu ermitteln, sind ebenfalls numerische Berechnungen des gesamten niedersächsischen Küstengebiets erforderlich. Die so ermittelte Wellenauflaufhöhe ergibt zusammen mit dem Bemessungswasserstand die sogenannte „Bestickhöhe" zukünftiger Deiche - die Grundlage eines zukunftssicheren Küstenschutzes.
TEXT: PRESSEMITTEILUNG NLKWN
JNN-ARCHIVFOTO: STEFAN ERDMANN (Sturm mit hohem Wasserstand im September vergangen Jahres.