23.000 Euro für eine Kartoffelkiste, auf Juist ist so etwas möglich. Einstimmig befürwortete der Rat der Inselgemeinde Juist auf seiner letzten Sitzung diese Ausgabe. Dabei ist „Kartoffelkiste“ der liebenswerte Spitzname für eine Aussichtsplattform, die am Strandaufgang vom Ortsteil Loog auf einer Düne steht und von der aus man auf den Strand, das Wattenmeer und den Hammersee blicken kann. Nun ist das Holz derart abgängig, dass man einen Neubau aufstellen will.
Die Aussichtsplattform wurde 1998 von der Interessengemeinschaft Loog finanziert und in Eigenleistung aufgestellt und anschließend der Gemeinde übergeben. Zwar wurde das Bauwerk in den letzten Jahren mehrfach ausgebessert, zum Bedauern der Loogster kam aber nie ein Pinselstrich Farbe auf das Holz. Nun ist die Kiste so baufällig, dass aus Sicherheitsgründen eine Schließung während der kommenden Saison nicht auszuschließen ist. Um dieses zu verhindern, schlug die Verwaltung vor, die Plattform noch innerhalb der Bausaison bis Ende April zu erneuern. Die Angebotsabgabe kann im sogenannten freihändigen Verfahren erfolgen, zudem benötigte die Verwaltung die Zustimmung des Rates, die Arbeiten nach Angebotsauswertung automatisch und ohne weiteren Beschluss an den Bieter zu vergeben. Die Kosten dürfen indes die 23.000 Euro nicht überschreiten. Außerdem hat die Interessengemeinschaft Loog angekündigt, sich mit einem Zuschuss in Höhe von 2.000 Euro zu beteiligen.
Frank Endelmann (CDU) bemängelte die Kosten, die durch eine Fremdfirma entstünden, seiner Meinung nach könnte der Bauhof die Arbeiten selbst durchführen: „Damals hat die IG Loog die Kiste auch in Eigenleistung aufgestellt.“ Eilhard Küpker von der Bauunterhaltung führte dazu aus, dass es sich hier um Teile handelt, die Personen tragen, daher müsse beim Bau die Statik berücksichtigt werden. Das könne nur eine externe Firma leisten. Ratsfrau Inka Munier (Grüne) sah die Sache in einem ganz anderen Licht: „In Anbetracht dessen, was die drei Aussichtspunkte im Dorf gekostet haben, sprechen wir hier von einem recht kleinen Betrag. Außerdem gehört die Kartoffelkiste zum Loog.“
Die Firma Kohl & Partner aus Schwäbisch Gmünd, die 2012 ein Touristisches Leitbild für Juist erarbeitet hat, soll nun als Weiterführung ein Lebensraumkonzept erstellen. Wie Marketingleiter Thomas Vodde dazu erläuterte, liege der Schwerpunkt diesmal nicht auf dem Tourismus, sondern auf der Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung. Rund 30.000 Euro soll das Kosten, durch Fördermittel des LEADER Wattenmeer-Achtes reduzieren sich diese für die Gemeinde auf knapp 18.000 Euro.
Nur sieben Ratsmitglieder stimmten für den Beschlussvorschlag, es gab zwei Enthaltungen und auch zwei Gegenstimmen. Eine kam vom Ratsvorsitzenden Björn Westermann (Pro Juist), der die Befürchtung hegt, dass der Marketingleiter dann seine Arbeitszeit mit diesem Projekt verbringt und wichtigere Dinge wie z. B. die Neugestaltung der Homepage oder Erstellung des Strandkonzeptes auf der Strecke blieben. Vodde verneinte dieses, weil ja die Arbeit von Kohl & Partner gemacht würde. Zudem wies Westermann darauf hin, dass noch kein Haushalt für 2017 vorläge: „Wir geben hier Geld aus, was wir gar nicht haben!“
Auch Inka Munier (Grüne) sah die Notwenigkeit einer solchen Maßnahme nicht: „Wir müssen doch die 18.000 Euro auch wieder irgendwie rein bekommen“. Ebenso sah Angela Engel (CDU) keine Notwendigkeit, zumal es für die Einwohner immer am wenigsten Förderung gäbe. Auf den Hinweis von Thomas Vodde, durch das touristische Leitbild sei zum Beispiel die Saunalandschaft über dem Erlebnisbad entstanden, konterte die neue Ratsfrau: „Ach, sprechen sie von der Errungenschaft, die nicht so besucht wird und das Geld nicht einbringt, was sie eigentlich soll?“
Jan Doyen-Waldecker (Pro Juist) vertrat hingegen die Ansicht, dass es sich hier um ein wichtiges Thema handelt, denn Ziel müsse es sein, die Insel für die Kinder zu erhalten. Gerd Jacobs (CDU) sprach davon, dass das touristische Leitbild ein Erfolg war, doch auch dieses Lebensraumkonzept müsse etwas für die Bürger bringen und die Bürger müssten daran mitwirken. Die Gleichstellungsbeauftragte Heike Ahrens äußerte die Befürchtung, dass hier etwas doppelt laufe, denn der Wattenmeer-Achter arbeite am Projekt Zukunftsstadt. Vodde entgegnete, dass es etwas anderes sei, denn hier würde ein Lebensraumkonzept erstellt, dass sich direkt auf Juist beziehe. Bürgermeister Goerges empfahl, den Schritt zu gehen, damit man planen könne: „Ohne Gutachten keine Prioritätenliste.“
Einstimmig befürwortete der Rat die Übernahme einer „Letter of Intend zur Gemeinschaft der Ostfriesischen Inseln“. Ratsherr Hans-Ludwig de Vries (CDU) , der als Kapitän und technischer Inspektor zwar keine Probleme mit der englischen Sprache hat, regte dennoch an, doch die in Deutschland geläufige Bezeichnung „Absichtserklärung“ zu verwenden, damit jeder versteht, was hier denn überhaupt gemeint ist.
Marketingleiter Thomas Vodde führte dazu aus, das Juist gemeinsam mit vier weiteren Inseln die Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft „Die Nordsee“ zum Jahresende gekündigt habt. Alle Inseln wollen sich zukünftig über die Gemeinschaft der Ostfriesischen Inseln vermarkten, da man hier bessere und effizientere Möglichkeiten sieht. In der Absichtserklärung wird das Grundverständnis, Arbeitsaufgaben, Ziele, Finanzierung und die Form der Zusammenarbeit in der Gemeinschaft festgelegt. Ratsfrau Angela Engel (CDU) regte vor der Abstimmung an, die grammatischen Fehler in dem Schreiben auszumerzen, bevor es dann offiziell vom Rat unterzeichnet wird.
Bei den Kenntnisgaben informierte der Verwaltungschef darüber, dass nach der Verlegung von Glasfaserkabeln für das Internet auf Juist die Pflasterung anschließend nicht wieder optimal verlegt wurde. Dieses werde nun von der Bauunterhaltung untersucht und dafür gesorgt, dass entsprechend nachgearbeitet würde. Zudem teilte er mit, dass man Kämmerer Peter Jansen zum Geschäftsführer der Hallen- und Hafenwirtschafts GmbH bestellt habe. Er übernimmt das Amt von seinem Vorgänger Alexander Lin.
In der Einwohnerfragestunde wurde bemängelt, dass man zwar ein neues Strandkonzept mit Gastronomie ausgeschrieben hätte, dieses aber in der kommenden Saison noch nicht zum Tragen kommen. Ebenso wurde der Zustand der Postfachanlage der Deutschen Post bemängelt. Dort wurde der Papierkorb entfernt, entsprechend sieht es dort nun aus. Dieser Zustand sei auch dem Bürgermeister aufgefallen, er habe aber bisher noch keinen Verantwortlichen der Post hinsichtlich zu fassen bekommen. Außerdem seien die Pinwände im Postfachraum, die wegen angeblicher Beschwerden abgenommen werden sollen, ein wichtiger Bestandteil der Insel und sollten dort bestehen bleiben, so Goerges weiter.
Unsere Fotos zeigen die Aussichtsplattform im Loog, die von den Mitgliedern der IG Loog nach dem Bau den Namen „Kartoffelkiste“ gaben.
JNN-FOTOS (3): STEFAN ERDMANN