Recht wenig ist bei der letzten Sitzung des Gemeinderates rausgekommen, als dieser am Mittwochabend öffentlich im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ tagte. Zwar wurde den Beschlussempfehlungen der Ausschüsse gefolgt und der Vertrag mit dem Kurorchester für die kommenden Jahre auf den Weg gebracht, ebenso wurde der Jahresabschluss und Lagebericht der Kurverwaltung festgestellt und die Werksleitung entlastet, aber mit der Neuaufstellung in Sachen Bebauungspläne ging es wieder nicht recht weiter, worüber auch einige Ratsmitglieder ihrem Unmut kund taten.
Es begann damit, dass der Punkt, wo es um die Satzung zur Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion (§ 22 BauGB) ging, gleich zu Beginn abgesetzt wurde. Wie Bürgermeister Dr. Tjark Görgens dazu ausführte, hätten einige Eigentumsbesitzer Anträge eingereicht, die erst geprüft werden müssen, damit man rechtlich auf der sicheren Seite ist.
Nächster Juckelpunkt war der Bebauungsplan für die Billstraße und Siedlung, worüber der Bauausschuss kürzlich sehr lange gesprochen hatte (wir berichteten). Jetzt wurde im Beschlussvorschlag noch mit aufgenommen, dass bei dem geplanten Neubau der „Sturmklause“ eine von der Gestaltungssatzung abweichende Dacheindeckung möglich ist (zugelassen sind Ziegeldächer, doch bei der möglich sehr flachen Dachneigung sind diese undicht, so dass man andere Dachbaustoffe verwenden muss). Jetzt sollte als nächster Schritt die erneute Offenlegung mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange auf den Weg gebracht werden, doch nun kam Bauamtsleiterin Karoline Engel mit der neuen Info, dass in den Plänen noch die sogenannten Kompensationsmaßnahmen, die aufgrund von früheren Baumaßnahmen nötig sind, fehlen. Ohne diese seien die Pläne ungültig, daher schlug sie vor, die Offenlegung erst stattfinden zu lassen, wenn der Rat einen Beschluss über die Kompensationsmaßnahme gefasst hätte. Diese gilt auch für alle anderen Bebauungspläne, ausgenommen den der Ortsmitte. Engel selbst geht davon aus, dass auf der nächsten Ratssitzung ein entsprechender Beschluss gefasst werden würde.
Ratsmitglied Hans-Ludwig de Vries (CDU) wies darauf hin, dass man langsam den Bauherren sagen müsste, was möglich ist und was nicht. Besonders meinte er dabei die Planung für die „Sturmklause“: „Die brauchen eine Planungsgrundlage!“ – Frank Endelmann (CDU) machte seinem Ärger über die neue Lage Luft: „Warum machen wir hier eigentlich Sitzungen, wenn wir keine Beschlüsse fassen? Hier wird nur noch vertagt und abgesetzt!“ Schließlich wurde der Beschlussvorschlag dahingehend erweitert, dass man zwar die Offenlegung beschloss, aber diese nur vorbehaltlich eines noch zu fassenden Beschlusses über Kompensationsmaßnahme erfolge.
Dieser Vorbehalt wurde auch mein nächste Punkt, nämlich dem Bebauungsplan „Zwischen den Deichen“, mit eingefügt, aber es gab noch weitere Knackpunkte. Hier kam nun zum ersten Mal das Planungsbüro Weinert aus Norden auf den Plan, Dipl.Ing Thomas Weinert präsentierte dazu den Entwurf, der indes anders aussah, als der, welcher kürzlich vom Bauausschuss behandelt wurde. Weinert begründete dieses damit, dass man aus Sicherheitsgründen rund elf Meter von der alten Pumpstation östlich des Bauteppichs abgerückt sei. Wenn in dem Bereich noch Altlasten, sprich alte Baugewerke, liegen, dürfe man diese nicht überbauen. Insgesamt wären für die neue Rettungswache eine Fläche von 600 Quadratmetern und für die Feuerwehr weitere 900 Quadratmeter eingeplant.
„Ich will die elf Meter wieder haben“, so Ratsherr Arend Janssen-Visser (CDU). Dieser ist zugleich Vize-Gemeindebrandmeister und sieht durch den neuen Plan weniger Gestaltungsfreiraum für die Entwicklung des neuen Gerätehauses. Außerdem nannte er es ein Unding, dass beim Bauausschuss, Verwaltungsausschuss und jetzt im Rat jeweils andere Planungsentwürfe vorgelegt würden. Gerhard Jacobs (CDU) merkte dazu an, dass man als Ratsmitglied doch wohl etwas überfordert werde, wenn man zum Sitzungsbeginn eine Tischvorlage bekommt, die 24 Seiten umfasst. Auch Ratsvorsitzender Björn Westermann (Pro Juist) meinte, die Tischvorlage sei zu umfangreich. Angela Engel (CDU) stellte fest, dass durch die Änderungen und Vorgaben des Landkreises die Inselgemeinde sehr in ihrer Planungshoheit beschnitten würde.
Der Bürgermeister berichtete nämlich darüber, dass der Landkreis die Gestaltungssatzung der Insel nicht als Bestandteil des Bebauungsplanes haben möchte (dieses hatte der Bauausschuss gefordert) und dieses nicht genehmigen würde. Man könne sich trotzdem auf den Kreis verlassen, dass er etwas plane, was die Insel auch wolle.
Jetzt fuhr der Puls bei einigen Ratsherren höher, allen voran Meint Habbinga (Pro Juist): „Ich lasse mir hier keinen weißen Schuhkarton vorsetzen! Warum widerspricht der Landkreis, dass nur Riemchen und rote Ziegel zulässig sind? Ich mache das hier nicht mit.“ Auch Arend Janssen-Visser schlug in diese Kerbe: „Nur auf das telefonische Wort vom Landkreis verlasse ich mich nicht.“
Von einer „Unverschämtheit des Landkreises“ sprach ein ebenfalls verärgerter Frank Endelmann: „Der Landkreis lehnt für sich die Gestaltungssatzung ab, die er allen anderen Bauherrn auf Juist vorschreibt!“
Schließlich wurde vorgeschlagen, den Beschlussvorschlag (Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange) mit der Erweiterung, dass Außenwände durch rote bis rotbraune unglasierte Mauerziegel zu verblenden seien, zu erweitern. Das fand eine Mehrheit, allerdings stimmten Habbinga, Janssen-Visser und der Bürgermeister dagegen.
Mit nur einer Enthaltung und ohne Diskussion konnte der Bebauungsplan „Kurgebiet Ortsmitte“ beschlossen werden, ebenso wurde die Neuaufstellung des Bebauungsplanes „Östlich der Gartenstraße“ beschlossen. Allerdings kann dieses derzeit von der Verwaltung nicht bearbeitet werden; wenn Ressourcen frei sind, soll das Verfahren in Gang gesetzt werden.
Der Bürgermeister berichtete von einem Gespräch mit allen Beteiligten hinsichtlich der Hafenverschlickung. Hier habe es nur unwesentliche Fortschritte gegeben, was zu Unzufriedenheit beim Rat und Segel-Klub geführt habe. Das NLWKN habe lediglich positiv signalisiert, eine gemeinsame Aktion mit den Schiffen „Seekrabbe“ und „Utlandshörn“ durchführen zu wollen. Es solle im Übrigen ein entsprechendes Papier erstellt werden, denn so Görgens, „setzen sich Landes- und Bundesregierung nicht mit voller Kraft beim Thema Erreichbarkeit der Inseln ein“.
Desweiteren wurde berichtet, dass das neue Abrechnungssystem für den Kurbeitrag nicht wie geplant im November, sondern erst im Dezember in Betrieb genommen werden kann. Außerdem habe man einen befristet eingestellten Mitarbeiter für das Bauamt eingestellt, da dort sehr viel Arbeit anliege. Die Stelle sei bis Ende Mai 2018 befristet.
Auch von der Herbst-Deichschau berichtete der Verwaltungschef. So wurde festgestellt, dass im Bereich der Bill wieder starke Abbrüche zu verzeichnen und entsprechende Maßnahmen erforderlich seien. Die schon lange geplante Deicherhöhung sei nach Angaben des NLKWN für 2020 anvisiert.